Interview mit Marian Grühn vom TSV Buchholz 08, der zum achten Mal mit seinem Fußball-Oberliga-Team den Fairness-Preis bekommen hat.

Buchholz. Der Hamburger Fußball-Verband hatte sich für den Festakt eine ungewöhnliche Räumlichkeit ausgewählt. Im Tropen-Aquarium von Hagenbeck übergab Verbandschef Dirk Fischer die "freundlich & fair-Preise" der Sparda-Bank. Die Geldpreise für die fairsten Mannschaften wurden zum achten Mal verteilt. Und zum achten Mal nahmen Trainer Thomas Titze und Mannschaftsführer Alexander Gege vom TSV Buchholz 08 für die fairste Oberligamannschaft den Scheck über 3000 Euro entgegen. Warum das so ist, darüber sprach das Hamburger Abendblatt mit Marian Grühn, 27, dessen Trainer seit 17 Jahren Thomas Titze ist.

Hamburger Abendblatt: Herr Grühn, gönnt Ihr den Fairness-Preis denn nicht einmal einer anderen Mannschaft?

Marian Grühn: Nein, auf keinen Fall. Da sind wir ganz egoistisch. Schließlich sind die 3000 Euro nicht zu verachten.

Nach welchen Kriterien genau wird der Preis eigentlich vergeben?

Grühn: Da werden als erstes die roten und gelben Karten gezählt, die jede Mannschaft in der Halbserie kassiert. Es wird aber auch das Verhalten von uns Spielern bewertet, auch des Trainers und dazu, beispielsweise bei Ausschreitungen, das Verhalten der Zuschauer.

Aber in der Hinrunde der Oberliga hat ein Spieler von Buchholz Rot gesehen.

Grühn: Ja, im Auswärtsspiel bei Oststeinbek bekam ausgerechnet Lukas Kettner die rote Karte. Dabei ist der ja eigentlich der Liebste von uns allen. Das war eine Schiedsrichter-Entscheidung, die von uns bis heute keiner begreifen und akzeptieren kann.

Wurde hinterher in der Kabine darüber gesprochen, dass Lukas Kettner vielleicht gerade 3000 Euro verspielt hatte?

Grühn: Witze haben wir darüber gemacht. Natürlich. Aber keine Vorwürfe. Aber tatsächlich war die Entscheidung für uns diesmal ja recht knapp.

Denken Sie als Spieler auf dem Platz denn an den Fairnesspreis, spielen Sie bewusst darauf hin?

Grühn: Überhaupt nicht. Das würde auch nie funktionieren. Du musst die Zweikämpfe gewinnen wollen. Das ist doch entscheidend im Fußball.

Warum aber ist Buchholz 08 die fairste Mannschaft in der Hamburger Oberliga?

Grühn: Das ist die gesamte Einstellung der Mannschaft. Und die ist über die vielen Jahre von Thomas Titze geprägt worden. Ich war zehn Jahre alt, als er mein Trainer wurde. Aus diesem Schülerteam sind wir noch vier in der Oberliga. Etwas später, ich glaube in der B-Jugend, kamen fünf Jungen dazu, die heute auch noch zum Kader gehören. Wenn du als Junge lernst, wie du dich deinem Gegner und auch dem Schiedsrichter gegenüber sportlich anständig verhalten musst, prägt das dein ganzes Verhalten und Auftreten als Fußballer.

Wie hat der Trainer Euch das beigebracht. Erinnern Sie Sich an ein Beispiel aus Kindertagen?

Grühn: Das Beispiel war und ist Thomas selbst. Wie er sich beim Training und am Spielfeldrand verhält. Er war und ist Vorbild für uns alle.

Aber Sie wollen doch jetzt nicht behaupten, dass Thomas Titze immer ein freundliches Lämmchen ist?

Grühn: Nein, er kann auch ganz anders. Aber er zügelt sein Temperament, reagiert und handelt fast immer sehr kontrolliert. Das ist es, was abstrahlt auf uns Spieler.

Wie ist es mit den Neuen, wie werden die zur Buchholzer Sportlichkeit erzogen?

Grühn: Da ist zum einen das feste Grundgerüst im Team. Da sind genügend langjährige Titze-Schüler, die Neulingen ein paar Takte erzählen, wenn die mal ihren Frust rauslassen und sich ungebührlich benehmen.

Und der Trainer selbst?

Grühn: Zweimal, so erinnere ich mich, hat Thomas einen Spieler eingewechselt und ihn nach ein paar Minuten wieder vom Platz genommen, weil der zu wild und unfair dazwischen ging. Dann ist ihm auch egal, wenn die Mannschaft dadurch geschwächt wird. Fairness steht über dem Erfolg.

Immerhin 24 000 Euro hat sie Buchholz schon in die Kasse gebracht. Was haben Sie als Spieler eigentlich davon?

Grühn: Der Einzelne bekommt davon nichts, das geht in die Mannschaftskasse, für unsere Feiern und dem gemeinsamen Urlaub auf Mallorca.