Pandemie

Virus-Angst sorgt für leere Einkaufsstraßen

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Im Bäckerwagen von Maren Schlichtung in Neugraben wurde fast sämtliche Ware gekauft.

Im Bäckerwagen von Maren Schlichtung in Neugraben wurde fast sämtliche Ware gekauft.

Foto: Axel Tiedemann / HA

Erster Corona-Toter im Kreis Harburg – Landkreise Stade und Harburg schließen auch Restaurants. Landrat Rempe appelliert an Bürger.

Harburg/Winsen.  Die Corona-Epidemie hat nun auch im Landkreis Harburg zu einem ersten Todesfall geführt. Nach Information der Landkreisverwaltung handele es sich dabei um einen 87-jährigen Mann, der mit einer Vorerkrankung in der Nacht zu Sonnabend im Krankenhaus in Winsen verstorben sei.

„Ich habe mit großer Betroffenheit soeben erfahren, dass das Coronavirus in unserem Landkreis das erste Opfer gefordert hat“, sagte Landrat Rainer Rempe in einer ersten Stellungnahme am Wochenende. Nach letztem offiziellen Stand sind im Landkreis Harburg inzwischen 72 Corona-Fälle bestätigt. Im Landkreis Stade sind es 58 nachgewiesene Erkrankungen. Hier gibt es auch schon sieben Gesundungen.

„Der Todesfall führt uns noch einmal vor Augen, wie ernst wir das Coronavirus nehmen müssen“, sagt der Harburger Landrat weiter. Er appelliere daher dringend an alle Bürger und Bürgerinnen, sich strikt an die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu halten. Rempe: „Bleiben Sie soweit möglich zuhause.“ Nur so könne man die Ausbreitung verlangsamen und das Gesundheitssystem am Laufen halten.

Restaurants, Imbisse, Mensen und Systemgastronomien sind dicht

Als weiteren Schritt im Kampf gegen die Corona-Ausbreitung sind die beiden Landkreise inzwischen der Stadt Hamburg gefolgt: Seit dem Wochenende sind auch in Buxtehude, Buchholz oder Seevetal die Restaurants, Imbisse, Mensen und Systemgastronomien wie McDonalds durch Anordnung landkreisweit für den öffentlichen Publikumsverkehr geschlossen.

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen

Bisher konnten sie teils bis 18 Uhr geöffnet bleiben. Die Regelung gilt dem Landkreis Stade zufolge zunächst bis 18. April. Diese Gastrobetriebe dürften jetzt ihre Produkte nur noch nach telefonischer oder übers Internet erfolgter Bestellung als Außerhausverkauf anbieten. Der Verzehr der abgeholten Speisen sei dabei nur in einem Umkreis von 50 Metern zu den Betrieben zulässig, heißt es in der Allgemeinverfügung der beiden Landkreise.

Menschen sind immer auf Abstand bedacht

Unterdessen halten sich die Menschen offenbar zu großen Teilen an die Vorgabe, möglichst wenig hinaus zu gehen. Während auf politischer Ebene eine noch weiter gehende Ausgangsbeschränkung wie schon in Bayern diskutiert wird, zeigt ein kurzes Stimmungsbild vom späten Sonnabendvormittag schon jetzt eine deutliche Veränderung des Alltags. Zum Beispiel in der Altstadt von Buxtehude, die sonst für die Menschen in der Süderelbe-Region ein starker Einkaufsmagnet ist. Durch die Fußgängerzone schlendern jetzt nur wenige Menschen, immer auf Abstand bedacht.

Nur am noch geöffneten Wochenmarkt sieht man ein paar mehr Altstadtbesucher. Vor dem Modegeschäft Stackmann herrscht an solchen Tagen normalerweise fast Gedränge, viele Stühle und Tische von Cafés stehen dann draußen. Jetzt ist die Fußgängerzone nahezu leergefegt, ein Schild bei Stackmann weist darauf hin, dass das Haus voraussichtlich bis 18. April geschlossen sei. „Besuchen Sie in dieser Zeit gern unseren Onlineshop“, ist darauf zu lesen.

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Und eine Bitte: „Bleiben Sie gesund!“ Ein paar Kilometer weiter zeigt sich in Neu Wulmstorf ein in diesen Tagen eher irritierendes Bild: Vor dem gerade neu eröffneten Famila-Markt wartet eine Schlange mit Kunden relativ dicht beisammen auf Einlass, der von Sicherheitsleuten geregelt wird. Bei der Weiterfahrt auf der B 73 Richtung Harburg ebenfalls ein ungewohntes Bild für einen späten und sonnigen Sonnabendvormittag: Noch fahren dort Pkw, der laue Verkehr erinnert aber eher an einen ruhigen Sonntag. Links und rechts sieht man Baustellen, wo noch gearbeitet wird.

Fußgängerzone deutlich weniger besucht

In Neugraben zeigt sich die Fußgängerzone deutlich weniger besucht, nur vor einem Imbiss steht eine Gruppe beisammen. Auf dem Wochenmarkt selbst kaufen weiter Kunden ein, man sieht aber, wie Abstand gehalten wird. Vor einem Bäckerwagen fordert ein Schild auch dazu auf: „Bitte Abstand halten!!! Nur so dürfen wir auch weiter weiter für Sie da sein. Danke.“

Im Verkaufswagen steht Verkäuferin Maren Schlichting jetzt kurz vor Mittag vor weitgehend leergekauften Brotregalen: „Es ist heute sogar mehr los als sonst“, hat sie beobachtet. Die Leute hätten ihr berichtet, dass sie sich in der frischen Luft besser und sicherer fühlten als in einem Supermarkt. Man könne hier auch besser auf Abstand achten, glaubt sie. Abstand ist auch das Wort der Stunde in der nahen Harburger Fußgängerzone in der Lüneburger Straße.

Wo sonst Bäckereien Tische draußen stehen haben und ein multikulturelles Gewusel herrscht, huschen nun nur wenige Menschen über die Straße, geöffnet sind nur noch die Gemüseläden, Bäcker und ein Kiosk. Viele Menschen tragen eine Schutzmaske: Doch das ist in diesen Tagen nicht einfach: „Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel sind aktuell leider ausverkauft“, steht auf einem Schild einer Apotheke.

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