Der Andrang von Freizeitradsportler ist groß. Die Harburger RG lässt bei ihrem Weihnachtscross in der Haake sogar zwei Jedermannrennen starten

Harburg. Es sind ja nicht nur die kleinen, sondern erst recht die ganz großen Jungen, die sich riesig freuen, wenn sich unter dem Weihnachtsbaum einer ihrer Träume erfüllt. Wie wäre es da mit einem besonderem Cross-Rennrad? Der Rahmen voll aus Carbon, nicht einmal 800 Gramm schwer, schon für 3000 Euro. Lenker, Vorbau, Sattelstütze ebenfalls aus Carbon. Die Shimano-Schaltung natürlich elektronisch, rauf und runter schalten per Knopfdruck. Die beiden Räder aus Aluminium, das Stück für 1000 Euro. "So ein Crossrad für 7000 und mehr Euro wird bei unserem Weihnachts-Cross wohl dabei sein", sagt Frank Plambeck, Cheforganisator der Harburger Traditions-Veranstaltung am zweiten Weihnachtstag in der Haake, "da bin ich mir ziemlich sicher." Es sind vor allem die Hobbyfahrer, die mächtig aufrüsten. Viele von denen sind jenseits der 40 und der Crosssport ist ihre neue Leidenschaft. "Und den lassen sie sich auch etwas kosten", sagt Frank Plambeck.

Seit 25 Jahren kämpfen die Radsportler in der Harburger Haake

Seit 25 Jahren inzwischen kämpfen sich Radsportler am zweiten Weihnachtstag durch den Wald in der Harburger Haake, schnaufen die Hügel hoch und stürzen sich in die Schlucht nach unten. Aber auch schon in den Jahrzehnten, als diese Spezialdisziplin noch Querfeldeinrennen hieß, wurden in dem Harburger Waldgebiet schon Sieger ermittelt und deutsche Meister gekürt, wie 1980 Klaus-Peter Thaler. "Es gab auch schon Anfang der 1990er-Jahre Läufe, an denen Jedermänner teilnehmen durften", blickt Frank Plambeck, auch Trainer der Harburger Rad-Sportgemeinschaft, fast zwei Jahrzehnte zurück. "Aber als nur noch acht Fahrer meldeten, lohnte sich das nicht mehr. Aber jetzt gibt es plötzlich wieder einen Boom. Schon im vergangenen Jahr hatten wir 50 Anmeldungen allein für das Jedermann-Rennen. Diesmal sind es mehr als 80. Die Teilnehmerzahlen explodieren."

Die Harburger mussten deshalb die Hobbyfahrer für zwei Rennen aufteilen. Zuerst starten die unter 40-Jährigen und danach die älteren Radsportler über 40. Wobei beide Altersgruppen etwa gleich stark besetzt sein werden.

Was aber lockt und treibt einen Arzt, einen Rechtsanwalt oder Handwerksmeister mit vielleicht schon erwachsenen Kindern plötzlich mit einem Spezialrad über Steine und Wurzeln, durch Dreck und Schlamm seinen Gegnern hinterher zu strampeln. Woher kommt diese neue Leidenschaft für eine alte Radsport-Disziplin, die über viele Jahre hinweg kaum Beachtung fand? "Weil es auch für Leute, die vielleicht schon seit Jahren mit dem Rennrad nach Feierabend über die Straßen sausen, noch einmal eine ganz neue Herausforderung ist", sagt Reiner Hoppe, 49 Jahre alt, Elektronikfachmann bei Airbus in Buxtehude und erst seit einem Jahr vom Radsport-Virus infiziert. "Auf der Straße, da kannst du es auch einmal rollen lassen, deinen Gedanken freien Lauf lassen, im Sattel relaxen. Beim Cross aber musst du in jedem Augenblick mit jeder Faser bei der Sache sein. Die kleinste Unachtsamkeit, und du kannst Kopfüber gehen. Im Wald, da musst du dich richtig durchbeißen. Da musst du an ganz neue Grenzen gehen. Gerade das ist es, was mich so fasziniert. Du bist fertig hinterher, richtig platt und ausgepowert. Aber du hast es durchgestanden. Das ist ein unglaublich tolles Gefühl."

Im letzten Frühjahr erst hat Reiner Hoppe das erste Mal in seinem Leben auf einem Rennrad gesessen. "Inzwischen habe ich neben dem Rennrad auch noch zwei Cross-Maschinen", erzählt der begeisterte Jedermann. "Rund 12.500 Kilometer habe ich inzwischen im Training und bei Straßen- und Cross-Rennen geschafft"

Wer sich im Winter von der Straße ins Gelände und in den Wald wagt, der erhöht vor allem seine Sicherheit bei seinem rasanten Freizeitsport. "Beim Cross verbessert jeder Hobbyfahrer seine Technik und sein Balance-Gefühl auf dem Rad", sagt Armin Raible, der einstige Profifahrer, der heute als Trainer gerade auch für Späteinsteiger im Einsatz ist. "Wenn es im Frühjahr auf die Straße geht, kann ich sofort erkennen, wer im Winter im Wald war. Der ist wendiger geworden und reagiert viel schneller."

Mehr als 200 Lizenz- und Jedermannfahrer haben sich für die 25. Weihnachts-Cross-Veranstaltung der Harburger RG angemeldet. Das erste Rennen wird am zweiten Weihnachtstag um 9.30 Uhr in der Haake gestartet. Es sind die Kinder, die zuerst auf den Rundkurs durch den Wald gehen. Um 10 Uhr beginnen die Schülerrennen. Für das anschließende Senioren-Rennen der Lizenzfahrer liegen mehr als 40 Anmeldungen vor. Zu den Favoriten gehört Ex-Straßen-Seniorenweltmeister Armin Raible, der in der norddeutschen Cross-Serie um den Stevens-Cup an der Spitze liegt. Für das Rennen der Elite, Start um 12.15 Uhr, hat sich der Harburger Lokalmatador Jannick Geisler in die Favoritenrolle gekämpft. Zuletzt hatte er sogar die starken Hamburger Quast-Brüder vom Stevens-Team hinter sich gelassen. Das Rennen der 30 Elitefahrer dauert eine Stunde. Danach wird die Veranstaltung mit den beiden stark besetzten Jedermannrennen ausklingen.