Der Pferdeflüsterer Monty Roberts begeistert in der großen Reithalle Luhmühlen fast 1200 Zuschauer mit seiner großen Kunst.

Luhmühlen. Manolo gehört zu den Pferdeschönheiten, denen die Menschen gern zuschauen. Wie er in der großen Reithalle in Luhmühlen im schnellen Trab seine Bahn zieht, kraftvoll und stolz, da öffnen sich die Herzen. Der sechsjährige Wallach kreist um einen kleinen, älteren Herrn im leuchtend blauen Hemd - Monty Roberts, der Star des Abends. Der 77-Jährige aus den USA, der als Pferdeflüsterer Weltruhm erlangte, hat fast 1200 Besucher in die Kurt-Günther-Jagau-Halle gelockt.

Die Show des Mannes, der sein Leben dem freundschaftlich-gewaltfreien Miteinander von Mensch und Pferd gewidmet hat, dauert schon fast drei Stunden. Aber die Ränge und Zusatztribünen bleiben bis auf den letzten Platz gefüllt. Manolo ist der letzte von vier ausgesuchten Problemfällen, die der Mann lösen will, der die Sprache der Pferde wie kein anderer versteht.

Während Monty Roberts das aufgeregte Pferd davon überzeugt, dass er sich ihm in freundlicher Absicht nähert, steht eine junge Frau am Rande. Während sie verfolgt, wie der Mann im blauen Hemd Vertrauen zu ihrem Pferd aufbaut, steht ihr ein verträumtes Lächeln im Gesicht. "Ich habe Manolo bei der Geburt auf die Welt geholfen", erzählt Silja Friese im Flüsterton. "Ich habe ihn gezüchtet, ihn aufwachsen sehen und bilde ihn zum Dressurpferd aus. Er ist ein ganz Lieber. Nur in den Anhänger will er partout nicht. Bei allen Bemühungen habe ich es nicht weiter als mit den Vorderbeinen auf die Rampe geschafft." Wie die beiden vom Stall in Rolfsen nach Luhmühlen gekommen sind? "Na zu Fuß, und ich im Sattel."

Monty Roberts ist gerade dabei, das Pferd durch eine große Tür zu führen, in der rot-weiße Plastikschnüre baumeln. "Ich zeige ihm, dass er den Kopf beugen muss und ihm dabei nichts weh tut", erzählt er übers Mikrofon. Seine oft launigen und amüsanten Erklärungen werden übersetzt. "Es ist 22 Jahre her, als ich das erste Mal nach Deutschland kam. Der Besitzer des Gestüts Fährhof hatte mich gerufen. Er hatte ein fantastisches Pferd, Lomitas, das war auch nicht in den Transporter und erst recht nicht in die Startbox zu bekommen."

Als Roberts zurück in die Staaten flog, konnte Lomitas seine große Karriere starten, wurde 1991 Galopper des Jahres. Auf dem Fährhof haben sie ihm ein Denkmal gesetzt. Andreas Jacobs, Enkel des Gestütsgründers und Kaffeekönigs Walther J. Jacobs, ist mit seiner Tochter Ehrengast in Luhmühlen.

Mitarbeiter haben inzwischen einen Anhänger in die Halle geschoben und die Verladetür geöffnet. Es wird mucksmäuschenstill. Der kleine Herr mit dem großen Pferd an der Leine betritt erstmals die Rampe. Manolo schlägt mit dem Vorderhuf auf das Holz. Es kracht und scheppert. Das Pferd scheut. Mister Roberts dreht sich mit dem Tier ab, geht ein paar Schritte, beruhigt es. Der nächste Versuch. Es dauert und erfordert Geduld. Gebannt verfolgen die Besucher, wie das mächtige Tier Zutrauen gewinnt, dem Menschen langsam Schritt für Schritt folgt. Aber selbst als die beiden das erste Mal im Anhänger verschwinden, bleibt es still in der Halle. Applaus könnte eine kleine Katastrophe auslösen. Als Manolo am Ende fast freudig hinein springt und Roberts der Besitzerin die Zügel in die Hand gibt, ruft er Silja Friese zu: "Nein, ihm nicht in die Augen schauen". Für Pferde in der Herde wäre es das Signal, die Flucht zu ergreifen.

Es sind diese Feinheiten im Umgang mit den von Natur aus scheuen Fluchttiere, die die Zuschauer fesseln. Der ältere Herr erzählt vom Vater, der nicht nur mit Tieren, sondern auch mit dem kleinen Jungen, gewalttätig umgegangen sei. "In meiner Arbeit", sagt der 77-Jährige, "hat Gewalt keinen Platz. Wir alle wissen, auch Kinder können starrköpfig und eigensinnig sein. Aber es gibt kein Kind, dass glücklich wäre, wenn es starrköpfig reagiert. So ist das auch mit diesen wundervollen Vierbeinern. Wenn sie ihr Pferd dazu bringen, mit ihnen zusammen zu arbeiten, wird es viel zufriedener sein". Und dann sagt der Pferdeflüsterer: "Ich habe mir vorgenommen, die Welt ein klein wenig besser zu verlassen, als ich sie als Kind vorgefunden habe."

Als zum Ende seiner Demonstration Silja Friese mit ihrem Manolo die Reithalle verlässt, erheben sich die Menschen und frenetischer Beifall erfüllt die Kurt-Günther-Jagau-Halle.