Buxtehude. Immer, wenn bei diesem Ortstermin tatsächlich einmal ein Radfahrer den durch weiße Streifen gekennzeichneten Bereich am Rand der Straße nutzte, schien ihn das besonders zu beruhigen: „Da, schon wieder einer, wird ja doch angenommen“, freute sich Stadtbaurat Michael Nyveld dann jedesmal. Muss er auch: Denn Nyveld ist letztlich für die Umsetzung des neuen Buxtehuder Radverkehrskonzept zuständig, dessen erste Maßnahme am Ottensener Weg der Chefplaner der Stadtverwaltung bei einer Rundfahrt (mit Rad natürlich) am gestrigen Donnerstag vorstellte.
Viel Kritik hatte es bereits im Vorfeld gegeben, die sich vor allem auf diese sogenannten Rad-Schutzstreifen auf der Fahrbahn bezog. Autos und Fahrräder müssen sich hier die Fahrbahn teilen. Und weil die Straße relativ eng ist, bedingt dies oft, dass Autofahrer warten müssen, wenn vor ihnen geradelt wird. Solche Schutzstreifen werden zur Zeit auch in Hamburg vielerorts auf den Straßen angelegt, meist aber bleibt den anderen Fahrzeugen dort mehr Platz.
In Buxtehude sind es daher auch eine Art Umerziehungstreifen: „Wir setzen nur optisch um, was heute schon gültige Rechtslage ist“, sagte Nyveld. Auto- und Radfahrer müssten nun lernen, dass auf der Straße geradelt werden darf. Wer das nicht möchte, könne aber immer noch den Gehweg als Radfahrer nutzen, müsste dort aber besondere Rücksicht nehmen.
Die Radschutzstreifen sind auf dem Ottensener Weg – der eine der Hauptachsen Richtung Stadtmitte ist – immer an der Seite der Straße angelegt, wo Radfahrer mit Steigungen zu kämpfen haben. Autofahrer müssen hier also noch mehr Nerven beweisen, weil dort entsprechend langsam geradelt wird. In der Gegenrichtung zeigen lediglich Fahrrad-Piktogramme an, dass dort auch geradelt werden kann.
Grund: Für zwei Streifen ist die Straße zu schmal. Die verbleibende Fahrbahn ohne Schutzstreifen sei mit 4,50 Meter aber immer noch so breit, dass sich dort zwei Pkw begegnen könnten, versicherte der Planer. Und warum hat man nicht gleich einen ausreichend breiten Radweg neu gebaut? „Dazu reicht der Straßenraum nicht aus“, so Nyveld.
Dieses Prinzip aus Schutzstreifen, Piktogrammen und besonderen Fahrradaufstellflächen vor Ampeln soll in den nächsten Jahren auch auf den anderen Hauptachsen der Stadt umgesetzt werden, kündigte der Planer an. Zunächst aber werde im kommenden Jahr eine „Grünachse“ für Radfahrer angelegt. Die soll vom Süden bei Ottensen vorbei an Heidebad und Mühlenteich und dann entlang der Este durch reine Grünbereiche verlaufen. In diesem Zug soll am Mühlenteich auch eine neue Brücke für Radfahrer und Fußgänger gebaut werden.
Wie sicher solche Schutzstreifen, wie sie jetzt in Buxtehude entstehen, tatsächlich sind, ist unter Fachleuten aber umstritten. Die Stadt verweist auf Untersuchungen, wonach es sicherer sei, wenn Radfahrer die Straße benutzen. Denn nur so blieben sie im direkten Blick der Autofahrer und können beim Abbiegen nicht übersehen werden.
Die Unfallforschung der deutschen Versicherungen kommt indes zu einem anderen Ergebnis. Am sichersten sei ein gut ausgebauter und für den Straßenverkehr einsehbarer Radweg, heißt es dort. Schutzstreifen lehnen diese Unfallforscher sogar ab, weil sie Sicherheit für Radfahrer nur suggerieren, aber nicht wirklich bieten würden.
Für eine differenzierte Betrachtung plädiert der Buxtehuder Grünen-Politiker Ulrich Felgentreu, der die Umsetzung eines solchen Konzepts seit Langem fordert. „Der Anfang mit den neuen Streifen ist wohl schwierig, gerade im Berufsverkehr“, sagt er. Klar aber sei auch, dass künftig Radfahrer hier schneller voran kommen, Autofahrer eben langsamer.
Und wer sich am Donnerstag den Straßenzug eine Weile angeschaut hatte, sah beides: Etliche Radfahrer, die trotzdem lieber weiter den alten Radweg nutzten.
Und dann hin und wieder aber auch schnelle Radler mit langsam fahrenden Autos im Nacken auf der Fahrbahn- was Buxtehudes Chefplaner Nyveld immer besonders erfreute.
Verkehrsrecht
Schutzstreifen: Im Unterschied zu Radfahrstreifen sind Schutzstreifen nicht mit einer geschlossenen weißen Linie, sondern mit einer gestrichelten markiert. Sie müssen mindestens 1,25 Meter breit sein und dürfen von Pkw „bei Bedarf“ befahren werden. Allerdings nur in seltenen Fällen, heißt es in rechtlichen Kommentierungen. Aus Sicht Buxtehudes gehört Gegenverkehr auf der schmalen Restfahrbahn zu solchen selten Fällen.
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