Trotz des langen Winterwetters fanden die Vielseitigkeitsreiter beim ersten Turnier in Sahrendorf erstaunlich gute Bedingungen vor.

Sahrendorf. Karl Rabeler, Chef des gastgebenden Reit- und Fahrvereins Auetal, und seine Helfer hatten sich alle Mühe gegeben, damit die Vielseitigkeitsreiter endlich in die grüne Saison starten können. Vom Grün war allerdings noch nicht viel zu sehen an dieser hügeligen Strecke, die von den Vielseitigkeitsreitern als eine der schönsten ihrer Art gelobt wird. Braun und Grau ist der Heideboden derzeit gefärbt. Aber er ist weich und trocken und damit ideal für die Hufe der meist kleinen, temperamentvollen Pferde.

Aus dem kleinen Wäldchen ertönt das Startsignal. Eine junge Reiterin galoppiert mit ihrem Pferd auf das erste Hindernis zu, nimmt auch das zweite, prescht den Hang hinauf, verschwindet aus dem Blickwinkel, ist erst wieder zu sehen, als sie den Hang hinunter reitet und in der Senke auch das Hindernis Nummer sieben meistert und enteilt dem Blick wieder den anderen Hang hinauf in einen lang gezogenen Bogen. "Aylin Schmidt und ihr Ebeneza haben inzwischen auch die Hindernisse zehn und elf gemeistert", lässt die Stimme aus den Lautsprechern die Besucher in Sahrendorf wissen.

Es ist eine leichte A-Prüfung, mit der die Königsdisziplin des Reitsports endlich den Winter hinter sich lässt. "Ende März in Hannover war der Boden noch hart gefroren und dazu hatte es Schnee gegeben", erzählt Landestrainer Claus Erhorn. "Da waren unsere Mädchen aus Luhmühlen zwar angereist, ich habe sie aber nicht starten lassen."

Neben den wenigen Profis sind überwiegend junge Talente am Start

Bundestrainer Hans Melzer hatte seine Asse für die erste M-Prüfung wenige Tage zuvor in Luhmühlen angemeldet. Doch dieser traditionelle Saisonauftakt musste wegen des gefrorenen Bodens abgesagt werden. "Dafür sind viele Spitzenleute zu uns nach Sahrendorf gekommen und haben hier trainiert", erzählt Norbert Tietz, der zweite Vorsitzende des RFV Auetal, am Rande der Geländeprüfung für die A-Vielseitigkeit. Unter den rund 60 Teilnehmern befanden sich zum größten Teil junge Nachwuchsreiter wie Aylin Schmidt und ihre Zwillingsschwester Leonie, die mit ihrem Pony Gonsales ebenfalls fehlerfrei blieb. Aber auch Profis, wie der ungarische Vielseitigkeitsmeister Czaba Sarközy, der seinen Ausbildungsbetrieb gleich nebenan in Nindorf betreibt, waren am Start.

Wie trainingsintensiv das Zusammenspiel zwischen Reiter und Pferd gerade in der Vielseitigkeit ist, davon weiß dieser Mann wie kaum ein Zweiter zu erzählen: "Meine junge Stute Zartbitter ist sehr talentiert und äußerst ehrgeizig. Ihr Übereifer wird im Gelände aber oft zum Problem. Da will sie zu schnell zu viel, ist unkonzentriert und macht Fehler. Das ist bei einem Pferd nicht anders als bei einem zu stürmischen, zu leidenschaftlichen Menschen. Daran muss ich noch viel mit ihr arbeiten."

Wer am Ende der Begabtere ist, der Reiter oder das Pferd, diese ewig junge Frage im Reitsport wurde natürlich auch unter den Besuchern in Sahrendorf diskutiert.

Aus Mecklenburg-Vorpommern war mit Flora Reemtsma eine talentierte Juniorin angereist, die unter anderen River of Joy unter dem Sattel hatte. Dieses Pferd zählt zu den kommenden Stars im internationalen Sport. Weltmeister und Olympiasieger Michael Jung hat es ausgebildet und mit ihm schon schwierige Drei-Sterne-S-Prüfungen gewonnen. Kann sich ein Mädchen mit dem Familiennamen der Hamburger Zigaretten-Dynastie mit einem Weltklassepferd Meistertitel erkaufen? "Nein", widerspricht Claus Erhorn, der Mannschafts-Olympiasieger von 1988, energisch. "Das kann man nicht. Der Erfolg gerade in unserer Disziplin ist von der Harmonie und dem Zusammenspiel zwischen Reiter und Pferd abhängig. Natürlich macht es ein erfahrenes Pferd einer unerfahrenen Reiterin leichter, natürlich ist die Qualität des Pferdes mit entscheidend, aber Erfolge lassen sich in der Vielseitigkeit nicht mit noch so viel Geld erzwingen."

Den Wettbewerb der leistungsstärkeren Paare gewann Lia Mazur auf Mefisto. Die 22-Jährige aus Hannover absolviert bei Claus Erhorn in Luhmühlen ihre Ausbildung. Auf dem fünften Platz landete Andreas Dibowski mit Butts Leonardo. In der Gruppe der weniger leistungsstarken Paare siegte Charlotte Frenzel mit Magic Affair vor Lena Saxe mit Dr. Snuggles und Katharina Tietz mit Eisfee. Die drei jungen Damen reiten allesamt für den Pferdezucht- und Reitverein Luhmühlen.