Buchholz. Eckehardt Scheibler hat einen Traum. Er wünscht sich, dass die seit Jahrzehnten stillgelegte Bahntrasse zwischen Lüneburg und Buchholz zum Radweg umgebaut wird. Das, meint der selbstständige Architekt und Raumplaner, sei vergleichsweise einfach und kostengünstig zu bewerkstelligen. Weil das Schotterbett fast überall erhalten ist, genau wie Brücken und höhengleiche Querungen von Straßen und Wegen. Durch Aufbringen einer wassergebundenen Oberfläche könne eine glatte dreieinhalb Meter breite Fahrbahn mit jeweils 25 Zentimeter Böschung entstehen, die den Anforderungen eines Arbeits- und Alltagsradweg genüge und somit förderungsfähig durch Landes- und Bundesmittel sei. Scheibler rechnet mit Baukosten in Höhe von 1,1 Millionen Euro.
Eine gute Investition, wie der Salzhausener findet. Die 29 Kilometer lange Querverbindung in Ost-West-Richtung wäre in seinen Augen eine ideale Ergänzung zu den derzeit von der Metropolregion geplanten, aber allesamt auf Hamburg ausgerichteten Radschnellwegen. Die Verbindungen zu Bahnhöfen, Bus- und Shuttle-Haltestellen würden deutlich verkürzt. „Allein die vielen Mitarbeiter, die künftig bei Amazon in Winsen tätig sein werden, könnten über den Radweg auf der Bahnstrecke aus Richtung Buchholz oder Lüneburg bis Bahlburg fahren und dort auf den Luheradweg wechseln.“
Bei Bahlburg, bei der alten Eisenbahn-Brücke über die Luhe, starteten Ortsgruppen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs kürzlich im Gleis eine Aktion. Und zwar auf Initiative von Scheibler, der selbst zwar kein ADFC-Mitglied ist, unter den Radfans aber Mitstreiter rekrutiert hat. Die Aktivisten demonstrierten politischen Vertretern, wie gut befestigt und erhalten das Schotterbett ist und wie leicht man es von Bewuchs säubern kann. Binnen weniger Stunden hatte eine Rentnertruppe aus Garstedt eine zweieinhalb Kilometer lange Strecke von Gebüsch und Ranken befreit. Wohlgemerkt ohne motorisiertes Werkzeug, um nicht die Ruhe der Natur zu stören.
Aber selbstverständlich mit freundlicher Genehmigung der Bahn, der die Trasse noch fast vollständig gehört. Die Bahn sei offen für einen Verkauf und eine neue Nutzung, sagt Scheibler. Schon um in Punkto Pflege nicht länger in der Pflicht zu sein. Die Gemeinde Vögelsen habe schon vor rund 15 Jahren das Gleis auf Gemeindegebiet aufgekauft und zum Radweg gemacht.
Klingt alles einfach, ist es aber nicht. Zum einen befürchten die Naturschutzverbände Zerstörung von Lebensräumen bedrohter Arten. „Angeblich sollen im Gleis zigtausende Eidechsen leben. Wir haben bisher keine einzige gesehen. Auch Tierbauten im oder am Rande des Schotterbetts haben wir nicht gefunden. Und dass für das Vorhaben viele Bäume gefällt werden müssten, wie Nabu und BUND behaupten, stimmt einfach nicht“, sagt Scheibler, der inzwischen fast die ganze Strecke abgelaufen hat. Selbst, dass die Trasse durch das Naturschutzgebiet Bahlburger Bruch führt, findet er nicht problematisch. „Die Bahntrasse liegt doch viel höher als das Feuchtgebiet.“
Vor diesem Hintergrund erscheint es erstaunlich, dass der Nabu seinerseits eine S-Bahnstrecke auf dem Gleis favorisieren soll. Das jedenfalls behauptet Eckehardt Scheibler. Und er berichtet, dass der Verkehrsclub Deutschland (VCD) dafür plädiert, die Strecke für den Güterverkehr zu reaktivieren. Und zwar in Weiterführung bis Wittenberge. „Bei Dömitz über die Elbe, quer durchs Biosphärenreservat!“
Auch Mitglieder der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg stemmen sich seit Jahren gegen derartige Pläne. Ihre Befürchtung: Die Revitalisierung der Bahnverbindung würde Gorleben als Endlagerstandort für Atommüll erst so richtig attraktiv machen. Denn das Zwischenlager Lubmin, in dem radioaktive Abfälle aus dem Rückbau der Kernkraftwerke Greifswald lagern, würde über Wittenberge direkt an Dannenberg angebunden. Ohne Umweg über Hamburg. Auch die Anbindung westdeutscher Zwischenlager ließe sich dann unter Auslassung des Knotens Hamburg-Harburg realisieren. Würde der Radweg gebaut, wäre dieses Szenario nicht länger eine Option. Auch das ist ein wesentlicher Antrieb für Eckehard Scheiblers Engagement.
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