Kooperation von Elbe-Werkstätten und Overmeyer LandbauKultur gibt Menschen mit Handicap die Möglichkeit, berufliche Bildung und Qualifizierung zu erlangen

Marmstorf/Emmelndorf. Pünktlich um 7.30 Uhr steigen Henrik Beckmann, Nadine Opitz und André Koch auf dem Parkplatz der Elbe-Werkstätten am Nymphenweg ins Auto, um zusammen mit Gruppenleiter Jens Pfister und FSJ-ler Ole Akelbein nach Emmelndorf zu fahren. Genauer gesagt auf den Hof der Overmeyer LandbauKultur. Dort arbeiten sie im Rahmen des Berufsbildungsbereichs der Elbe-Werkstätten auf dem Hof mit.

Die Elbe-Werkstätten bieten Menschen mit Behinderung vielseitige berufliche Bildungs- und Arbeitsangebote im ganzen Hamburger Raum. Seit Mitte Februar sind die Elbe-Werkstätten nun auch auf dem Overmeyer Hof in Emmelndorf anzutreffen. Der landwirtschaftliche Betrieb soll für die Teilnehmer zum Lernort werden. Ziel ist es, dass sie im Rahmen des Berufsbildungsbereichs ihre berufliche Bildung erwerben. „Der Berufsbildungsbereich umfasst 24 Monate, in denen die Teilnehmer qualifiziert und rehabilitiert werden sollen“, so Sigrid Wollmann-Götsch, Betriebsleiterin Elbe Süd.

Henrik, André und Nadine kümmern sich gern um die Tiere auf dem Hof

Gruppenleiter Pfister, der seit eineinhalb Jahren im Bereich Handwerk für die Elbe-Werkstätten arbeitet, startet jeden Morgen mit viel Elan in den Tag. „Ungefähr viertel vor acht treffen wir meist auf dem Hof ein. Um 8 Uhr ist dann Arbeitsbeginn“, sagt Pfister. Dort wartet auf die drei Beschäftigten und ihre Begleiter viel Arbeit. Täglich versorgt die Gruppe morgens die Tiere auf dem Hof von Kerstin und Uli Overmeyer. Bei den Kaninchen fühlt sich gerade André besonders wohl. Nadine kümmert sich hingegen besonders gern um die Pferde. In Zukunft kommen noch mehr Tiere hinzu: Eine Rinderherde soll aufgebaut und ein mobiler Hühnerstall angelegt werden. Henrik ist zwar auch gern bei den Pferden, doch seine Augen leuchten am hellsten, wenn er die große Scheune auf dem Hof betritt. Dort steht ein großer Trecker und ein Gabelstapler. „Mit denen konnte ich schon ein paar mal fahren“, sagt Henrik stolz. Möglich war das auch durch den von Pfister zusammengestellten Berufsbildungsplan. Immer montags bereitet die Arbeitsgruppe Gemüse für den Laden vor. Zwiebeln, Schalotten und Porree werden geschnibbelt, geputzt und gewaschen. Und zusammen mit Ulli Overmeyer geht es eben ab und zu mit dem Trecker raus aufs Feld. Darauf hatten sich die drei Neueinsteiger besonders gefreut. „Das Treckerfahren ist wirklich der absolute Hit“, bestätigt auch Kerstin Overmeyer.

Ole Akelbein, der die Behinderten-Gruppe im Rahmen seines Freiwilligen Sozialen Jahres begleitet, fügt hinzu: „Ulli und André sind für die drei quasi die Stars des Hofs.“ André van Ravenzwaay – alias André der Koch – ist am Hof für die Küche und die Manufaktur zuständig. André van Ravenzwaay setzte sich für eine Kooperation mit den Elbe-Werkstätten ein, da er in Kanada erfolgreich mit Menschen mit Behinderungen zusammen gearbeitet hatte. Henrik, Nadine und André arbeiten dienstags und mittwochs in der Manufaktur und in der Küche mit van Ravenzwaay zusammen. Zwischen 12 und 14 Uhr sind sie beim offenen Mittagstisch im Gastro-Bereich des Hofladens anzutreffen. Die Gruppe sitzt dort regelmäßig mit Mitarbeitern und Kunden zusammen, bereitet aber auch schon Hackbällchen, Salatdressings und Brotaufstriche vor, die nun im Laden verkauft werden. Sie haben auch ihren eigenen kleinen Pausenraum über dem Laden. Eingerichtet wurde der mit selbst hergestelltem Inventar. Tisch, Stühle und das auf dem Tisch stehende Brettspiel baute die Gruppe selbst. „Alles von uns“, sagt Henrik. Die handwerklichen Fähigkeiten der Teilnehmer sind spätestens am Donnerstag wieder gefragt. Denn Donnerstag ist Projekttag. Dort werkelt die Gruppe momentan an Terrassenstühlen, um diese für den Frühling wiederherzurichten. Zukünftige Projekte sind auch schon geplant: Es soll zum Beispiel eine Wand aus Weidengeflecht hergestellt und ein Hochbeet angelegt werden.

Die erste Kontaktaufnahme zwischen Vertretern der Elbe-Werkstätten und dem Hofladen der Overmeyers erfolgte im August des vergangenen Jahres. Seit dem 16. Februar sind Henrik, Nadine und André die ersten drei Teilnehmer aus dem Berufsbildungsbereich vor Ort. „Ziel ist es, dass im Sommer sechs Teilnehmer hier auf dem Hof arbeiten“, sagt Wollmann-Götsch. Schon im April solle die nächste Praktikantin am Hof anfangen. Wenn Henrik, Nadine und André den Berufsbildungsbereich abgeschlossen haben, soll die Kooperation fortgesetzt werden. „Die Lernkooperation bietet den Teilnehmern viele Qualifizierungsinhalte und Kontaktmöglichkeiten, die sie innerhalb einer Behindertenwerkstatt nicht haben“, so Wollmann-Götsch. Es könnten außerdem zukünftig Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung entstehen. Das entspräche sowohl der Behindertenrechtskonvention wie auch dem strategischen Ziel der Elbe-Werkstätten, so Wollmann-Götsch, die deswegen versucht, so viele Teilnehmer wie möglich in Außenbetrieben unterzubringen.

Kerstin Overmeyer möchte auf die Helfer aus den Elbe-Werkstätten nicht mehr verzichten. „Unsere Helfer sind eine wahre Bereicherung für den Hof. Sie sind einfach liebenswert. Auch unsere Kunden haben absolut positiv reagiert“, so Overmeyer. Wollmann-Götsch ergänzt: „Hier werden André, Henrik und Nadine gesehen, wahrgenommen, akzeptiert und auch angesprochen.“ Und die drei fühlen sich dabei sichtlich wohl auf dem Hof. Nachmittags um 15 Uhr endet der Tag für Henrik, Nadine und André. Freitags endet der Tag eher. Da wird in den Elbe-Werkstätten am Nymphenweg die vergangene Woche reflektiert, das Auto gewaschen und Sport getrieben. Schluss ist dann schon um 12.15 Uhr. Für André, Henrik und Nadine – heimliche Stars des Biohofs – kann es nicht schnell genug wieder auf den Hof zurückgehen.