Heimfeld

SPD fordert einheitliche Spielstraßen

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Lars Hansen
Torsten Fuß hält es für widersinnig, dass die kleinen Querstraßen in Heimfeld keine Spielstraßen sind

Torsten Fuß hält es für widersinnig, dass die kleinen Querstraßen in Heimfeld keine Spielstraßen sind

Foto: Lars Hansen / xl

Die kleinen Querstraßen in Heimfeld sind nicht verkehrsberuhigt – doch die großen dürften es auch nicht sein.

Heimfeld.  Da, wo die Konsul-Francke-Straße den Alten Postweg kreuzt, müssen Autofahrer besonders Acht geben: Erstens ist die Kreuzung ein kleiner Kreisverkehr und zweitens ist der große breite Alte Postweg ein verkehrsberuhigter Bereich, in dem die Autofahrer Rücksicht auf alle anderen Verkehrsteilnehmer nehmen müssen. Das gilt auch für die Kreuzung. Kaum ist der Autofahrer jenseits des Alten Postwegs, ist er wieder Herr der Fahrbahn: Der verkehrsberuhigte Bereich wird durch ein Schild aufgehoben. Allerdings beginnt nur 100 Meter weiter der nächste.

Der SPD-Fraktion in der Harburger Bezirksversammlung kommt das widersinnig vor und sie möchte, dass die Konsul-Francke-Straße ebenso wie die parrallel verlaufende Woellmer­straße genauso verkehrsberuhigt werden wie die vier Straßen, die sie kreuzen: Osterhoffstraße, Alter Postweg, Grumbrechtstraße und Friedrich-Naumann-Straße.

Bei der Bezirksverwaltung beißt sie damit allerdings auf Granit: Die beiden Querstraßen erfüllen die Voraussetzungen für verkehrsberuhigte Bereiche nicht. Mehr noch: Auch die vier verkehrsberuhigten Straßen, die sie kreuzen, dürften eigentlich gar nicht als solche ausgewiesen sein, schreibt Bezirksamtsleiter Dierk Tris­pel in einer aktuellen Stellungnahme zu dem SPD-Antrag, den die Bezirksversammlung bereits vor eineinhalb Jahren beschlossen hat.

„Spielstraßen-Verwirrung in Heimfeld“ ist die Überschrift des Antrages, bei dem die Abgeordneten Dagmar Overbeck und Torsten Fuß federführend waren. Ihnen geht es in der Antragsbegründung vor allem um die Kinder: „Im Heimfelder Wohngebiet zwischen Heimfelder Straße und Milchgrund gibt es eine große Anzahl von Spielstraßen“, schreiben die Abgeordneten, „da in diesem Gebiet viele Familien wohnen, werden diese auch sehr gut genutzt und alle Verkehrsteilnehmer nehmen aufeinander Rücksicht.

Aufgefallen ist jedoch vermehrt, dass insbesondere Kinder den Unterschied zwischen Spielstraße und regulärer Straße nicht immer wahrnehmen. So kommt es teilweise zu gefährlichen Verkehrssituationen, wenn Kinder von einer Spielstraße in eine „normale“ Straße abbiegen, um zur nächsten Spielstraße, die manchmal nur 50 m weiter beginnt, zu gelangen.“

Die Frage, ob Eltern ihren Kindern nicht ohnehin die Gefahren des Straßenverkehrs bewusst machen sollten, bejaht Torsten Fuß zwar grundsätzlich, lässt sie in diesem Fall aber nicht gelten: „Die verkehrsberuhigten Straßen und die nicht verkehrsberuhigten sind in diesem Gebiet optisch kaum zu unterscheiden“, sagt er, „diese Differenzierung kann man von sechs-, sieben, oder achtjährigen Kindern noch nicht erwarten. Dazu kommt, dass einige Schilder hier hinter Bäumen aufgestellt sind oder in einer Höhe hängen, auf die kleine Kinder nicht achten.“

In der Tat: die Woellmerstraße und die Konsul-Franke-Straße sind mit Kopfsteinpflaster versehen, das sich besonderes an hamburgtypisch grauen Tagen optisch kaum vom Betonpflaster des Alten Postwegs abhebt. Was den Unterschied ausmacht: Die beiden Querstraßen haben Kantsteine und höherliegende Gehwege. Das ist baurechtlich ein wichtiger Unterschied, denn in verkehrsberuhigten Bereichen sind alle Flächen gleichberechtigt und auf einer Ebene. Ob ein seinen Stadtteil erkundender Abc-Schütze diesen Unterschied merkt, ist jedoch fraglich.

Dass die Querstraßen sich nur wenig von den großen Straßen im Norden Heimfelds unterscheiden, sieht auch das Bezirksamt so. Allerdings kommt die Verwaltung zu einem ganz anderen Schluss: Eigentlich dürften auch die Straßen, die jetzt verkehrsberuhigt sind, gar nicht verkehrsberuhigt sein: „Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung kommt ein verkehrsberuhigter Bereich nur für einzelne Straßen oder für Bereiche mit überwiegender Aufenthaltsfunktion und sehr geringem Verkehr in Betracht“, sagt Bettina Maak, Pressesprecherin des Bezirksamts.

Die Heimfelder Straßen kommen nach gängiger Verwaltungsauffassung schon deshalb nicht in Betracht, weil hier besonders viele Menschen wohnen: „Eine Bedingung für die Anordnung eines verkehrsberuhigten Bereiches ist auch das Nichtvorhandensein von Mehrfamilienhäusern“, sagt Maak, „da sonst wegen der Höhe des Verkehrsaufkommens nicht der Eindruck der Nachrangigkeit des Kraftfahrzeugverkehrs entstehen würde.“

Torsten Fuß ficht das nicht weiter an: „Ich würde für dieses Quartier in Heimfeld, das so nahe an der S-Bahn liegt, sogar einen Schritt weitergehen“, sagt er. „Man könnte hier ja auch ein komplett autofreies Viertel einrichten. An anderen Stellen in Hamburg geht das ja auch. Und auf dem alten Postweg könnte ein autonomer elektrischer Shuttlebus pendeln und die Menschen zur S-Bahn bringen.“

Verkehrsberuhigt oder Spielstraße?

Spielstraßen gibt es in der Bundesrepublik offiziell eigentlich nicht. Der Begriff stammt aus der DDR, wo ab den 50er-Jahren ganze Wohnstraßen komplett für den Verkehr gesperrt waren. Dennoch hat sich der Begriff Spielstraße schon lange vor der Wiedervereinigung auch im Westen eingebürgert und bezeichnet verkehrsberuhigte Bereiche, in denen alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Bei strenger Auslegung der Vorschriften sind sie nur in Sackgassen von Einzelhaussiedlungen möglich.

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