Heute werden die Olympischen Spiele eröffnet. Sören Ludolph aus Amelinghausen startet in London über 800 Meter. Erster Start am 6. August.

Amelinghausen. Eingekleidet ist er, die Form steigt, der Fahrplan steht. Wenn am heutigen Freitag in London die 30. Olympischen Sommerspiele feierlich eröffnet werden, sitzt ein junger Mann gebannt vor dem Fernseher und verfolgt den Einmarsch eines Teiles der mehr als 10.000 Athleten aus 205 Nationen. Wenige Tage später wird er mit ihnen Tür an Tür im Olympischen Dorf wohnen. Der 24 Jahre alte Sören Ludolph aus Amelinghausen hat es als einziger Athlet aus der Region geschafft, sich in den kommenden beiden Wochen den Traum eines jeden Sportlers zu erfüllen: die Teilnahme an den Olympischen Spielen.

Nein, aufgeregt ist er nicht. Ganz ruhig, eben vollkommen fokussiert auf das große Ziel, wirkt Sören Ludolph. "Ich freue mich auf die Stadt und hoffe, dass das Chaos ausbleibt", sagt der mehrfache deutsche 800-Meter-Meister von der LG Braunschweig, der 2011 ein Meeting im benachbarten Watford bestritten hat. Ansonsten ist London für ihn Neuland. Er freue sich auf viele Begegnungen mit Sportlern aus anderen Ländern und anderen Sportarten, dass er sich im Internet angesehen habe. Auch der Zimmernachbar stehe mit Speerwurf-Weltmeister Matthias de Zordo schon fest, jedenfalls wenn es nach den beiden geht. "Seit dem Europäischen Olympischen Jugendfestival 2005 haben Matze und ich immer zusammen gewohnt", sagt Ludolph über den vier Tage älteren Saarbrücker, "das letzte Wort hat aber der DLV."

Und wie sieht es mit den sportlichen Ambitionen des seit sieben Jahren schnellsten deutschen 800-Meter-Läufers aus, der die Olympianorm am 27. Mai in Hengelo (Niederlande) mit dem Niedersachsenrekord von 1:44,80 Minuten erfüllt hat? "Natürlich zählt der olympische Gedanke. Dabei sein ist alles", sagt Ludolph, um sofort zu ergänzen, "aber ich will nicht nur als Tourist nach London fahren." Die Trainingseindrücke und -werte hätten gezeigt, dass er bereit sei für eine neue Bestzeit. "Diese Leistung will ich im Olympiastadion abrufen und damit so weit wie möglich kommen." Angesetzt sind drei Runden von den 800-Meter-Vorläufen am Montag, 6. August, um 10.50 Uhr über das Halbfinale am Dienstag um 19.55 Uhr bis zum Endlauf am Donnerstag, 9. August, um 20 Uhr.

Der Fahrplan bis zum ersten Start ist längst festgezurrt. Am morgigen Sonnabend geht es für zwei Tage zur teambildenden Maßnahme des Leichtathletik-Verbandes nach Kienbaum, danach stehen in Hannover lockere Trainingseinheiten mit Heimtrainer Jörg Voigt an, der ihn nicht in die englische Hauptstadt begleiten wird. Am Donnerstag folgt einer der selten gewordenen Besuche bei den Eltern in Amelinghausen, der erste seit April, bevor es am Freitag, 3. August, mit dem Flugzeug von Hamburg nach London geht. Nach seinem letzten Lauf wird Sören Ludolph das olympische Flair bis zum Schluss in sich aufsaugen. Besuche bei den DLV-Teamkameraden im Olympiastadion sind selbstverständlich, dazu will sich der 24-Jährige verschiedene andere Wettkämpfe ansehen. Auch das Angebot des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), nach der Abschlusszeremonie in London mit dem Traumschiff MS Deutschland nach Hamburg zurückzukehren, hat Ludolph gern angenommen. Erst mit der Empfangsparty am Mittwoch, 15. August, in der Hafencity klingt das Abenteuer Olympia 2012 aus. Anschließend gönnt er sich einen dreiwöchigen Urlaub. Danach steht bis zum Jahresende der Beruf im Mittelpunkt, die Endphase seiner Ausbildung zum Polizeikommissar an der Polizeiakademie Niedersachsen.

Die Erfüllung der Olympianorm war für den sympathischen Blondschopf, der einst unter Trainer Gerd Prüsmann bei der LG Nordheide groß geworden und 2004 als 16-Jähriger ins Sportinternat des Landessportbundes nach Hannover gewechselt ist, keine große Überraschung. "Ich habe gewusst, dass ich es drauf habe und dass ich es kann", sagt er, "wenn man so lange den Normen für internationale Meisterschaften hinterherläuft und es endlich klappt, fällt man erst mal in ein tiefes Loch." Daraus hat er sich längst befreit, ist drei Wochen später zum dritten Mal deutscher Freiluftmeister geworden und hat den ersten DM-Titel mit der Braunschweiger 3 x 1000-Meter-Staffel folgen lassen.

Die Gründe seines Erfolges sieht Ludolph in der mittlerweile achtjährigen Zusammenarbeit mit Jörg Voigt, dem Landestrainer Lauf des Niedersächsischen Leichtathletik-Verbandes. "In den letzten Jahren haben wir meine Ausdauerwerte und Intensitäten kontinuierlich entwickelt", erzählt der Mann, der bis zu 13 Einheiten und 120 Kilometer pro Woche trainiert - ohne Ein- und Auslaufen versteht sich. "Herr Voigt weiß genau, was mich stark macht. Er findet immer das richtige Maß", sagt Ludolph, der einer von elf niedersächsischen Olympiastartern ist.

Ein Erfolgsbaustein ist die sogenannte Höhenkette, eine Serie von Höhentrainingslagern, die Voigt und Ludolph seit 2008 aufgebaut haben. So legte das Erfolgsduo die Grundlagen für die Olympiasaison während eines vierwöchigen Aufenthalts in Flagstaff (Arizona) im November 2011. Auch nach der EM in Helsinki ging es Anfang Juli für zwei Wochen in die Höhe, diesmal nach St. Moritz/Schweiz.

Und dann gehen seine Gedanken noch einmal zurück in die Anfangsjahre der Karriere. "Als es früher mit der LG Nordheide immer in den Center Parcs nach Bispingen ging, hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich mal ins Trainingslager nach Flagstaff fahren darf." Bleibt, Sören Ludolph viel Glück und Erfolg zu wünschen. 5"Das wird schon. Sind doch nur 800 Meter", sagt er mit einem Augenzwinkern.