Musik

Buchholzer Liedermacherin spielt beim Kinder-Woodstock

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Hanna Kastendieck
Bunt, fröhlich und verspielt sind die Auftritte von Kinderliedermacherin Larissa Schories.

Bunt, fröhlich und verspielt sind die Auftritte von Kinderliedermacherin Larissa Schories.

Foto: Fred Gasch / HA

Zum WeltKindertag veranstaltet das Netzwerk Kindermusik.de ein Open-Air-Kindermusik-Festival unter Corona-Bedingungen.

Buchholz/Hamburg.  Es soll ein Open-Air-Festival werden, das es so noch nie gegeben hat. Wenn am 20. September rund um den Globus der Weltkindertag gefeiert wird, wird Larissa Schories endlich wieder singen. Für die Kinder – mit den Kindern. Sechs Monate lang war das nicht möglich. Die Corona-Maßnahmen haben die Kinderliedermacher bundesweit still werden lassen. Jetzt gehen die Musiker zum ersten Mal wieder deutschlandweit auf die Bühnen und laden Kinder und Eltern ein, dabei zu sein.

Auf diesen Tag arbeitet Larissa Schories seit Wochen hin. Auch wenn die Buchholzer Künstlerin wie alle anderen Protagonisten ohne Gage auftreten, die Kosten für Hygienemaßnahmen, Sicherheitspersonal, Bühnen und Equipment selbst tragen, ist sie froh, endlich wieder das tun zu können, was ihr am Herzen liegt. „Musik ist mein Beruf und meine Berufung“, sagt sie. „Wir Musiker durften seit März nicht mehr auftreten, um so glücklicher sind wir, jetzt eine Möglichkeit gefunden zu haben, uns wieder zu zeigen.“

Initiiert wurde das Kinder-Woodstock-Festival vom Netzwerk kindermusik.de. Die Idee der Künstler: Kindern trotz Corona-Einschränkungen eine Kulturarbeit anzubieten, die sie beteiligt und ernst nimmt. Dafür bringen die Musiker am 20. September ihre Lieder und Instrumente mit und veranstalten in Kooperation mit Kinderschutzbund, Waldkindergärten und Naturschutzbund etliche Konzerte im Grünen. „Wir machen Musik für Kinder mit altersgerechten Texten in angemessener Darreichungsform und begegnen den Kindern auf Augenhöhe“, sagt Larissa Schories. „Unser Anspruch ist, sie ernst zu nehmen und mit qualitativ hochwertiger Musik stark zu machen.“

„42 starke Kinderlieder für eine bessere Welt“

Um das zu erreichen, veröffentlichten die Kinderliedermacher gemeinsam im vergangenen Jahr die Doppel-CD „42 starke Kinderlieder für eine bessere Welt“. „Dann kam Corona“, sagt Larissa Schories. „Und die meisten von uns waren mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt. Mit der bundesweiten Aktion ‚Kinder-Woodstock‘ wollen wir Musiker uns wieder zurückmelden und gleichzeitig auf unsere prekäre Lage hinweisen. Wir sind auf Unterstützung angewiesen, damit es in der Zukunft noch Konzerte für die ganze Familie geben kann.“

Die Kinderlied-Erfinderin und Sängerin ist davon überzeugt, dass Kinder Gesang brauchen. „Wenn Singen verboten wird, weil es die Gesundheit gefährdet, wird Kindern ein wesentlicher Teil ihres Entwicklungspotenzials vorenthalten“, sagt sie. „Wir Kinderliedermacher singen für und mit den Kindern, vermitteln kulturelle Werte von Frieden und Freiheit, haben Spaß und regen zum Mitmachen und Mitdenken an. Musik macht Kinder stark.“

Welche Kraft Musik entfalten kann, und dass gemeinsames Singen selbstbewusst und sicher macht, erfährt die Musikerin immer wieder bei ihren Auftritten auf Stadt- und Dorffesten, in Kindergärten und Schulen. Es sind Gemeinschaftserlebnisse, Konzerte, bei denen nicht nur die Musikerin agiert, sondern auch die kleinen Zuschauer eifrig mitmachen. „Es ist für alle, die dabei sind, ein tolles Erlebnis“, sagt sie.

