Bei den deutschen Meisterschaften der Renn-Kanuten auf dem Beetzer See in der Stadt Brandenburg steht die Entscheidung im Zweier-Kajak bei den Juniorinnen über 200 Meter unmittelbar bevor.

Harburg. Auf der günstigen Mittelbahn fünf stehen Svenja Jäger vom Harburger Kanu-Club und Sabrina Hering vom Kanu-Club Hannover. Auf der Tribüne vor dem Ziel rennt ein älterer Herr in seiner Aufregung hin und her. Klaus-Dieter Schmidt (71), seit Jahrzehnten der Erfolgstrainer der Harburger Kanuten. 20 Jahre sind vergangen, seitdem seine Schützlinge das letzte Mal einen deutschen Meistertitel nach Harburg holten. Zum Abschluss ihrer Karriere gewannen die Zwillinge Oliver und Matthias Seack 1989 den nationalen Meistertitel im Zweier-Kajak über 1000 Meter.

Und jetzt steht die 17 Jahre alte Svenja Jäger mit ihrer Partnerin im Endlauf. Der Start, die ersten schnellen Paddelschläge und die beiden schieben bereits die Spitze ihres Bootes nach vorn. Die Konkurrentinnen aus Potsdam greifen an. Aber Svenja Jäger und Sabrina Hering, ebenfalls 17 Jahre alt, geben die Führung nicht aus der Hand. Als sie mit mächtigen Schlägen ihr Boot der Ziellinie entgegen schieben, ist Karneval auf der Tribüne. Eltern und Freunde der Mädchen feiern bereits. Mit vier Zehntel Sekunden Vorsprung greifen sich Svenja Jäger und Sabrina Hering den deutschen Meistertitel. Eine Viertelstunde später erst bei der Siegerehrung konnte der stolze Trainer-Senior seine Mädchen in die Arme nehmen.

Dieser Titel war der schönste, aber nicht der einzige Erfolg, der in den reich gefüllten Analen des Harburger Kanu-Clubs festgeschrieben wird. Die Schmidt-Mädchen brachten noch zweimal Silber und einmal Bronze aus Brandenburg mit. Die erste Silbermedaille war die größte Überraschung. "Denn Svenja Jägers Stärken sind eigentlich die längeren Strecken", so Schmidt, "und nicht der Sprint." Deshalb konnte sie sich im Einer-Rennen über 200 Meter auch erst im Zwischenlauf fürs Finale qualifizieren. Dort aber legte sie sich mächtig in die Paddel. Einzig ihre Doppel-Partnerin Sabrina Hering, die in der Jugend schon Vize-Weltmeisterin war, behauptete sich im Endlauf vor ihr. Also, deutsche Meisterin Sabrina Hering, Vizemeisterin Svenja Jäger. Vorher hatten die beiden im Zweier über 1000 Meter eine Bronzemedaille gewonnen.

Sie haben auch noch einmal gemeinsam im Vierer gekämpft. Mit dabei Esther Rahm vom Harburger Kanu-Club, die ein Jahr jüngere Cousine von Svenja, und Nadine Schenke aus Hannover. Diese Renngemeinschaft wurde hinter einer Startgemeinschaft aus Dresden und Leipzig ebenfalls Vizemeister.

Aber es gab nicht nur Freudentränen für die Harburger bei diesen 88. deutschen Meisterschaften. Der Vierer im jüngeren Jahrgang, bei den 16-Jährigen, war mit der besten Vorlaufzeit ins 500-Meter-Finale geschossen. Schlagfrau im Boot ist Cynthia Grunow, die Dritte des Harburger KC, dazu Esther Rahm, Judith Schwarz (Hannover) und Julia Günther (Bremen). Einen Tag vor dem Endlauf bekommt das Mädchen aus Bremen eine starke Erkältung. Gewechselt werden durfte nicht. Also, entweder den Kajak-Vierer abmelden oder die Erkrankte einsteigen lassen. Tat sie dann auch. Bis zur Hälfte der Strecke lag das Boot in Führung. Dann aber war Günther mit ihren Kräften am Ende. Sie kamen als Fünfte ins Ziel und suchten Trost bei Eltern und Trainer.