Harburg. Die Sitzungsteilnehmer der Harburger Bezirksversammlung am Dienstag werden Kondition brauchen: Nicht nur, dass die Tagesordnung rekordverdächtige 36 Anträge und Zusatzanträge enthält – zuvor gibt es noch eine aktuelle Stunde zum Thema Lärm und das Bürgerbegehren „Yes, We Swim!“ wird behandelt.
Es ist das erste Mal, dass es ein solches Anliegen im Bezirk Harburg so weit gebracht hat: Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Gegen weitere Massenunterkünfte“ aus dem Jahr 2012 hatten nicht genügend berechtigte Unterzeichner zusammenbekommen, das Bürgerbegehren „Save Your Beach“ von 2014 wurde hinfällig, nachdem die Wirtschaftsbehörde die Causa Beach Club an sich und damit dem Bezirk entzogen hatte. Und das Bürgerbegehren „Harburg für eine gute Integration“ wurde zurückgezogen, nachdem bereits im Vorwege ein Bürgervertrag mit und im Sinne der Initiative abgeschlossen wurde.
Der Beschluss zum Bürgerbegehren, das eine lehr- und wettkampftaugliche Schwimmhalle im Harburger Kerngebiet fordert, dürfte ein Selbstgänger sein. Alle Parteien haben ihre Zustimmung angekündigt.
Die Debatte zum Thema „Lärmaktionsplan 2018 für Harburg: Viel Lärm – wenig Aktion?“ haben die Neuen Liberalen (NL) beantragt. Das Recht, Themen für die aktuelle Stunde zu benennen, geht reihum durch die Fraktionen. Die Lärmbelastung gutbürgerlicher Wohnquartiere vor allem durch Verkehr ist eines der Lieblingsthemen der kleinen Partei, deren Fraktion sich 2014 aus abtrünnigen Abgeordneten der Grünen und der SPD bildete.
Der Hamburger Lärmaktionsplan 2018 soll die Fortschreibung des Lärmaktionsplans von 2013 werden. Schon damals wurden zahlreiche laute Straßen in Harburg identifiziert und eine Vielzahl an Maßnahmen erwägt. Umgesetzt wurde letztlich lediglich ein nächtliches Tempolimit auf zwei viel befahrenen Strecken.
Neue Liberale vermuten mehr laute Straßen als aufgeführt
Die Neuen Liberalen befürchten, dass auch bei der Neuauflage des Lärmaktionsplans wenig herauskommen wird. Schon die Kartierung der problematischen Straßen, die im Jahr 2017 erfolgte, kritisieren die Neuen Liberalen: „13 besonders laute Straßen sind nun neu verzeichnet“, schreibt Fraktionsmitglied Isabel Wiest im Blog der Partei, „ob das nun wirklich alle lauten Straßen in Harburg sind, daran kann man zweifeln.“
Während sie den Verkehr auf der Straße reduzieren wollen, sind die Neuen Liberalen dafür, den Schiffsverkehr ab Harburg auszubauen: In einem Antrag fordern sie ein Flusskreuzfahrt-Terminal im Binnenhafen. Verkehr ist auch Thema zweier Anträge der SPD: Zum einen gibt es einen gemeinsamen Antrag mit der CDU, der Tempo-30-Zonen vor zehn sozialen Einrichtungen – weitere solle folgen – an Hauptstraßen fordert, zum anderen gibt es die ebenfalls mit dem Koalitionspartner erhobene Forderung, die Neugrabener Velo-Route nicht an den Hintergärten der Reihenhäuser an der Straße In de Krümm entlang zu führen.
Ein weiterer gemeinsamer Antrag der Großen Koalition beinhaltet eine Aufforderung an die Schulbehörde, die Falkenberghalle zu sanieren. Die Stadtteilschul-Aula hat im nördlichen Neugraben so etwas wie Dorfsaal-Funktion, kann aber seit einigen Jahren nicht mehr voll genutzt werden.
Die Grünen sorgen sich um Harburgs Fußwege und fordern einen Bericht über deren Zustand und vor allem Barrierefreiheit. Die AfD fordert, die „ordnungsgemäße Benutzung der Grabstätten“ auf dem Heidefriedhof wieder zu ermöglichen. Diese sieht sie durch eine Gruppe Rehe gefährdet.
Die Linken fordern einen Runden Tisch mit dem Ziel, den sozialen Wohnungsbau in Harburg zu fördern. In der Summe würden im Bezirk, so die Linkspartei, trotz Neubauprojekten Sozialwohnungen verloren gehen, weil mehr alte Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung fallen, als neue entstünden.
Die Anzahl der Anträge, über die debattiert wird, ist durch die Geschäftsordnung der Bezirksversammlung auf neun begrenzt und unterschiedlich auf die Fraktionen verteilt, je nach deren Größe. So landen manchmal Themen, die an anderen Tagen breit diskutiert werden würden, im hinteren Teil der Tagesordnung, wo bei kontinuierlich abnehmender Redezeit der Parteien nur noch kurze Wortbeiträge zugelassen sind.
Grüne fordern mehr Politiker mit Migrationshintergrund
Der Grünen-Antrag, die politische Einbindung von Migranten und Migrantenorganisationen im Bezirk zu verbessern, ist so ein Fall. Zwar stellen einige Fraktionen Abgeordnete mit Migrationshintergrund, aber längst nicht alle – nicht einmal alle Volksparteien. Dem Migrantenanteil an der Harburger Bevölkerung entspricht der Anteil an den Bezirksabgeordneten jedenfalls nicht. Die Grünen wollen an dieser Schieflage arbeiten.
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