Junge Kreative wollen im Veringkanal einen Archipel bauen – die Pontons könnten Bühne, Kunst- und Gastraum sein

Wilhelmsburg. Die Idee eines Kulturkanals in Wilhelmsburg könnte mit einem geplanten Projekt namens Archipel konkrete Gestalt annehmen. Studierende der Hochschule für bildende Künste und andere Kreative aus Wilhelmsburg wollen noch in diesem Sommer auf dem Veringkanal einen mehr als 75 Quadratmeter großen Schwimmponton errichten, den Initiativen aus dem Stadtteil als Bühne, Kino oder Forschungsstation nutzen können. Partner ist der Musikclub Turtur am Veringkanal, der die schwimmende Insel als Terrasse nutzen würde.

Der Archipel aus früheren Wasserbau-Arbeitsplattformen, die zurzeit in Moorburg lagern und zum Verkauf stehen, soll vor dem Ufer des Turtur entstehen. Der Musikclub wird sich für die Dauer der Sommersaison in eine Pizzeria verwandeln. Eine gastronomische Nutzung des Archipels ist aber nicht vorgesehen – es soll allen Akteuren im Stadtteil frei offen stehen. Clubchefin Mona Michels, die selbst in der Nachbarschaft lebt, übernähme die jährlichen Liegekosten des Pontons im Veringkanals von 600 Euro.

Der Sanierungsbeirat Südliches Reiherstiegviertel entscheidet am Donnerstagabend, 26. März, über einen Zuschuss für den Archipel in Höhe von 1500 Euro aus dem Verfügungsfonds. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 17.950 Euro. 5150 Euro sind bei der Hamburger Kulturstiftung beantragt, weitere 4000 Euro bei der Café Royal Stiftung.

Die drei Studierenden Finn Brüggemann, 26, aus Wilhelmsburg und die beiden Hamburgerinnen Nuriye Tohermes, 25, und Amalia Ruiz-Larrea, 25, beschäftigen sich seit Jahren mit Projekten, bei der die Teilhabe anderer im Fokus steht. Sie haben vor Kurzem gemeinsam mit Schulkindern in der Lüneburger Heide eine erwärmte Insel im Wald errichtet. An dem Projekt beteiligt ist noch der Filmemacher Nick Buckenauer. Der 26 Jahre alte Harburger hat die in Wilhelmsburg gedrehte Webserie „Kumbaya“ mitproduziert und hat bereits in der Jugendarbeit mit der Honigfabrik zusammengearbeitet.

Die Menschen im Stadtteil sollen die Gemeinschaftsinsel auch im Winter nutzen können. Dazu würden einige Module mit Isolierplane überzogen werden. Ein eigenes Heizsystem ist nicht vorgesehen. Eine Idee ist, mit der Nachbarschaft gemeinsam zu kochen und ein offenes Essen für alle anzubieten. das erinnert an die Kochabende der Universität der Nachbarschaften während der Internationalen Bauausstellung in Wilhelmsburg.

Die Idee einer Kanalinsel auf der Elbinsel entstand bei der schwierigen Suche nach einer geeigneten und bezahlbaren Fläche für ein kreatives Teilhabeprojekt. Nirgends in Hamburg fand sich ein Platz. Die Studierenden entdeckten, dass sie auf dem Wasser weniger Hürden in Gestalt behördlicher Auflagen auftürmen als an Land. Die Inseln seien schwimmende Geräte, und die Reeder sie selbst. Der Bau und Umbau solcher Geräte bedürfe keiner baurechtlichen Genehmigungen.

Die Idee eines Kulturkanals als Zentrum für Künstler und Kreative beflügelt das Projekt zusätzlich: „Ein grundpositives Gefühl ist schon vorhanden am Veringkanal“, sagt Nuriye Tohermes.

Als größtes Hindernis des Archipels gelten Sicherheitsbedenken des Bezirksamtes Mitte. Die Verwaltung sieht das Risiko, dass bei einer Veranstaltungsfläche auf dem Wasser Menschen ertrinken könnten.

Die Inselbauer haben deshalb einen Schiffsbauer ins Boot geholt, der den Archipel sichern soll. Mittlerweile hat auch ein benachbartes Unternehmen am Veringkanal den Kreativen Hilfe angeboten, dass sich mit der Problemlösung bestens auskennen dürfte. Es hat Pontons für das Elbjazz-Festival gesichert.

Gelingt die Finanzierung wie geplant, sieht der Zeitplan so aus: Am 22. April könnten die Pontons gekauft werden. Am 26. April transportiert sie ein befreundeter Schlepperführer von Moorburg in den Veringkanal nach Wilhelmsburg. Dort werden die Pontons zu Modulen ausgebaut und zusammengefügt, inklusive Komposttoilette und Kombüse.

Die erste Archipel-Insel sollte ursprünglich am 3. Juli eröffnet werden. Mittlerweile haben die Inselbauer ein noch ehrgeizigeres Ziel: Am liebsten wäre ihnen, die Insel im Veringkanal würde bereits zum Festival „48h Wilhelmsburg" fertig und könnte dort als Konzertbühne Premiere feiern.

Wer das Archipel-Projekt unterstützen möchte, schreibt an: dasarchipel@gmail.com