Erste Lieder für den Sohn

Ihre ersten Kinderlieder hat die Musikerin vor 15 Jahren geschrieben. Damals war ihr Sohn Marvin fünf Jahre alt. Die ersten Songs waren eigentlich nur für ihn bestimmt. Doch dann hörten die Eltern in der Kita von den Liedern. Sie baten Larissa Schories darum, die Stücke für sie auf CD zu brennen. Das war der Anfang. Der eigentliche Durchbruch kam 2012 mit dem Song „Menschenkinder“.

Die Liedermacherin hatte sich damit beim Geraldino Kinder-Musik-Festival in Nürnberg beworben und sich unerwartet gegen 75 Mitbewerber durchgesetzt. Ihr Lied wurde mit dem bundesweiten Kindermusikpreis ausgezeichnet. Seitdem ist sie auch offiziell als Kinderliedermacherin in Deutschland bekannt. „Ich hatte damals nicht einmal einen Künstlernamen“, sagt sie. „Also habe ich mich aus der Not heraus „Larissa und die Coolkids“ genannt. Dabei ist es geblieben.

Doch Larissa Schories steht nicht nur für die Kleinen auf der Bühne. Gemeinsam mit Ehemann Klaus-Jürgen, der in Künstlerkreisen nur „Schnitzel“ genannt wird, singt sie seit 15 Jahren in der Cover-Band „Les Amis“ und sorgt mit ihren Mitstreitern für volle Tanzflächen und gute Stimmung im Norden. Sie spielen auf Hochzeiten, Tanz-Galas, Abibällen und Dorffesten – und zwar alles, was zum Tanzen einlädt.

Die Spice Girls des Ostblocks

Dabei liegen die Wurzeln der in Bulgarien geborenen Musikerin eigentlich in der Klassik. Nach der Grundschule ergatterte sie sich einen der begehrten Plätze an der National Music School in Sofia, spielte als Kind in der bekannten Kinderphilharmonie „Pionier“. Nach dem Abschluss begann sie an der dortigen Hochschule für Musik zu studieren. Doch da schlug ihr Herz eigentlich schon für die Rock- und Popmusik. Gemeinsam mit ein paar Freundinnen gründete sie die Girls-Band „Illusion“.

„Wir waren so etwas wie die Spice-Girls des Ostblocks“, sagt sie. „Aber wir wollten im Westen berühmt werden. Also haben wir uns dort eine Agentur gesucht.“ Fünf Jahre tingelten die Mädchen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Dann war die Luft raus. Die Band löste sich auf. Larissa Schories blieb in Deutschland, bewarb sich als Sängerin bei der Schleswig-Holsteiner Band Tin Lizzy. Dort lernte sie „Schnitzel“ kennen. 1997 heiraten sie. Drei Jahre später kam Sohn Marvin auf die Welt.

„Ich bin glücklich in meinem Beruf“

Mit Marvin begann die Reise zu den Kinderliedern. Eine Reise, die Larissa Schories seitdem nie bereut hat. „Ich bin glücklich in meinem Beruf“, sagt sie. „Mein Ziel ist es, die Kinder spielerisch zu ermutigen, die eigenen Stärken zu entdecken und sie dabei zu unterstützen, ihr Recht auf Selbstbestimmung wahrzunehmen, um auch bei Begegnungen mit Mobbing und Gewalt selbstbewusster auftreten zu können.“ Es sind Botschaften, die der Musikerin am Herzen liegen und die jedes Kind hören sollte.

Um so glücklicher ist sie, im Rahmen des Kindermusik-Festivals endlich wieder vor und mit dem kleinen Publikum singen zu können. „Wir sind gezwungen, uns in der Pandemie neu zu erfinden“, sagt die Musikerin. „Es darf nicht sein, dass die Kindermusik stirbt. Musik stärkt Gemeinschaften. Und genau das brauchen wir in der Krise mehr denn je.“

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