Voltigierer Jannik Heiland greift beim CHIO in Aachen nach dem EM-Ticket

Maschen/Aachen. Jannik Heiland kämpft an diesem Wochenende beim CHIO Aachen - dem Weltfest des Pferdesports - um das Ticket für die Europameisterschaften im österreichischen Ebreichsdorf Anfang August. Der Voltigierer aus Maschen, der in Garbsen lebt und trainiert, zählt mit seiner Kür trotz der Umstellung auf sein neues und erstes eigenes Pferd "Mister Luis von der Itzehoer" zum Spitzen-Kader. Vier Deutsche haben die Startgenehmigung für das Traditionsturnier erhalten - aber nur drei von ihnen schickt Bundestrainerin Ulla Ramge zu den WM-Titelkämpfen.

Obwohl Jannik Heiland als amtierender deutscher Meister in die Saison startet, gilt er nicht als Favorit. Junges Pferd, neues Team - das sind im Pferdesport eindeutige Faktoren, um sich von ganz unten nach oben arbeiten zu müssen. Doch nicht bei Heiland. Der 20-Jährige schreibt mit dem neunjährigen "Mister Luis von der Itzehoer", den er gemeinsam mit Voltigierkollege Thomas Brüsewitz kaufte, innerhalb eines dreiviertel Jahres eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Beim "Preis der Besten", dem ersten EM-Qualifikationsturnier, landete das Gespann im Mai auf Rang drei. Beim internationalen Turnier in Krumke erreichte Heiland dann sogar Platz zwei - und steht unmittelbar vor der Nominierung zu seinem ersten Championat bei den Senioren.

Das CHIO in Aachen ist die letzte Hürde auf dem Weg zur Europameisterschaft

Das CHIO in Aachen ist jetzt die letzte Hürde. CHIO in Aachen - das lässt das Herz eines jeden Pferdesportlers höher schlagen. Kein anderes Reitturnier der Welt hat so viel Esprit, so viel Prestige. Seit den Weltreiterspielen 2006 dürfen auch die Pferdeakrobaten in der Soers starten. Die Albert-Vahle-Halle ist ausverkauft. Hexenkessel-Stimmung ist garantiert, Nervenkitzel für die Voltigierer programmiert. Jannik Heiland braucht diesen Nervenkitzel. Er ist ein Showtyp, ein Entertainer. Und er wird besser, wenn es wichtig wird. Als er im vergangenen Sommer die EM-Quali nach einem Auslandsjahr in Australien aufgrund eines fehlenden Pferdes verpasste, bewies er bei den deutschen Titelkämpfen Kämpferqualitäten, wurde nationaler Champion und bezwang alle deutschen WM-Vertreter. Mit diesem Erfolg schaffte er den erneuten Sprung in den Bundes-Kader.

In der Saison 2013 geht Heiland neue Wege, zog für ein Studium der Energie- und Umwelttechnik in Hannover ins 150 Kilometer entfernte Garbsen. Der optimale Studienplatz ist bei dieser Entscheidung jedoch zweitrangig. Denn in dem Ort am Mittellandkanal wohnen und trainieren seine Bundeskader-Kollegen und besten Freunde Viktor und Thomas Brüsewitz. Das Trio trainiert ab sofort gemeinsam. Die Synergien nach dem "bislang besten Wintertraining" machen sich bereits bemerkbar. Jannik Heiland steigerte Kondition und Kraft und kreierte erstmals eine thematische Kür mit einem sensationellen rückwärts abgesprungenen Rückwärtssalto als Abgang. Das Motto: Die Oper. Allerdings nicht im klassischen Sinne. Jannik Heiland will auffallen, mimt in humoristisch-ironischem Stil und im Frack gekleidet einen Opernsänger. Die akribische Umsetzung der Kür erfolgt in Kooperation mit dem ehemaligen Weltmeister, Vize-Bundestrainer Kai Vorberg. Der Kölner hilft beim perfekten Schnitt und singt sogar Textpassagen ein. Ein absolutes Privileg. "Mit diesem Thema kann ich mich ausleben, das bin ich", sagt Heiland. "Ein Gesamtkunstwerk", sagt Bundestrainerin Ramge. Bei der DM gewann Heiland den Kürumlauf.

Dass der junge Mann all diese Erfolge mit seinem eigenen Pferd erzielte, macht ihn besonders stolz. Nach der DM 2012 war er bundesweit auf der Suche nach einem passenden Team. Dann kaufte er den Wallach. "Es war die einzige Möglichkeit, um künftig kontinuierlich auf hohem Niveau bleiben zu können." Die große Verantwortung für das Tier fühle sich gut an. Hinzu kommt nach umfangreicher Suche mit der Itzehoer Versicherung ein Sponsor, der einen Teil der Kosten für Pferdeunterhalt und die weiten Fahrten übernimmt. "Wir sind sehr stolz, einen solchen Partner zu haben", sagen die Garbsener. Kaum ein weiterer Athlet dieser Disziplin ist weltweit derart professionell aufgestellt wie Jannik Heiland. Dass sich Luis so schnell und so gut entwickelte, verdankt Heiland neben dem Talent des Tieres der hervorragenden Arbeit von Longenführerin und Trainerin Silke Gedien, die zugleich als Physiotherapeutin für die Fitness zuständig ist. Hinzu kommt sein unbändiger Wille.

Ausgerechnet der Trainingskollege ist in Aachen auch der stärkste Konkurrent

"Mein Ziel ist die EM!" Dass nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Viktor ausgerechnet Trainingskollege Thomas Brüsewitz als stärkster Konkurrent gilt, ist für Heiland kein Problem. Im Gegenteil. "Wir spornen uns gegenseitig an", sagt der Pferdeakrobat. Gemeinsam wollen sie nach Ebreichsdorf. Lediglich Erik Oese (Dresden) und Torben Jacobs (Köln) können die Pläne der Garbsener im Aachener Hexenkessel noch durchkreuzen.