Beim Springturnier des Pferdezucht- und Reitvereins Luhmühlen werden die Pferde nach dem Wintertraining getestet

Luhmühlen. Selbst der Applaus, der aus der Reithalle in Luhmühlen kam, hat etwas Fröhliches. Lachen und Zurufe mischen sich in das rhythmische Klatschen, während die Aktiven in den Innenraum reiten. Die Siegerehrung des Mannschaftswettbewerbs, sozusagen der familiärste Teil des dreitägigen Springturniers des Pferdezucht- und Reitvereins Luhmühlen. Warum sich Reiter und Zuschauer auf diesen Wettbewerb immer wieder besonders freuen? "Zum einen werden solche Mannschafts-Wettbewerbe nur selten ausgeschrieben", sagt Turnierleiterin Claudia Rogge, "der besondere Spaß ist aber, dass in den Mannschaften alle zusammen finden, Kinder und Erwachsene, Profireiter mit Amateuren und über die Vereinsgrenzen hinaus."

Ein Paradebeispiel sind die Vier aus dem Team Rio Colling, die am Ende die Nummer eins unter den 13 Konkurrenten waren. Im Detail war in dieser Siegermannschaft schon so vieles gebündelt, was den Reitsport und besonders auch Luhmühlen inzwischen ausmacht.

Allein der Name, unter dem die vier Aktiven zusammen ritten und kämpften. "Rio, wir kommen", das ist eine Fanfare für einen großen sportlichen Traum. In Rio de Janeiro werden 2016 die Olympischen Spiele ausgetragen. Und warum sollte Anna Siemer dann nicht dabei sein? Die Pferdewirtschaftsmeisterin, die in Luhmühlen ihren eigenen Ausbildungsstall betreibt und den Nachwuchs im Springreiten unterrichtet, hat sich als Vielseitigkeitsreiterin das Ziel gesetzt: Wenn vom 25. bis 28. August die Europameisterschaft in Luhmühlen stattfinden, dann soll auch ihr Name in der Westergellerser Heide zu hören sein. Mit ihrer Stute Charlotte will sich Anna Siemer für die Europameisterschaften qualifizieren. Für den Mannschafts-Wettkampf hatte die 28-Jährige als erstes sozusagen Ehemann Christian Siemer zwangsverpflichtet. Der 13-jährige Johannes Hayessen gehört zu ihren ehrgeizigen Schülern. Den hatte die Lehrmeisterin nach der letzten Trainingsstunde gefragt: "Willst Du nicht mir uns in der Mannschaft reiten?" Als der junge Johannes stolz ja sagte, war das vierte Teammitglied praktisch fest eingeplant: Vater Clemens Hayessen. Der 37 Jahre alte Tierarzt aus Eyendorf hat seine eigenen Olympia-Träume in der Akte mit den schönen Erinnerungen abgelegt. Fast jedenfalls. Mit seinem Spitzenpferd Fly by Night ist er auch in Luhmühlen bei den großen Drei-Sterne-Prüfungen geritten. "Aber das Pferd ist inzwischen 19 Jahre und genießt in einer großen Herde in Garlstorf sein Rentnerdasein", sagt Clemens Hayessen, "mein Napoleon bringt vielleicht alles für den ganz großen Sport mit, wenn er nur nicht ein so schwieriger Charakter wäre."

Und Johannes, der Sohn, der hat als Vielseitigkeitsreiter im vergangenen Jahr im Team von Hamburg (seine Tante ist dort Landestrainerin) am Nachwuchswettbewerb um die "Goldene Schärpe" teilgenommen. Sein Hankey Pankey Hoops ist sieben Jahre alt und galoppieren gemeinsam erst sportlichen Erfolgen entgegen.

Ob der Vater eigentlich an die eigenen Anfänge erinnert wird, wenn er heute den Sohn bei Turnieren beobachtet? "Nicht, was den Reitstil oder so etwas betrifft", antwortet Clemens Hayessen nach kurzem Zögern. "In dem Alter habe ich noch nicht auf dem Niveau wie mein Sohn geritten. Aber wenn ich den Glanz, den Stolz und die Freude in seinen Augen sehe, wenn er aus dem Parcours reitet, dann denke ich mit genau so viel Freude an meine ersten Turniere zurück."

Beim Mannschafts-Wettbewerb in Luhmühlen hatte der Sohn noch eine zusätzliche Freude. Er war bei seinem Null-Fehler-Ritt um fast acht Sekunden schneller als der Papa. "Diesen Triumph hat er mich schon spüren lassen", sagt der Papa mit einem Lächeln.

Mehr als 300 Reiter waren an drei Turniertagen nach Luhmühlen gekommen und mit insgesamt 500 Pferden zu 900 Starts in die Halle geritten. Beliebt und begehrt ist dieser Start in die Wettkampf-Saison vor allem auch bei den namhaften Berufsreitern wie Andreas Dibowski, Elmar Lesch, Marina Köhnke, Hans-Joachim Giebel und Knut Düe, die ihre Nachwuchs- und Spitzenpferde nach dem Wintertraining testen.

So war Olympiasieger Andreas Dibowski mit seiner großen Hoffnung Fantasia beim Zwei-Phasen M-Springen Zweiter geworden, besiegt von der jungen Sarah Vick aus Tespe mit Deichhof's Chiriqui. Den sportlichen Höhepunkt, das Zwei-Sterne M-Springen zum Abschluss, hatte Knut Düe (Luhmühlen) mit Scaramouche im Stechen in der Zeit von 36,12 Sekunden vor Hans-Joachim Giebel (Reit- und Fahrsport Sieversen) in 36,98 Sekunden.

Auch Victoria von der Leyen, die Tochter der Bundesarbeitsministerin, hatte sich in Luhmühlen in die Siegerliste eingetragen. Mit Cockney gewann sie ein L-Springen vor Charlene Wohlers (RFV Estetal) mit Hesselteich's Dacapo.