Maya Lindholm aus Neugraben spielt bei der EM im Rollstuhl-Basketball. Mit 18 Jahren wurde sie erstmals in die Nationalmannschaft berufen.

Neugraben. Mit mächtigen Drehbewegungen treibt Maya Lindholm ihren Rolli quer durch die CU-Arena in Neugraben, blockt ihre Gegenspielerin. Der Ball wird von den deutschen Frauen abgefangen. Blitzschnell der Gegenstoß - Maya Lindholm, die junge Nationalspielerin aus Neugraben, rast mit kraftvollen Schwüngen ihres Oberkörpers in die gegnerische Spielhälfte, erhält den Ball, spielt zurück. Die Frauen der deutschen Rollstuhl-Basketball-Nationalmannschaft wechseln die Positionen so schnell, dass die Gegnerinnen den Überblick verlieren. Wieder wird das Mädchen aus Neugraben angespielt, diesmal auf der rechten Seite. Sie spielt den Ball zu Anika Zeyen in die Mitte. Dann landet der Ball im Korb. 600 Besucher in der CU-Arena feiern.

Für die deutsche Nationalmannschaft ist das Länderspiel gegen Kanada, immerhin Dritter der Weltmeisterschaft, die Generalprobe für die Europameisterschaft, die am Wochenende in Frankfurt beginnt. Obwohl der Leistungssport behinderter Menschen in den zurückliegenden Jahren große Aufmerksamkeit und noch mehr Anerkennung gefunden hat, verblüfft es immer wieder, mit welchem energischen Einsatz und wagemutiger Artistik die Athleten zu Werke gehen. Da ist niemand in der Halle, der diesen jungen Frauen mit den meist gefühllosen Beinen nicht Bewunderung zollt. Sie alle haben ihr besonderes Schicksal gemeistert.

Maya Lindholm war 13 Jahre alt und ein etwas pummeliges Schulmädchen, wie sie selber sagt, als die Tochter einer alleinerziehenden Mutter sich in ihrer Not telefonisch an ihre Großmutter Ingrid Bergeest wandte. "Oma, ich habe starke Schmerzen im Rücken und in den Beinen", meldete sich die Enkelin. Als Ingrid Bergeest wenig später in die Wohnung kam, hatte sich das Kind bis zur Toilette gequält. "Zurück ins Bett konnte Maya nicht mehr gehen", erzählt die inzwischen 75 Jahre alte Dame. "Sie ist auf allen Vieren gekrochen."

Damals konnte niemand ahnen, dass Maya Lindholm nie wieder auf ihren eigenen Beinen stehen würde. "Ich hatte eine Entzündung im Rückenmark", sagt die inzwischen 22-Jährige. "Bis heute ist nicht wirklich geklärt, was die Ursache dafür war." Es folgten monatelange Aufenthalte im Krankenhaus, dann in der Rehabilitation. Und es gab immer wieder Hoffnung und neue Rückschläge. "Erst fast ein Jahr später", sagt die Nationalspielerin, "haben mir die Ärzte bei einer Untersuchung im Unfallkrankenhaus Boberg gesagt, dass ich nie wieder laufen könne."

Auf Sport im Rollstuhl hatte sie zuerst "überhaupt keinen Bock", wie Maya Lindholm heute lachend bekennt. Irgendwann ist sie dann aber doch in einer Anfängergruppe in Boberg gelandet. Das war der Beginn einer großen Leidenschaft. "Inzwischen mache ich täglich Sport", erzählt das Basketballtalent, das zur ersten Bundesligagarde des Hamburger SV unter Trainerin Heidi Kirste aus Dohren gehört. Mit 18 Jahren wurde sie erstmals in die Nationalmannschaft berufen. Antrieb für die sportliche Karriere war ihr unbändiger Wille, auch im Rollstuhl ein unabhängiges Leben zu führen.

Das Testspiel gegen Kanada gewannen die deutschen Frauen deutlich mit 86:36. Maya Lindholm, die eine Ausbildung zur Ergotherapeutin macht, erinnert sich besonders gerne an die Paralympics voriges Jahr in London, als nach dem Finalsieg über Australien die deutsche Nationalhymne erklang. "16.000 Zuschauer haben uns gefeiert", sagt sie und es klingt, als würde sie das alles noch einmal erleben. "Mein Sport hat mich selbstsicher, kämpferisch und durchsetzungsfähig gemacht."

Bei der Europameisterschaft im Rollstuhl-Basketball in Frankfurt wird ihre Großmutter Ingrid Bergeest wieder auf der Tribüne sitzen. Und ihr Freund Jan Haller spielt im deutschen Herrenteam um den Titel, den die Frauen unbedingt verteidigen wollen.