Harburg. Dass die Flüchtlingszahlen zurückgehen, merkt man an der Themenlage der Harburger Bezirksversammlung nicht: Gleich zweimal waren Flüchtlingsunterkünfte auf der Tagesordnung der Sitzung am gestrigen Abend: In der Bürgerfragestunde wollten Anwohner der Straße Rönneburger Stieg wissen, warum dort eine Unterkunft gebaut werden soll und nicht woanders. Zum anderen hatte die CDU eine aktuelle Stunde zur Erstaufnahme auf dem Schwarzenbergplatz angemeldet, nachdem die Innenbehörde dem Bezirk mitgeteilt hatte, dass die Unterkunft dort zur Jahresmitte 2017 geräumt und abgebaut werden soll.
Für die Anwohner des Rönneburger Stiegs sprachen Petra Karies und Helmut Mrugalla. Sie schlugen – regelgerecht in Frageform – die leerstehenden Flüchtlingscontainer in Fleestedt und die Marmstorfer Elfenwiese als sehr viel geeignetere Standorte vor.
Bei den Bezirksabgeordneten und bei Bezirksamtsleiter Thomas Völsch fanden sie damit wenig Gehör: „Dass die Flüchtlingszahlen zurückgehen, wie man immer hört, stimmt ja so nicht“ , sagte Völsch, „Es kommen immer noch jeden Monat hunderte neuer Flüchtlinge nach Hamburg. Die müssen irgendwo untergebracht werden. Derzeit tragen das Harburger Zentrum und Fischbek die Hauptlast im Bezirk. Da müssen auch andere Stadtteile mit anpacken, damit wir Verteilungsgerechtigkeit haben.“
Jürgen Heimath, Fraktionsvorsitzender der SPD, nahm das auf: „Das Sankt-Florians-Prinzip hilft niemandem“, sagte er. Sprecher anderer Fraktionen äußerten sich ähnlich.
In der aktuellen Stunde griff der CDU-Abgeordnete Michael Schäfer die Ankündigung der Innenbehörde auf, dass sie bis Mitte 2017 die Flüchtlingsunterkunft auf dem Schwarzenberg zu räumen gedenkt. Dies war Anfang Oktober dem Sozialausschuss der Bezirksversammlung mitgeteilt worden.
„Schwarzenbergplatz wieder für alle Harburger“, war der Titel unter dem die CDU die Debatte beantragt hatte. „Ich würde mich über die Ankündigung der Behörde ja gerne freuen, alleine es fehlt mir das Vertrauen“, sagte Schäfer. „Als die Unterkunft eingerichtet wurde, war von maximal 300 Bewohnern und einem Vierteljahr die Rede. Danach wurde die Frist nach und nach verlängert und am Ende gar kein Enddatum mehr angegeben.“
SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath nahm die Laufzeitverlängerungen der Behörde in Schutz: „Es kamen ja immer mehr Flüchtlinge. Die Alternative wäre gewesen, diese Menschen auf der Straße stehen zu lassen.“
Khadrye Bakshi von den Linken sprach sich im Namen ihrer Fraktion ganz gegen eine Räumung des Schwarzenbergs aus. „Was meinen sie mit ‘Schwarzenbergplatz für alle Harburger’? Sind die Leute auf dem Schwarzenberg nicht mittlerweile auch Harburger? Dort leben noch 400 Menschen. Solange die keine andere Wohnung haben, sollte die Unterkunft dort bleiben. Die Innenbehörde hat angekündigt, den Standort aufzugeben und Sie, Herr Schäfer, wollen das jetzt als ihren Verdienst hinstellen. Das ist der einzige Grund, warum Sie diese aktuelle Stunde beantragt haben.“
Auch der FDP-Abgeordnete Carsten Schuster sprach sich gegen eine schnelle Räumung des Festplatzes aus: „Die Unterkunft wird in der Nachbarschaft gut angenommen, und in der Unterkunft gibt es kaum Probleme. Zuerst sollten die Unterkünfte mit prekärer Unterbringung, also die in den Groß- und Baumarkthallen, abgebaut werden.“
In dieselbe Kerbe schlug Britta Herrmann von den Grünen. „Sie wollen sich hier immer wieder mit diesem Thema profilieren“,sagte sie „in ihrer Resolution vom vergangenen Jahr argumentieren Sie sogar mit der TUHH gegen die Unterkunft. Die sehr internationale TUHH kommt bestens mit den Flüchtlingen klar!“
Für die Neuen Liberalen war Kay Wolkau am Pult: „Wir sind für einen Bürgerpark auf dem Schwarzenberg“, schwenkte er zunächst auf CDU-Kurs ein, um dann ebenfalls zu konfrontieren, „aber erst, wenn alle prekären Erstaufnahmen geräumt sind.“
Die AfD sprach zum Thema nicht.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Harburg