Gutachten

Buxtehude droht bis 2030 ein Verkehrskollaps

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Axel Tiedemann
Buxtehude vor dem Verkehrskollaps, hier die Zufahrt zur Kreuzung direkt am Bahnhof

Buxtehude vor dem Verkehrskollaps, hier die Zufahrt zur Kreuzung direkt am Bahnhof

Foto: Axel Tiedemann / HA

Mehr Einwohner und die geplante A 26: Verkehrsplaner untersuchen die Folgen. Auch zwei neue Parkhäuser sind im Gespräch.

Buxtehude.  Wer am späten Nachmittag mit dem Auto gelegentlich quer durch die Stadt fahren will, ahnt es längst: Rund um den Buxtehuder Bahnhof ist dann kaum ein Vorankommen. Ob Pendler aus dem nahen Umland oder Einkaufskunde aus Neu Wulmstorf und Süderelbe – Buxtehude präsentiert sich hier als gefühlte Dauerstaustadt.

Der Verkehr, so scheint es, ist mit den Einwohnerzahlen in den vergangenen Jahren gewachsen. Diese subjektive Gefühl ist nun von Verkehrsplanern mit konkreten Zahlen bestätigt worden. Die „Planersocietät“ aus Bremen untersuchte dazu für ein Verkehrsentwicklungskonzept im Auftrag der Hansestadt heutige Verkehrsströme und entwickelte darauf eine Prognose für das Jahr 2030. Also zu einem Zeitpunkt, an dem die Autobahn A 26 zwischen Stade und Hamburg auf jeden Fall fertiggestellt sein wird und Buxtehude voraussichtlich an der Rübker Straße eine eigene Anschlussstelle hat.

Wenig überraschend dabei ist noch die Erkenntnis, dass auf dieser Straße dann die Verkehrszahlen deutlich ansteigen werden. Und zwar von derzeit 8000 Fahrzeugen am Tag auf dann 22.400. Wenig überraschend auch die Feststellung, dass die neue Autobahn hingegen auf der Bundesstraße 73 eine deutliche Entlastung bringen wird.

Aber die Verkehrsplaner kommen auch zu einer anderen Erkenntnis: So seien die Kreuzungen rund um den Bahnhof heute schon an „der totalen Grenze der Leistungsfähigkeit“, wie Planer Sebastian Schröder-Dickreuter bei einer Präsentation der Ergebnisse vor Ratsmitgliedern sagte. Mit der Fertigstellung der A 26 werde sich das Ganze dann noch verschlimmern. So vergaben die Planer für die Kreuzungen Bewertungen von A bis F – was in etwa den Schulnoten 1 bis 6 entspricht.

In der Prognose für 2030 ist dann für fast alle dieser kritischen Bereiche ein „F“ zu sehen. Also eine „6“. Grund: Nach der Prognose wird der Verkehr von und zur Autobahn quer durch die Stadt eben noch einmal deutlich zunehmen. An der Unterführung der Bahn beispielsweise von derzeit etwa 27.000 auf rund 31.000 Fahrzeuge täglich.

Also rund 4000 mehr auf einem Abschnitt, wo man heute schon zeitweise kaum vorankommt. „Das ist jetzt schon kritisch und das wird sich noch verschärfen“, kommentierte Buxtehudes Stadtbaurat Michael Nyveld dann auch die Zahlen. „Wir müssen uns dringlich etwas einfallen lassen“, appellierte er an die Kommunalpolitik. Tatsächlich sind die jetzt vorgestellten Zahlen erst noch Teil einer großen Verkehrsanalyse, über konkrete Maßnahmen will die Stadt in den kommenden Monaten beraten.

Gleichwohl hatten die Planer auch die Aufgabe, bestimmte mögliche Szenarien in weiteren, sogenannten Planfällen zu berücksichtigen. So untersuchten sie beispielsweise auch, wie sich der Bau eines Parkhauses mit rund 250 Plätzen am Bahnhof auf die Verkehrsströme auswirken würde. Einmal betrachteten sie die möglichen Folgen, wenn es südlich des Bahnhofs gebaut wird. Und dann, wie sich ein Bau auf der nördlichen Seite auswirken würde.

