Weltmeisterschafts-Qualifikation beim MTV Treubund Lüneburg im Sportpark Kreideberg. Die Sparte feiert das 25-jährige Bestehen

Lüneburg. Es wird ganz still im Sportpark Kreideberg des MTV Treubund Lüneburg. Aus allen Ecken und Winkeln eilen Zuschauer und Aktive an die Wettkampffläche. Selbst die älteren Damen vom Kuchen-Buffet haben alles zur Seite gelegt und konzentrieren sich auf das große, weiße Rhönrad. In dem hat ein junger Mann seine Startposition bezogen. Robert Maaser, das schwarze Outfit mit den silbern glitzernden Ornamenten wie eine zweite Haut an seinem Körper. Die mächtigen Oberschenkel zeichnen sich unter dem Stoff ab, der gestählte Oberkörper. Wie ein Tänzer hebt der Athlet langsam die Hand, konzentriert sich. Dann setzt dramatisch anschwellend die Musik ein. Robert Maaser, das Maß aller Dinge, der Superstar im Rhönradturnen und seine Musikkür. Es ist ein Erlebnis. Es ist diese Körperspannung und Kraft, auch die Eleganz und der Schwung, die wechselnden, verblüffenden Übungen in und außerhalb der beiden, durch Quersprossen verbundenen Stahlringe, die mit Kunststoff überzogen sind.

Und Robert Maaser aus Strausberg am Rande Berlins hat aus diesem Wettkampfgerät eine Kunst, eine große Show gemacht.

Und er hat seinen Sport in eine Showkarriere übergeleitet. Was dem 21-Jährigen bisher größte Popularität einbrachte, war sein Auftritt in der RTL-Show "Der Superstar" mit Dieter Bohlen. Er hat seine ungewöhnliche Show aber auch schon im Wintergarten-Varieté in Berlin und im ZDF-Fernsehgarten gezeigt. Dabei tritt er meist nur mit einem Reifen an, der Cyr genannt wird.

In Lüneburg, im klassischen Rhönradturnen, musste sich auch der mehrfache Weltmeister erneut für die nächste WM qualifizieren. Die wird vom 1. bis 4. Juni in Arnsberg im Sauerland ausgetragen. a die Rhönrad-Abteilung des MTV Treubund Lüneburg ihr 25-jähriges Bestehen feiert, hatten sie sich vor einem Jahr für die Ausrichtung dieses Qualifikationsturniers beworben.

"Deshalb können unsere Aktiven und Besucher die komplette deutsche Elite unseres Sport bewundern", sagte Simone Budde, die oberste Rhönrad-Chefin in Lüneburg und auch Landesfachwartin im Niedersächsischen Turnerbund ist. "Bei Frauen und Männern sowie Mädchen und Jungen treten jeweils die zehn Besten aus Deutschland gegeneinander an. Die fünf Besten werden Deutschland bei der Weltmeisterschaft im eigenen Lande vertreten."

Das Publikum im Sportpark Kreideberg erlebte die nationale Elite in drei Wettkampf-Disziplinen und sah Rhönradturnen auf Weltklasseniveau. "Von 17 Medaillen bei der letzten WM gingen 15 nach Deutschland", sagte Simone Budde, "schließlich sind Gerät und sportliche Wettkampf in den 20er-Jahren in Deutschland erfunden und entwickelt worden.

So war das vor 25 Jahren auch in Lüneburg, genauer bei Uwe Waasen, damals hauptamtlicher Sportlehrer beim MTV Treubund. Der hatte zu einem Lehrgang in der Landesturnschule Tochter Simone mitgenommen. "Als dort das Rhönrad vorgeführt wurde", so Simone, "war ich sofort fasziniert. In dem Rad zu stehen, sich zu drehen, auch Kopf über, das ist alles so anders und ungewöhnlich. Es ist schwierig, zu erklären, warum ich mich seit 25 Jahren darauf freue, mich in dieses große Rad zu hängen." Und den Mädchen und Jungen der Sparte die ersten Übungen und Tricks für die ersten Wettkampfübungen beizubringen. "Auf Landesebene turnen unsere Kinder und Jugendlichen", sagt Simone Budde, die Tochter des Spartengründers, "aber niemand bei uns ist so stark, das er an einer solchen Qualifikation teilnehmen könnte."

Beifall brandet auf und hält lange an, als Robert Maaser nach dreieinhalb Minuten seine Musikkür beendet. Im Wettkampf heißt das turnerisch sachlich "Geradeturnen mit Musik." Als zweite Übung kommt der Sprung dazu. Dabei wird das Rad vom Athleten angestoßen, dann sprintet er hinterher, springt in die Reifen und mit einem Strecksprung wieder heraus auf eine dicke Matte. Die dritte Disziplin, das Spiraleturnen, kann ebenfalls sehr spektakulär sein, wenn die Athleten den unteren Reifen ganz dicht über dem Boden noch in Schwung halten und sich mit Kräfte zehrenden Spiralebewegungen wieder im Rad hoch arbeiten.

Robert Maaser war in allen drei Disziplinen mit der Note zehn bewertet worden und gewann in Lüneburg die Qualifikation mit deutlichem Vorsprung vor Christopher Clausen vom TSB Flensburg. Bei den Frauen dominierte Kathrin Schad (TG Seitingen-Oberflacht) vor Laura Stullich (TSV Marburg-Ockershausen). Dort konnten sich auch die Schwestern Svenja und Sandra Trepte von der TSG Bergedorf für die WM qualifizieren.