Harburg. Der Name Mentor Aziz Ejupi sagt den wenigsten Harburgern etwas, obwohl er einer von ihnen war. Bekannter war er unter seinem Spitz- und Künstlernamen „Toro“. Der Maler Toro und Harburger Bürger Mentor Aziz Ejupi ist am Donnerstagmorgen gestorben. Er wurde nur 56 Jahre alt.
1967 kurz nach Neujahr im Kosovo geboren, in Pristina aufgewachsen und ausgebildet, bekam Toro schon in jungen Jahren Schwierigkeiten mit der heimischen Obrigkeit. Seine Pro-Albanische und damit Anti-Jugoslawische Haltung sorgte dafür, dass er die Kunstakademie in Pristina nicht zu Ende besuchen durfte. Toro sattelte um auf ein Marketing-Studium, wurde Journalist und hörte nicht auf anzuecken. Irgendwann war es soweit, dass er in der Heimat keine Perspektiven mehr hatte.
Seine Zeit als Kellner in der Altstadt ließ ihn in Harburg ankommen
Ein Jobangebot in Utrecht brachte Toro 1993 nach Harburg, wo er eigentlich auf dem Weg in die Niederlande für ein paar Tage seinen Onkel besuchen wollte. Er blieb. Statt eines sicheren Jobs als Illustrator folgte eine Lebensphase in der Toro mehr Altstadt-Kellner, als Neuzeit-Künstler war. Das allerdings ließ ihn in Harburg ankommen und sich vernetzen.
Einer der ersten Harburger, die auf seine Fähigkeiten aufmerksam wurden, war Hermann Krüger, Gründer der Kinderhilfeeinrichtung „Löwenhaus“. Unter dem Projekttitel „LöwenArtHouse“ verschönerte Toro zusammen mit Kindern aus benachteiligten Familien den öffentlichen Raum – seien es Illustrationen an Bauzäunen oder die bunte Gestaltung der Setzstufen an der Treppe zwischen Gloria-Tunnel und Harburg-Center.
Er versenkte mehrere riesige Leinwände im Hafen und machte bundesweit von sich reden
Wenig später machte Toro bundesweit von sich reden, als er das Wasser des Harburger Binnenhafens sich selbst malen ließ: Toro versenkte mehrere riesige Leinwände im Hafen und überließ sie wochenlang den Elementen. Das überaus sehenswerte Ergebnis stellte er danach im Kunstverein Harburger Bahnhof aus.
2013 suchte die Stadt jemanden, der dem Gloria-Tunnel mit Kultur und Gastronomie neues Leben einhauchen konnte. Auf beiden Feldern bewandert, bewarb sich Toro und bekam den Zuschlag. Im „Art Café Mytoro“ wirkte er als Wirt, Kulturmanager und „Artist in Residence“. Durch ihn lernten interessierte Harburger internationale Konzeptkünstler kennen, sahen ihn zwischen diesen Ausstellungen mal hinter dem Tresen, mal bei der Künstler-Arbeit im gläsernen Atelier.
Mit der Ausstellung „Harburg – Love it or Leave it“ kehrte er aus dem Exil zurück
Besonders in der Zeit der so genannten „Flüchtlingskrise“ gab es hier erhellende Kunstschauen, sowohl von frisch angekommenen Künstlern, als auch von bereits hier etablierten, die sich mit Flucht, Migration und Heimweh beschäftigten. Ohne öffentliche Förderung trug sich dieses Konzept allerdings wirtschaftlich nicht und die öffentliche Hand wurde immer knauseriger. Genervt kündigte Toro an, mit Harburg künstlerisch nichts mehr am Hut haben zu wollen – und irrte sich.
Nach wenigen Jahren im künstlerischen Exil nördlich der Elbe kehrte Toro mit einer Art Hassliebe-Ausstellung „Harburg – Love it or Leave it“ zurück. Es folgten weitere Konzeptausstellungen mit großformatigen Werken und Themenschwerpunkten: Mutter Theresa und Charles Bukowski. Bei der Arbeit an der Bukowski-Ausstellung „In Excess“ hatte Toro mehrere Schwächeanfälle. Was er zunächst auf die Erschöpfung schob, entpuppte sich als weit fortgeschrittene Krebserkrankung.
Dann jedoch holte ihn der Krebs wieder ein
Toro stellte sich der Krankheit und 2022 sah es so aus, als hätte er den Kampf gewonnen. Noch sichtlich davon gezeichnet, kam er mit der Ausstellung „Kalon“ aus vielen kleinformatigen Bildern zurück. Dann jedoch holte ihn der Krebs wieder ein.
Toros Stil bedient sich mit Anleihen aus den großen Kunstrichtungen des 21. Jahrhunderts: Abstrakte Kunst, Kubismus, Expressionismus, Pop-Art, Surrealismus. Das streitbare Anecken hat er auch später in seinem Leben nie verlernt. Dennoch war er ein Aushängeschild sowohl für die Harburgerinnen und Harburger, als auch für die albanische Gemeinde in ganz Norddeutschland.
Mentor Aziz Ejupi hinterlässt eine Frau sowie zwei erwachsene Kinder und stand nur Tage davor, Großvater zu werden. Eine Trauerfeier findet/fand bereits am Freitagnachmittag statt. Die Beerdigung ist am Sonntag in Podujeva im Kosovo geplant.
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