Jubiläumsfeier des VfL Jesteburg mit prominenten Gästen, Show Act der Tanzsportabteilung, Livemusik und zwei Fußballspielen

Jesteburg. "Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, kürzt die öde Zeit und er schützt uns durch die Vereine vor der Einsamkeit" - in Anlehnung an den Vers des Dichters Joachim Ringelnatz hoben 1912 knapp zwei Dutzend Männer den Turnverein Jesteburg aus der Taufe. Mit der Gründung am 16. Juni vor 100 Jahren im 1897 erbauten Gasthaus Buhr waren die Jesteburger ziemlich spät dran. In den Nachbardörfern Schneverdingen, Hollenstedt, Eyendorf, Luhdorf, Roydorf, Brackel, Hanstedt und Maschen stählten die Ahnen von Turnvater Jahn schon Jahre zuvor ihre Körper an Reck und Barren.

Zum Jubiläum hat sich der Verein eine opulente Chronik (Auflage: 10 000 Exemplare) geschenkt, die alle Haushalte der 10 700 Einwohner zählenden Samtgemeinde zugestellt bekamen. "Das war nur dank der vielen Sponsoren möglich", sagt Karl-Peter Schuster (70), der das Werk zusammen mit dem Archivar Hans-Heinrich Wolfes recherchiert, verfasst und gestaltet hat. "Vor zwei Jahren haben wir einen Aufruf gestartet, uns Fotos und andere Materialien zu schicken", erzählt Vereinspressewart Schuster. Langjährige Mitglieder und ältere Jesteburger stöberten in Kisten und auf Dachböden und stellten den Chronisten ihre Funde zur Verfügung.

"Der größte gehobene Schatz, ist die alte Turnordnung von 1912", sagt Schuster erfreut und: "Die hat ein Bürger vor Jahren auf dem Flohmarkt erstanden und jetzt dem Gemeindearchiv überlassen, wo auch die Dokumente zur Geschichte des VfL Jesteburg lagern". Seit dem 13. September 1930 heißt der als Turnverein Jesteburg gegründete Verein so. Im "Grundgesetz und Turn-Ordnung" sind neben dem bis dato unbekannten Namen des Gründungsvaters H. Iserloth auch die seiner 20 Mitstreiter vermerkt. Die bürgerlichen Herrschaften waren überzeugte Turner, die das (deutsche) Gemeinschaftsgefühl vor allem durch "volkstümliche" Übungen stärken und sich "körperlich und sittlich" kräftigen wollten.

Heute hat der Verein knapp 1600 Mitglieder in elf Abteilungen, aufgelöst wurden die Sparten Volleyball (2007) und Schach (2010). Seit 1991 ist Helmut Meyer Erster Vorsitzender, im Verein ist er "seit meiner Geburt 1950". Bereits Vater Karl-Hermann leitete die Geschicke des VfL Jesteburg (von 1964 bis 1970). Beide Meyers taten und tun es mit Erfolg: Der Verein ist schuldenfrei - trotz großer Investitionen. Zuletzt machte der Klub 370 00 Euro für den vierten Sportplatz locker. "Der bisher teuerste", sagt Meyer, der als nächstes den Bau einer neuen Ballsporthalle anpeilt: "Die brauchen wir unbedingt, die jetzige Halle platzt im Winter aus allen Nähten." 2014 soll es soweit sein.

Erfolgreich waren in der Vereinsgeschichte vor allem die Leichtathleten, Langläufer und Fußballer, deren Aufstiege Meyer als größte Erlebnisse in seiner Amtszeit bezeichnet. Nachzulesen ist das alles in der beeindruckenden Chronik, die auch die Schattenseiten der Historie nicht verschweigt. Der dramatischste Vorfall in der Vereinsgeschichte ereignete sich 1950 bei einem Fußballspiel zwischen Jesteburg und Sinstorf. Während der Partie stieß ein VfL-Angreifer mit dem Gästetorwart zusammen, der laut schreiend in die benachbarte Heilstätte Rüsselkäfer gebracht wurde. Trotz der Versorgung durch den Chefarzt verstarb er dort - er hatte einen Schädelbruch erlitten.

Nichts Gutes hört man eigentlich auch vom Rüsselkäfer, der als Waldschädling gilt. Dass ausgerechnet dieses Tierchen seit 1928 das Vereinswappen ziert, hat einen besonderen Grund: Ende des 19. Jahrhunderts herrschte in Jesteburg eine durch den Schädling verursachte Plage. An dem Ort, wo die Waldarbeiter sich in einer Bude mit Essen und Trinken versorgten, entstand später die Kneipe "Zum Rüsselkäfer" neben dem Vereinsgelände. Seitdem ging man in Jesteburg nicht zum Sportplatz, sondern zum "Rüsselkäfer".