Dirk Seidler ist seit mehr als 100 Tagen im Amt: Das Abendblatt bat zum Spaziergang durch die Gemeinde Rosengarten

Nenndorf. Auf das norddeutsche Wetter im März ist Verlass: Es regnet Bindfäden. Doch Dirk Seidler ist nicht aus Zucker: Auf ein paar Minuten an der frischen Luft lässt sich der neu gewählte Bürgermeister der Gemeinde Rosengarten nicht lange bitten. „In meiner Heimatstadt Hambühren ist das Wetter gerade auch nicht besser“, sagt der 50-Jährige. Und als passionierter Fahrradfahrer sei er nasse Kleidung durchaus gewohnt. Doch in Anzug und Krawatte wird es draußen schnell ungemütlich. Nach einer kurzen Fotosession lädt Dirk Seidler zum Gespräch in sein Arbeitszimmer.

Dort, am runden Tisch im ersten Stock des alten Nenndorfer Rathauses, warten Kaffee und Tee auf den Hausherrn und seine Besucher. Weil es in dem sanierungsbedürftigen Gebäude an der Hauptstraße keinen offiziellen Besprechungsraum gibt, hat Seidler alle wichtigen Gespräche bislang in dem kleinen Raum geführt. Vor 100 Tagen hatte er sich mit 74,6 Prozent gegen seinen Mitbewerber Thies Ockelmann von den Grünen durchgesetzt und seinen langjährigen Vorgänger im Amt, Dietmar Stadie, abgelöst. Seither versucht er, sich die Gemeinde Rosengarten weiter zu erschließen.

Das Team im Rathaus und die Bürger der Gemeinde helfen ihm dabei: „Die Einwohner von Rosengarten sind ein toller Menschenschlag. Ich bin hier von Anfang an wirklich sehr gut aufgenommen worden und lerne immer noch jeden Tag neue, hilfsbereite Leute und gleichzeitig Situationen kennen, kann aber auch gleichzeitig viel Erfahrung in meine Arbeit einbringen“, sagt Seidler.

So sei er an seinem ersten Arbeitstag durch das Haus gegangen und habe an jede Zimmertür geklopft und sich persönlich vorgestellt. „Alle Mitarbeiter wissen jetzt, dass meine Zimmertür immer für sie offen steht. Sie sollen sich auch mit eigenen Ideen in die Arbeit einbringen können. Mir ist eine offene Kommunikation im Team sehr wichtig“, betont Seidler. Letztere war bereits ein wichtiger Bestandteil seines Wahlkampfes. Der gemeinsame Kandidat von SPD, CDU, FDP und UWR versprach damals, dass die Arbeit im Rathaus für die Bürger transparenter gemacht werden soll. Ein erster Schritt in diese Richtung ist bereits getan: Auf der Homepage der Gemeinde gibt es jetzt einen Button, über den auf das Informationssystem Allris zugegriffen werden kann. Dort können unter anderem Sitzungsunterlagen und Protokolle abgerufen werden. „Momentan ist das Ganze noch in der Testphase. Aber wir sind zuversichtlich, dass es bald zum regelmäßigen Bürgerservice der Gemeinde gehört. Jeder Einwohner hat ein Recht auf bestmögliche Information."

Bis zu seiner Wahl im Mai arbeitete Dirk Seidler zehn Jahre lang als Erster Gemeinderat in Hambühren bei Celle. Zum 1. November zog er dann in seinen neuen Wirkungskreis nach Westerhof. Seither beginnt sein Arbeitstag früh am Morgen und endet oft erst spät am Abend. „Ich bin meistens der Letzte – der, der das Licht ausmacht“, sagt er. Oft reiche es am Abend nur noch für einen Blick ins Hamburger Abendblatt – oder die Lektüre eines guten Buches.

Obwohl zu Seidlers Tagesgeschäft auch viele Repräsentationspflichten gehören, will sich der neue Bürgermeister der Gemeinde Rosengarten nicht auf einen „Kaffee-und-Kuchen-Direktor“ reduzieren lassen: „Ich möchte nicht nur repräsentieren, sondern auch nach innen wirken“, betont er. So will er künftig Neubürger stärker ins Gemeindeleben einbinden, die Lebensqualität in Rosengarten erhalten und dazu beitragen, bezahlbaren Wohnraum für Jung und Alt zu schaffen. „Da besteht eine große Nachfrage. Es gibt außerdem wenig erschwingliches Bauland in Rosengarten. Dem Thema müssen wir uns stellen.“ Zudem legt der parteilose Seidler viel Wert auf ein „gutes Miteinander im Gemeinderat“. Eine Bürgersprechstunde, wie sie in vielen Nachbargemeinden usus ist, will er in Rosengarten nicht anbieten. „Menschlicher Kontakt ist mir wichtig. Wer was auf dem Herzen hat, soll nicht nur an einem bestimmten Termin zu mir kommen können. Ein kurzer Anruf vorab genügt“, so der Verwaltungsexperte. Was Dirk Seidler am meisten vermisst: seine Frau. Die blieb in Hambühren, arbeitet weiter als hauptamtliche Trainerin für Jazz- und Modern Dance in einem Sportverein. Das Paar, das zwei Söhne großgezogen hat, sieht sich seitdem nur an den Wochenenden – und auch dann muss Seidler oft Termine wahrnehmen. „Das gehört zu meinem Job dazu. Die Woche endet nicht am Freitag“, betont er. Doch die Entscheidung, für das Bürgermeisteramt in Rosengarten zu kandidieren, bereue er nicht. „Es war richtig, dass ich diesen Weg gegangen bin. Rosengarten hat unwahrscheinlich viel zu bieten: Die Gegend ist schön, meine Frau und ich gehen gerne mit unserem Hund spazieren – und Hamburg liegt vor der Haustür. Das ist eine tolle Kombination.“