Tostedt. Es gab Zeiten, da sorgte die rechte Szene in Tostedt mit gewalttätigen Übergriffen regelmäßig für Schlagzeilen. Dank verstärkter Polizeipräsenz und einem intensiven Gegensteuern des Forums für Zivilcourage ist das aber lange her. Doch am vergangenen Sonnabend beschmierten zwei Unbekannte mehrere Türen und Rollläden der Flüchtlingsunterkunft an der Todtglüsinger Straße (wir berichteten). Samtgemeindebürgermeister Peter Dörsam reagierte mit den Worten: „Absolut daneben.“ Die zuständigen Stellen sind alarmiert.
„Das bestätigt uns darin, dass man sich nie in falscher Sicherheit wiegen kann“, sagte Uli Graß, Vorsitzender des Forums für Zivilcourage, das sich sehr für eine Willkommenskultur stark gemacht hat. Es zeige, dass es immer noch Kräfte in Tostedt gebe, die den Flüchtlingen mit großem Hass begegneten und gegen sie mobil machten. Unterschätzen dürfe man die Aktion nicht. Der Gymnasiallehrer will den Vorfall aber auch nicht zu hoch aufhängen: „Wir hoffen, dass es ein Einzelfall ist.“ Graß verweist darauf, dass es um die rechte Szene in der Vergangenheit ruhig blieb und schreibt das auch dem starken Bemühen des Tostedter Forums um eine Willkommenskultur zu.
Auch die Verwaltung des Landkreises nahm den Vorfall bestürzt auf. „Das muss man im Auge behalten“, sagte Pressesprecher Johannes Freudewald. Er ist froh, dass der Sicherheitsdienst in der Asylbewerberunterkunft rund um die Uhr präsent ist und die Tat schnell entdeckte. Der Sicherheitsdienst hatte am frühen Morgen Geräusche gehört und so die Täter bei ihrer Aktion gestört. Die konnten allerdings ins Wohngebiet fliehen.
Der niedersächsische Verfassungsschutz, der das rechte Spektrum in Tostedt weiterhin im Auge behält, bestätigte, dass die Neonazi-Szene zuletzt kaum noch mit öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten in Erscheinung trat. „Man beschränkte sich dort fast ausschließlich auf szeneinterne Veranstaltungen, die vorrangig der Stärkung des Zusammenhalts dienen sollten“, erläuterte Frank Rasche, Pressesprecher des niedersächsischen Verfassungsschutzes. Zuletzt hatten Rechtsextremisten lediglich im Februar 2014 versucht, eine Veranstaltung zur geplanten Unterbringung von Asylbewerbern in Tostedt zu stören.
Es sei zwar nicht auszuschließen, dass sich Einzelne aus der rechten Szene zu solchen Schmierereien hinreißen lassen könnten, sagte Rasche. „Belege hierfür haben wir derzeit jedoch nicht.“ Ein organisiertes Vorgehen der Neonazis gegen Asylbewerberheime in der Region kann der Verfassungsschutz nicht feststellen. Die Polizei will verstärkt die Flüchtlingsunterkünfte auf Streiffahren kontrollieren.
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