Esther Rahm vom Harburger Kanu-Club war schon fast ausgebootet, ehe sie mit dem Einer-Kajak in Bochum auf der Ruhr die große Favoritin in Grund und Boden fuhr

Harburg. Von diesem Rennen werden sie in der deutschen Kanu-Szene noch lange rede. Es war beim Junioren-Länderkampf auf dem Kemnader-See in Bochum. Für die nationale Nachwuchselite war das gleichzeitig der endgültig letzte Test für die Nominierung zur Junioren-WM vom 29. bis 31. Juli auf dem Beetz-See in Brandenburg.

In den harten Auslesetests, die für die jungen Rennkanuten bereits im Februar begannen, hatte sich auch Esther Rahm vom Harburger Kanu-Club als Drittbeste durchgesetzt. Die von Klaus-Dieter Schmidt trainierte Schülerin aus Neumünster hatte sich damit gegen die viel besser geförderten Talente aus den Hochburgen des Rennsports behauptet. Eigentlich schon fürs Paradeboot, den Kajak-Vierer vorgesehen, war Esther plötzlich wieder ausgebootet worden. Man gab ihr die Chance, sich in Bochum im Einer-Kajak über 1000 Meter noch das WM-Ticket zu erkämpfen. Groß war diese Chance nicht. Denn da startete ja auch Isabell Friedt aus Karlsruhe, in der gesamten Saison unbestritten die Nummer eins bei den deutschen Juniorinnen. Keiner der Trainer und Funktionäre glaubte, dass die ehrgeizige Esther gegen Isabell eine Chance habe.

"Ich habe es ja selbst nicht geglaubt", berichtet Klaus-Dieter Schmidt mit heiterer Stimme, "aber bei 500 Metern lag Esther noch immer gleichauf mit Isabell. Und dann zog sie an, immer härter, immer selbstbewusster. Und jeder am Ufer hat mit erlebt, wie Isabell immer mehr zurück blieb. Esther hat das Rennen nicht nur gewonnen. Sie hatte im Ziel über zehn Sekunden Vorsprung. Das sind Welten im Rennsport." Allerdings, das muss fairnesshalber gesagt werden, es wehte ein starker Wind in Bochum und auf der gestauten Ruhr schlugen die Wellen hoch. So waren es zumindest verzerrte Bedingungen.

Was aber bleibt ist, dass Esther Rahm ihre Chance auf beeindruckende Weise genutzt hat. Das Ausleseverfahren bei den erfolgsverwöhnten deutschen Rennkanuten ist ohnehin sehr hart. Schon in Februar hatten die Mädchen erste Kraft- und Ausdauertests bestehen müssen. Und auch nach den Qualifikations-Wettkämpfen danach hatte Esther Rahm als Drittbeste unter den sieben Mädchen im National-Kader abgeschnitten. Dabei wird von den jungen Sportlerinnen ungeheuer viel Einsatz verlangt, selbst im schulischen Bereich. "Wenn Esther in der kommenden Woche erneut zu einem WM-Lehrgang nach Duisburg reist, muss sie sich, ich glaube bereits die siebte Woche in der Schule frei nehmen", zählt Trainer Schmidt zusammen. "Und zu den Lehrgängen müssen die Nationalfahrerinnen auch noch einen finanziellen Beitrag von etwa 90 Euro leisten."

Bei der internationalen Regatta in Bochum hatte Esther Rahm auch noch mit Sophi Hammer aus Berlin-Köpenick das Zweier-Rennen über 500 Meter gewonnen. Ob sie jetzt im Einer, auch im Zweier oder doch im Vierer bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Brandenburg startet, das wird wohl nach dem letzten Lehrgang in Duisburg endgültig fest gelegt.