Hamburg. Er malte schon die Viermastbark „Peking“, als sie noch für die Reederei Laeisz als „Flying-P-Liner“ über die Weltmeere segelte: Johannes Holst, 1880 auf der Elbinsel Altenwerder geboren, gehört zu den bedeutendsten deutschen Malern des maritimen Genres. Das Internationale Maritime Museum (IMMH) widmet dem „Genie von Altenwerder“ jetzt die Sonderausstellung »Johannes Holst – Maler der See«, benannt nach einem Buch von Walter König, das 2019 im Koehler Verlag erschienen ist. Rund 70 Gemälde sind bis zum 19. Juli in dem Museum am Rande der Speicherstadt zu sehen.
Holst malte mit fast fotografischer Genauigkeit
Mit 14 Jahren schuf Johannes Holst seine ersten Bilder. Die durch hohe See segelnde „Peking“ verewigte er 1960 in Öl auf Leinwand. Seine letzten Werke stammen aus dem Jahr 1965, in dem er im Alter von 85 Jahren verstarb. Der Umfang seines künstlerischen Schaffens kann nur geschätzt werden. Es dürften um die 2500 Gemälde sein. Holst malte seine Schiffsporträts mit fast fotografischer Genauigkeit. Man könnte nach ihnen einen Segler takeln, heißt es. „Holst hat die Welt der Schiffe geliebt“, sagt Petra Giebel, Kuratorin der Ausstellung. Windjammer bilden sein Hauptmotiv, aber die Bandbreite der dargestellten Schiffe reicht vom Finkenwerder Kutter bis zum Luxusdampfer „Cap Arcona“.
Im Kampf mit den Elementen
Viele Gemälde zeigen Segelschiffe im Kampf mit den Elementen, tragen Titel wie „Segeln gegen das Unwetter“ oder „In schwerer See“. Andere Schiffe verlassen gerade den Hamburger Hafen, begleitet von Dampfschleppern. Auch den Hafen selbst bildete Holst ab – historische Zeitzeugnisse in Öl.
Ein anderes, immer wiederkehrendes Motiv sind Wind und Wellen ohne Schiffe. Und die kommen meist gewaltig daher: Große Wogen türmen sich auf, der Wind weht Gischt von ihren Kämmen, darüber ein bewegter Himmel mit imposanten Wolken. In seinen „Seestücke“ genannten Naturstudien malte Holst die perfekte Welle. So realistisch, dass sie den empfindsamen Betrachter fast seekrank macht. Das Meer hat Holst fasziniert, er hat es immer wieder bereist.
Fotostudien von Wolken und Wasser
„Mit seiner Leica hat er Fotostudien von Wolken und Wasser gemacht“, sagt Giebel. Schon als Schüler fuhr er mit Verwandten und Nachbarn raus zum Fischfang und war begeistert von der Farben- und Formenvielfalt der See, die er später auf der Leinwand verewigte. Und so wurde er zu einem leidenschaftlichen Segler, der sogar seine eigene Yacht baute: „Mia Lisa II“ zimmerte er im Frühjahr 1924 im Keller seines Hauses. Um Ostern begann er mit dem Bau, wenige Wochen später gewann er mit der Yacht die Pfingstregatta nach Helgoland. Ohne Kojen und Innenausbau.
Gemälde als Währung
Johannes Holst lebte von der Malerei. Er hat seine Werke an Kunstsammler und Liebhaber in alle Welt verkauft. Vereinzelt nutzte er seine Bilder als Währung. Brauchte Holst ein neues Segel, durfte sich der Segelmacher aus Altenwerder im Atelier ein Bild aussuchen. Selbst sein Friseur erhielt die Gemälde-Währung. Nach dem Krieg wurden Lebensmittel gegen Kunst getauscht. Aber diese Handelsform blieb die Ausnahme, die weitaus meisten Gemälde wurden verkauft.
Auch heute gibt es einen Markt für die zeitlos-klassischen Motive. Zum Beispiel in der Galerie Deichstraße. 18 Originale und 80 Kunstdrucke hat Klaus Jørgensen derzeit im Angebot. „Holst ist mein Lieblingskünstler“, sagt der Galerist, der selbst seit dem sechsten Lebensjahr segelt. Jahrzehntelang hat Jørgensen die Werke viel an Reeder verkauft – „alle deutschen Reedereien haben Holst hängen“. Heute seien es private Sammler und Freunde der Seefahrt, und das Publikum werde jünger, hat Jørgensen festgestellt.
Die ersten Bilder malte Holst mit 14 Jahren
Holst brachte schon im Alter von 14 Jahren die ersten Bilder zu Papier. Als Kind saß er am Elbufer und skizzierte vorbeiziehende Schiffe. Sein Lehrer erkannte sein ungewöhnliches Zeichentalent und machte seinen Vater darauf aufmerksam. Später förderte der Dekorations- und Schiffsmaler Hinrich Paul Lüdders das junge Talent, das bei ihm in Finkenwerder eine Malerlehre absolvierte. Johannes Holst hatte noch weitere Talente. Neben der Malerei spielte er zum Beispiel Geige und Cello und lud zu Hauskonzerten ein. Die Instrumente baute er selbst. Rund 200 Stück sollen es gewesen sein. Und so präsentiert das IMMH neben Gemälden auch zwei von ihm gebaute Geigen.
Öffnungszeiten sind täglich 10 bis 18 Uhr mit besonderen Hygienevorschriften, Eintritt: Erwachsene 13 Euro, ermäßigt 9,50 Euro, derzeit keine Führungen und Vorträge, weitere Informationen unter www.imm-hamburg.de
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