Fußball-Bundesligist hat beim 9:0-Sieg vor 1800 Zuschauern keine Mühe mit dem Landesligisten TSV Winsen

Winsen. Nils Jacob war fix und fertig, aber doch mächtig glücklich. "Ich hab schon nach 20 Minuten gedacht, das hältst du nie durch", sagte der 24 Jahre alte Abwehrspieler des TSV Winsen nach der 0:9 (0:5)-Testspielniederlage gegen den Hamburger SV. "Gegen so einen Gegner muss man die ganze Zeit aufmerksam sein und darf sich keine noch so kurze Erholung gönnen. Das ist für den Kopf richtig anstrengend."

Selbst in den ersten Minuten, als der Kopf noch frisch sein sollte, konnten Jacob und seine zehn Teamkameraden dem Bundesligisten in keinerlei Hinsicht Paroli bieten. "In den ersten 20 Sekunden hatten wir 100 Prozent Ballbesitz", scherzte Trainer Gunnar Sellmer später. Es waren vor 1800 Zuschauern auf dem Jahnplatz aber noch keine 60 Sekunden gespielt, da hatte Geburtstagskind Valmir Nafiu - der 19-Jährige war der einzige HSV-Spieler ohne Bundesligaeinsatz in der Startelf - den Führungstreffer für die Hanseaten auf dem Fuß. Diese besorgte der agile Artjoms Rudnevs zwei Minuten später. Abermals Rudnevs (9. Minute) nach Vorarbeit des starken Tolgay Arslan, Jeffrey Bruma mit sehenswertem Volleyschuss (13.) und Arslan (15.) nahmen den Winsener Fans schon nach einer Viertelstunde jegliche Hoffnung auf ein ähnlich beachtliches Ergebnis wie vor anderthalb Jahren, als der HSV nur zu einem 3:1-Erfolg gekommen war.

"Wir waren nicht so gut wie letztes Mal und der HSV war deutlich besser", analysierte Sellmer, der einräumen musste, dass seine Mannschaft überhaupt nicht in die Zweikämpfe gekommen war. Beeindruckt zeigte er sich vom dreifachen Torschützen Rudnevs, der in der Bundesliga schon elf Treffer auf dem Konto hat. "Im Fernsehen wirkt er gar nicht so fix und beweglich wie gegen uns", sagt der TSV-Trainer.

Die Gastgeber kamen kaum einmal in die Nähe des von Jaroslav Drobny vor und von Sven Neuhaus nach der Pause gehüteten HSV-Tores. Erst als TSV-Keeper Maik Steinwender, der mehrfach von seinen Vorderleuten im Stich gelassen wurde, Szenenapplaus für eine Parade gegen Rudnevs erntete, bot sich dem TSV Winsen die erste Torchance, die Mark Visser allerdings ungenutzt ließ (33.). Aus ähnlicher Position zielte in der zweiten Hälfte auch Maximilian Schmidt rechts neben das Tor (52.).

Der HSV ließ sich trotz vieler Wechsel nicht aus dem Rhythmus bringen und erhöhte durch Slobodan Rajkovic (39.), Ivo Ilicevic (53/Foulelfmeter.), Tolgay Arslan (54.), Mattia Maggio (76.) und Rudnevs (82.) zum standesgemäßen 9:0-Endstand gegen den Sechstligisten aus der Landesliga Lüneburg.

Auch wenn der HSV einen neuen Rekord aufstellte - der Rauten-Express rollte schon zwölf Minuten nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Timo Röntsch (Fleestedt) vom Jahnplatz - präsentierten sich die Hanseaten sympathischer als beim ersten Auftritt. Der in zivil anwesende Nationaltorhüter René Adler und Trainer Thorsten Fink schrieben vor dem Spiel und in der kurzen Halbzeitpause Autogramme, auch nach der Partie ließen sich einige Profis nicht lumpen.

Seine ganz persönliche Trophäe ergatterte auch Nils Jacob - das Trikot von Artjoms Rudnevs. "Auf dem Platz wollte er es noch nicht rausrücken. Dann habe ich ihn vor der Kabine mit Hilfe des Dolmetschers aber überzeugen können", strahlte Jacob. Hauptorganisator Peter Rohde hätte sich zwar mehr Zuschauer gewünscht, es kamen nur die Hälfte der mehr als 3500 Fans vom November 2011, mit dem Ablauf war er aber sehr zufrieden. "Dass wir auf dem Jahnplatz hervorragende Rahmenbedingungen haben, zeigt auch der Umstand, dass der HSV mit dem Testspielwunsch an uns herangetreten war", berichtet Rohde. Gunnar Sellmer brachte die Gefühle vieler Winsener auf den Punkt: "Da freut man sich wochenlang auf diesen Abend und dann ist alles so schnell vorbei."