Manfred Westermann vom ADAC-Ortsclub Lüneburg ist mit 81 Jahren der älteste Motorradsportler Deutschlands

Reppenstedt. Es ist schon ein bunter Haufen, der immer wieder zusammen findet, wenn im deutschen Trial-Sport der Deutschland Cup ausgefahren wird. Zum zweiten Lauf, der vom Ortsclub Lüneburg im ADAC ausgerichtet wurde, waren 95 der Aktivisten aus ganz Deutschland und sogar aus der Schweiz zusammen gekommen. An den steilen Hängen im Sicherheitszentrum demonstrierten die meist älteren Fahrer auf zum Teil noch älteren Maschinen den klassischen Trialsport. Beim Classic-Trial dürfen in der Pre 65-Kategorie nur Motorräder gefahren werden, die vor 1965 gebaut wurden. Für die zweite Kategorie sind nur Maschinen mit einem Twinshocker, also Maschinen, wie sie vor fast 40 Jahren im Trialsport üblich waren.

Beim sportlichen Treffen der Traditionalisten erinnerte Gerald Franz, Vorstandmitglied im Ortsclub, Koordinator der Veranstaltung und selbst aktiver Classik-Fahrer, noch einmal an die Anfänge. "Hier bei uns im Norden ist die älteste Disziplin im Motorradsport in Deutschland eingeführt worden, und zwar von englischen Soldaten, die auch in Lüneburg stationiert waren", sagte er. Und einer, der schon dabei war, ist jetzt beim D-Cup noch immer durch die zehn Sektionen balanciert. Deutschlands ältester Trialsportler kommt aus Lüneburg, genauer gesagt aus Reppenstedt. Auch wenn Manfred Westermann im nächsten Monat seinen 82. Geburtstag feiert, er und seine Zündapp von 1956 bleiben noch lange in Gang.

Es war an einem Sonntag in Lüneburg vor 59 Jahren. Auf einer Tankstelle am Lambertiplatz hatten sich jungen Burschen mit ihren Motorrädern versammelt. "Plötzlich sagte einer", erinnert sich Manfred Westermann, "in Soltau soll es was ganz Neues geben. Mit 18 Leuten sind wir hingefahren und haben mitgemacht."

Was aber hat ihn da so gepackt, dass die Leidenschaft auch nach fast 60 Jahren nicht erloschen ist? "Ganz einfach", sagt der Mann, der auch als Dachdeckermeister noch immer aktiv und ganz oben ist, "ich habe mit meiner NSU Max gewonnen. Und bin dabei geblieben." Es war ja nicht nur die Freude am Zweirad, die den damals 23-Jährigen antrieb. Als ehemaliger Turner und Ringer brachte er auch die besten körperlichen Voraussetzungen für die Artistik auf dem Motorrad mit.

Die vielen Pokale, die er damals schon mit nach Hause brachte, hatte er im Keller in Kisten verstaut. "Aber meine Freundin hat gesagt, die hast du dir verdient, die zeigst du auch. Da habe ich Vitrinen angeschafft." Die Pokale blieben, die Freundin ging. Es kam eine neue Liebe, die Ehe, Sohn Frank und Tochter Bettina wurden geboren. Vor gut zehn Jahren, da war Manfred Westermann schon länger Witwer, meldete sich nach 48 Jahren die alte Freundin wieder. "Seit zehn Jahren leben wir zusammen", erzählt der lebensfreudige Altmeister, "und seit zehn Jahren fahren wir gemeinsam zu Trialveranstaltungen in ganz Deutschland."

Der Sport mit jungen Burschen von 50 und 60 Jahren hält fit

Was ihn denn mit über 80 noch immer am Wettkampf mit 20, 30 und manchmal sogar 60 Jähre Jüngeren so begeistert? "Der Umgang, so ist meine Lebenserfahrung, prägt einen Menschen. Wenn einer beispielsweise Altenpfleger ist, dann spricht er meist lauter, geht langsamer, man spürt das eben", sagt Westermann. Und fügt lachend hinzu: "Mich hält der Sport mit so jungen Burschen von 50 oder 60 Jahren jung. Dazu kommen das gemeinsame Training und die Wettbewerbe, das hält mich so fit, dass ich auch noch immer aufs Dach steigen kann."

Nach mehr als 50 Jahren mit hunderten Läufen und schwierigsten Sektionen hat es Manfred Westermann vor fünf Jahren das erste Mal schwer erwischt. "Da habe ich mir das Kniegelenk so verdreht", sagt Deutschlands ältester Trialfahrer, "da stand der Unterschenkel neben dem Oberschenkel. Die Bänder, die ich mir dabei gerissen habe, sollte ich in meinem Alter nicht mehr flicken lassen, riet der Arzt damals. Jetzt gehe ich einmal in der Woche in die Mucki-Bude und trainiere die Muskeln, damit die mein Knie zusammen halten."

In der vergangenen Saison ist Manfred Westermann noch alle 20 Läufe um den Deutschland-Cup gefahren. "Aber jetzt hat meine Regierung gesagt, dreh das Gas runter", sagt er, "da meine Frau aber weiß, dass ich Entzugserscheinungen bekomme, fahren wir jetzt nur noch zu den Läufen der Hanse-Classics in Norddeutschland."

Bei der Veranstaltung seines Ortsclubs Lüneburg war Senior Westermann Dritter in seiner Klasse geworden. In der schwierigsten Klasse gewann Jürgen Baumann vom MC Ebstorf auf einer Zündapp die Prüfung in der Pre65, im Wettbewerb der Twinshocker siegte Kai Struhls auf Honda vom Trial-Team Bendestorf. Gero Kressel, 16-jähriger Sohn von Koordinator Gerald Franz, wurde in dieser schwierigsten Prüfung Fünfter und Sechster.