Die Stadtteilgrenze zwischen Heimfeld und Harburg verläuft auf dem Mittelstreifen der Blohmstraße. Auf der Harburger Seite der Straße wird gerade das neue Jobcenter eingerichtet. Würde auf der Heimfelder Seite ein Hartz-IV-Empfänger wohnen, dürfte dieser seine Jobcenter-Termine nicht auf der anderen Straßenseite wahrnehmen, sondern müsste in den Bus steigen, zum Bahnhof fahren und die S-Bahn nach Neugraben nehmen. Das klingt widersinnig, ist aber so geplant, weil die Leistungsempfänger zwischen den zwei neuen Standorten gerecht verteilt werden sollen.
„Andere Leistungsempfänger müssen auch mit dem Bus zum Amt“, argumentiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath. Dabei vergisst er mehrere Dinge: Er vergisst, zu hinterfragen, warum die Empfänger gleichmäßig verteilt werden müssen. Es gibt ja kein Naturgesetz der Armutsgleichverteilung. Er vergisst, dass es an Harburgs Rändern viel weniger Leistungsempfänger gibt als im Zentrum und dass sein Vergleich deshalb hinkt. Und er vergisst, wofür seine Partei seit Schröder an der Wahlurne abgestraft wird: die empfundene Ungerechtigkeit der Hartz-Reformen.
Hier geht es um fast 2000 Menschen, die in die Bahn gesetzt werden, weil in einer Behörde eine Zahl stimmen muss. Die oft nur arbeitslos wurden, weil in einer Chefetage eine Zahl stimmen musste. Die wie eine Zahl behandelt werden, als Nummer auf dem Aktendeckel, dem Leistungsbescheid, beim Callcenter des JTAH und auf der Wartemarke; als Teil von Fallquoten des Sachbearbeiters. Sie wieder als Menschen zu sehen, würde einige vielleicht mit der Sozialdemokratie versöhnen. „Andere Menschen müssen auch umdenken“, könnte man Jürgen Heimath entgegnen.
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