Andreas Dibowski aus Döhle und Butts Avedon stehen zur engeren Auswahl für Olympischen Spiele. Sein dritter Platz sorgt für Überraschung.

Luhmühlen. Von Butts Avedon darf man auch so etwas berichten, sozusagen ein wenig Hofberichterstattung über den neuen Star aus Döhle. Am Montagmorgen hat der Rappe mit Andreas Dibowski vom Irenenhof aus einen Spazierritt gemacht. Danach ist er auf der Koppel herumgetobt. "Er hat sich sehr schnell von der schweren Prüfung in Luhmühlen erholt", sagt Andreas Dibowski, "er war schon wieder frisch und munter."

Dabei hatten die beiden beim Dreikampf der Weltelite der Vielseitigkeitsreiter in der Vier-Sterne-Prüfung von Luhmühlen für eine große Überraschung gesorgt. Mit dem Erfolg von Michael Jung aus Horb, dem scheinbar unbesiegbaren König des Vielseitigkeitsports, hatte jeder gerechnet. Auch der zweite Platz der Australierin Lucinda Fredericks, die vor vier Jahren Olympia-Silber gewann, war keine Überraschung. Für Andreas Dibowski und seinem noch jugendlichen FRH Butts Avedon aber war das CCI Vier Sterne eine Premiere in der schwersten Kategorie der Buschreiter - und ihr dritter Platz ist schlichtweg fantastisch.

Dabei war der Geländeritt des Mannschafts-Olympiasiegers von 2008 in Hongkong mit dem 2003 geborenen Wallach nicht einmal die reine Freude. Noch vor seinem Start hatte "Dibo", wie Andreas Dibowski in der Pferdesportszene gerufen wird, vor dem Fernseher gesessen und sich Zwischenzeiten der Konkurrenten notiert. "Und doch habe ich beim Zeitmanagement für die Strecke einen Fehler gemacht", musste er im Ziel einsehen, "ich war extra etwas langsamer angeritten, damit mein Schwarzer den richtigen Rhythmus findet. Die verbummelte Zeit wollte ich in der Schlussphase der 5700 Meter langen Strecke aufholen. Dreimal bin ich vorher die Strecke abgegangen. Trotzdem habe ich übersehen, dass auf dem letzten Teil viele Hindernisse zu überwinden waren. Da gab es keine längere Galoppstrecke, man konnte gar keine Zeit aufholen."

Die Uhr blieb bei 10 Minuten und 20 Sekunden stehen, als die beiden durch die elektronische Zeitmessung ins Ziel preschten. Sie waren 20 Sekunden zu langsam und kassierten acht Strafpunkte dafür. Sonst hätte Andreas Dibowski vielleicht sogar den Sieg in der Vier-Sterne-Prüfung wiederholen können, den er im vergangenen Jahr in Luhmühlen mit Butts Leon zum ersten Mal in seiner Karriere feierte.

Dieses Championatspferd verkaufte Andreas Dibowski im Vorjahr nach Amerika. Nina Ligon, die neue Reiterin, wird mit Leon wahrscheinlich bei den Olympischen Spielen in London reiten, und zwar für Thailand. Seit dem Verkauf wird im deutschen Vielseitigkeitssport über die Frage gerätselt, ob Andreas Dibowski gleichwertigen Ersatz für Butts Leon findet und in London wieder für Deutschland reitet.

Seit der Vier-Sterne-Prüfung in Luhmühlen ist diese Frage aktueller denn je. Die Spitze des nationalen Vielseitigkeitssport mit den beiden Bundestrainern Hans Melzer und Chris Bartle schrieb nach den Prüfungen in Luhmühlen die berühmte "Long List" fest, benannte zwölf Reiter und ihre Pferde, die für die Olympischen Spiele in Frage kommen könnten. Diese Liste ist in drei Blöcke unterteilt. Im ersten Block sind Michael Jung und Sandra Auffahrt fest nominiert. Dann folgen sechs Reiter, von denen aber nur drei mit nach London dürfen. Der letzte Block mit vier Reitern steht als eiserne Reserve bereit. Andreas Dibowski und Butts Avedon gehören zum Sechser-Block. Die endgültige Entscheidung wird das Gremium in drei Wochen nach der letzten Drei-Sterne-Prüfung in Aachen treffen. Dafür aber haben Andreas Dibowski und sein knapp neunjähriger Rappe Schonung bekommen. "In Aachen müssen wir nur Dressur und die Springprüfung reiten", sagte Andreas Dibowski, "nach der schweren Geländeprüfung in Luhmühlen bleibt Butts Avedon der Geländeritt in Aachen erspart."

Es ist erst vier Jahre her und Andreas Dibowski hatte mit dem jungen Avedon aus der Butts-Zucht gerade das Bundeschampionat gewonnen, da verkündete er schon: "Ich bin überzeugt, ich reite hier Deutschlands bestes Nachwuchspferd." Mit der intensiven und doch rücksichtsvollen Aufbauarbeit, vor allem auch im letzten Winter, haben die beiden auf Olympia hingearbeitet. Ob sie dabei sind, müssen jetzt die Bundestrainer entscheiden.

Luhmühlen selbst, das ist von den besten Vielseitigkeitsprofis aus aller Welt in den vier Turniertagen immer wieder gelobt und gepriesen worden, hat mit seiner neuen Anlage, dem Turnierplatz und dem gepflegten Geläuf im Gelände neue Maßstäbe in diesem Sport gesetzt, der immer mehr Freunde findet. Rund 25 000 Besucher erlebten an den vier Tagen in der Westergellerser Heide Weltklassesport und Michael Jung, den jungen, so unbekümmert lächelnden Helden, der erstmals in der Geschichte von Luhmühlen einen Doppelerfolg in der Drei- und Vier-Sterne-Prüfung landete.