Dem Ersten der Weltrangliste fehlt ein Sieg in seiner Sammlung

Egestorf. Trotz aller spektakulären Erfolge und trotz des goldenen Olympiaglanzes, bei den Buschreitern geht es immer freundschaftlich und gelassen zu. Und so wird auch am Wochenende beim traditionellen Zwei-Sterne-Vielseitigkeits-Turnier in Sahrendorf ein seit Jahren Vertrauter am Start sein, der als der beste Vielseitigkeitsreiter der Welt angekündigt werden darf. Andreas Dibowski wird dieses Lob auch nur mit einem freundlichen, zurückhaltenden Lächeln quittieren. Er ist gelassen und bescheiden geblieben. Obwohl er sich an der Spitze der Weltrangliste gesetzt hat. Und obwohl er zurzeit seine Ausnahmestellung in der nationalen und internationalen Vielseitigkeits-Elite beim CHIO in Aachen erneut unter Beweis stellte.

Nach dem zweiten Platz bei der Vier-Sterne-Prüfung im englischen Badminton zu Saisonbeginn und dem dritten Platz in Luhmühlen wurden Andreas Dibowski und sein Euroridings Butts Leon in Aachen wieder Zweite, diesmal nur knapp besiegt vom Neuseeländer Andrew Nicholson. Mit der deutschen Mannschaft hatte der Mann, der mit der Familie noch in Nindorf wohnt, mit seinen Pferden aber bereits nach Döhle umgezogen ist, in Aachen den Nationenpreis entgegen genommen.

Was Andreas Dibowski bei seiner bewundernswerten Zuverlässigkeit und Konstanz noch fehlt, ist ein Sieg bei einem dieser größten und schwierigsten Prüfungen in der Welt des Vielseitigkeitssports.

In den Tagen von Luhmühlen hatte er schon einmal vor Journalisten im Gelände gestanden und eine Antwort auf die Frage gesucht, warum noch immer ein plakativer Sieg in seiner Erfolgsgeschichte fehle? "Das habe ich natürlich auch schon zu ergründen versucht", antwortete er nachdenklich. "Es mag daran liegen, dass ich selbst bei den ganz großen Prüfungen immer noch bemüht bin, in mein Pferd hineinzuhorchen, mit meinen Gedanken beim Tier bin. Vielleicht geht dadurch das entscheidende Quantum Härte, vielleicht der letzte Schuss Siegeswille verloren."

Längst sind die Top-Athleten in der internationalen Vielseitigkeitsspitze so eng beieinander, dass schon die kleinste Irritation und Ablenkung den Sieg kosten kann. In Aachen war, anders wie sonst üblich, die Springprüfung vor und nicht nach dem Geländeritt. "Deshalb war Butts Leon beim Springen mit solcher Kraft und Energie dabei, dass er immer schneller sein wollte als ich. Dazu kommt, dass der Springplatz in Aachen wohl der größte der Welt ist. Da hat er noch mehr Druck gemacht. Deshalb musste ich immer gegen ihn arbeiten. Und so ist uns dann ein Fehler beim Springen unterlaufen." Sonst wäre Aachen ein überlegener Sieg für Andreas Dibowski und Butts Leon geworden.

Aber auch der zweite Platz und der erste Rang in der Weltrangliste sind Bestätigung für das, was Andreas Dibowski die Philosophie seiner Arbeit und seiner Leidenschaft für den Umgang mit den Tieren nennt. "Das ist absolutes Vertrauen zwischen Mensch und Tier, das ist ein harmonisches Miteinander", sagte der Weltklassesportler, "und damit das wachsen und sich entwickeln kann, braucht man Zeit und Geduld. Für dieses Konzept stehe und kämpfe ich seit Jahren. Ich habe in all den Jahren, in denen ich oben dabei bin, so manchen Newcomer plötzlich im Rampenlicht stehen sehen, aber alle sind sie wieder auf den Boden zurück gekommen. Ich lasse mich davon nicht mehr so beeindrucken, heute bin ich mehr denn je davon überzeugt: Ein kontinuierlicher und langfristiger Aufbau der Pferde bringt verlässlich und dauerhaft den Erfolg."

Ob er denn selbst als Reiter den Zenit seines Könnens erreicht hat? "Da kann ich nur bestätigen, was ich schon einmal gehört habe", sagt Andreas Dibowski. "je länger ich reite, je mehr weiß ich, was ich alles noch nicht kann."

In Sahrendorf wird die Nummer eins der internationalen Vielseitigkeits-Reiterei mit seiner "Frieda", wie er liebevoll seine Championatsstute Fantasia nennt, nur in der Dressur und beim Springen starten. Mit Mighty Magic und Butts Avedon, seinen siebenjährigen Nachwuchspferden, wird Andreas Dibowski die Zwei-Sterne-Prüfung auch im Gelände reiten.