Ergebnis: Beide Varianten würden die Nord-Süd-Verkehre in der Stadt zusätzlich zum A-26-Zubringerverkehr noch einmal erhöhen, allerdings nur um einige hundert Fahrzeuge. Ein Parkhaus würde die Lage daher nur noch in „Nuancen“ verschlechtern, so Stadtbaurat Nyveld: „Ob Sechs-Minus, oder Sechs-Minus-Minus ist dann auch egal.“

Tatsächlich ist es aber erklärter Wille der Stadt, ein solches Parkhaus zu bauen, um für Bahn-Pendler ein besseres Angebot zu schaffen, wie viele Politiker bekräftigten. Zumal die Straßen rund um den Bahnhof täglich von Bahnnutzern, die von außerhalb mit eigenem Auto anreisen, zugeparkt werden. Selbst Urlauber lassen dort mittlerweile ihre Fahrzeuge wochenlang stehen, wenn sie mit der S-Bahn zum Flughafen anreisen wollen – zum Ärger der Anwohner.

Weil aber eben ein Parkhaus im Süden zusätzlichen Verkehr aus dem Norden – oder umgekehrt – erzeugen wird, folgte der zuständige Ratsausschuss einem Vorschlag der SPD-Fraktionschefin Astrid Bade, wonach die Bremer Planer auch noch einmal die zusätzliche Variante prüfen sollen, wenn Buxtehude gleich zwei Parkhäuser bauen würde - eines südlich und eines nördlich der Bahn.

Entlastung könnte eine neue B-73-Zufahrt bringen

Während die „Planfälle“ zum Parkhaus wenig Hoffnung auf eine Entspannung der Lage machten, sieht es bei einem dritten Szenario ganz anders aus. Dabei prüften die Gutachter aus Bremen den Bau einer neuen B-73-Abfahrt in das Gewerbegebiet am Alten Postweg. Ihr Fazit: Das würde nicht nur die Innenstadt von Lkw-Fahrten entlasten, diese neue Strecke würden auch viele Autofahren wählen, um sie als A 26-Anbindung zu nutzen – ohne sich über die Kreuzungen in der Stadt zu quälen.

Eine weitere mögliche Entlastungsstrecke im Westen Buxtehudes haben die Planer indes nicht mehr weiter geprüft. So hatten sich vor allem die Grünen dafür stark gemacht, eine solche „Westumfahrung“ zwischen A-26-Anschlussstelle Jork und B 73 bei Neukloster zu planen – allerdings wäre dazu auch eine komplizierte Bahnunterführung nötig. Das, so ihr Argument, würde nicht nur Anwohner am künftigen Zubringer Rübker Straße entlasten, sondern auch die gesamte Innenstadt.

Doch diese Variante wurde kürzlich bereits von einer Mehrheit der Buxtehuder Ratspolitiker wieder abgeschmettert.

Die A 26 rückt näher an Buxtehude ran

Zeitplan: Noch ist von der neuen Autobahn im Bereich Buxtehude lediglich ein langer Sanddamm zu erkennen, der als „Vorbelastungsdamm“ den moorigen Untergrund festigen soll. Derzeit reicht die fertige A 26 erst von Stade bis zur Anschlusstelle in Jork.

Im Herbst 2019 soll der Sand abgetragen sein und dann bis voraussichtlich Ende 2021 dieser 3. Abschnitt bis Neu Wulmstorf fertiggestellt werden. Anschließend soll auf Hamburger Gebiet bis etwa 2023 der Anschluss an die A 7 erfolgen. Noch allerdings gibt es dazu keinen offiziellen Planfeststellungsbeschluss.

Rechtlich umstritten ist noch die A-26-Anbindung in Buxtehude an der Rübker Straße , wodurch sich dieser Zubringer noch verzögern – oder sogar ganz kippen könnte.

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