Ausgerechnet zum Jubiläum 2010, wenn der Verein 100 Jahre alt wird, droht der Absturz der Kicker in die Kreisliga.
Harburg. Karl Heinz Aue, seit 1978 ununterbrochen Vorsitzender des FC Viktoria Harburg von 1910, nimmt kein Blatt vor den Mund. "Ich leide sehr unter der momentanen Situation, wir waren schon immer eine Fahrstuhlmannschaft, aber im Jahr vor unserem 100-ährigen Vereinsbestehen sportlich so schlecht dazustehen, das tut sehr weh", sagte er. Auf- und Abstiege waren in den vergangenen 20 Jahren an der Tagesordnung des Harburger Traditionsvereins. Vier Aufstiegen stehen drei Abstiege entgegen, der nächste Abstieg droht. In der aktuellen Saison ziert der Klub das Tabellenende, nach acht Spielen steht erst ein Punkt auf dem Konto, es hagelte hohe Niederlagen.
Was sind die Gründe für die rasante Talfahrt? Karl Heinz Aue erzählt, dass zu Beginn der neuen Saison die Mannschaft geschlossen im Trainingslager war und anschließend mehrere Spieler zu ihm kamen und mitteilten, dass sie geschlossen zum HSC gehen wollen. Der Viktoria-Chef versuchte in nächtelangen Gesprächen, die Akteure umzustimmen, scheiterte aber. Geblieben sind vom Kader nur drei Spieler, der Rest ist gegangen, die Stürmer Tobias Beck, Alexander Kupsch, die Abwehrstrategen Kay Czerkaski und Benjamin Fahrenholz zum Nachbarn Harburger SC. Konfrontiert mit der Frage, ob es denn sinnvoll gewesen sei, im Meisterjahr den damaligen Trainer, Hendrik Lührs, zu kündigen, beantwortete Aue mit dem Hinweis, dass man den Fehler, länger als drei Jahre mit einem Trainer zu arbeiten, nicht mehr machen wollte. Lührs sei rechtzeitig informiert gewesen und sein Nachfolger, Jürgen Kanitz, hat der Aufwand, den die Mannschaft erbringen wollte, nicht gereicht. Das wird aus Spielerkreisen dementiert, Kanitz wollte weitermachen, es kam kein Signal vom Verein. Der jetzige Trainer, Sükrü "Öttschi" Kacan ist nicht zu beneiden. Das Team hat kein Bezirksliganiveau, 45 Gegentore in acht Spielen sprechen Bände. "Das Umfeld, der Platz, unser Klubhaus, alles vom Feinsten, nach dem Training und nach den Spielen gibt es Essen für das Team, dazu kommen alle immer gut in Schale", sagte Karl-Heinz Aue. Der Vereinschef ist verzweifelt, hat aber auch oft erlebt, dass nach schlechten Jahren bessere folgen. "In den 80er-Jahren hatten wir 20 Jugendmannschaften, heute sind es noch fünf, dazu Alte Herren und Supersenioren, wir sind ein Familienverein." Das 100-jährier Bestehen wird er als Klubchef noch feiern, danach ist Schluss. "Es wird Zeit für einen Nachfolger", sagte er. Viktoria Harburg ohne Gisela und Karl Heinz Aue? Schwer vorstellbar.