Namhafte Investoren aus dem Binnenhafen bemühen sich weiter, die Flüchtlinge anders unterzubringen

Harburg. Heute vor drei Wochen haben die ersten Flüchtlinge das Wohnschiff „Transit“ bezogen, das seit Ende vergangenen Jahres am Kanalplatz im Binnenhafen liegt. Doch noch immer ist diese Unterkunft heftig umstritten. Auch deshalb, weil sie eben nicht, wie von Behördenseite immer wieder behauptet wird, alternativlos war.

Nach Abendblatt-Informationen hatte eine Gemeinschaft namhafter Investoren gleich mehrere konkrete Vorschläge für andere Unterbringungen offeriert. So gab es das Angebot, die Bestandsgebäude der ehemaligen Röttiger-Kaserne zu sanieren und umzubauen. „Der Wille war da, das Geld war da und die benötigten Ressourcen für eine rasche Planung und Realisierung wären auch bereitgestellt worden“, sagte ein Investor dem Abendblatt.

Laut Hamburger Sozialbehörde (BASFI), die für die sogenannte öffentlich-rechtliche (Folge-)Unterbringung von Asylbewerbern zuständig ist, sei der Vorschlag wegen des baulichen Zustands der Gebäude verworfen worden. „Es wären umfangreiche und sehr aufwändige Sanierungsmaßnahmen erforderlich gewesen“, so BASFI-Sprecher Marcel Schweitzer. Eine Nutzung der leerstehenden Immobilien der ehemaligen Röttiger-Kaserne sei der Behörde in diesem Zusammenhang aber auch „nie formal vorgeschlagen“ worden.

Überdies verwies Schweitzer auf den „weiterhin unklaren baurechtlichen Zustand“. Bekanntlich wird auf dem Gelände an der Stader Straße das neue Wohnquartier „Fischbeker Heidbrook“ mit bis zu 690 Wohneinheiten entstehen. Die Bestandsgebäude der einstigen Kaserne sollen zwar erhalten bleiben, allerdings als „Gewerberiegel“. Die Ansiedlung von kleineren Handwerksbetrieben gestaltet sich aber mangels Bewerber als schwierig.

Unterdessen sollen Bedenken gegen die Unterbringung von Flüchtlingen auch vom Projektentwickler IBA Hamburg GmbH vorgebracht worden sein, der Probleme bei der Vermarktung der Flächen fürchtete. Ein Effekt, den auch die Investoren im Binnenhafen ausgemacht haben. Gleich mehrere Projekte, wie der Bau des neuen Aviation Tech-Centers und des InnovationsCampus für Grüne Technologien, liegen auf Eis. Zudem sei es bereits zu etlichen Vertragsrückabwicklungen für den Kauf von Eigentumswohnungen gekommen. Im Binnenhafen spricht man offen über Investitionsausfälle von mehr als 100 Millionen Euro. „Wenn man so einen Koloss an das Paradegrundstück des Binnenhafens und damit praktisch ins Herz der Harburger Entwicklung legt, darf das niemanden wundern“, so der Investor.

Dabei hatte auch die Aurelius Immobilien AG frühzeitig angeboten, ihr Projekt „Wohnen für Studenten“ am Schellerdamm, bei dem gerade 196 Zimmer entstehen, temporär umzuwidmen, wenn das Schiff nicht kommt. „Fünf Jahre hätte die Stadt unseren Neubau anmieten können, mit Option auf eine Verlängerung“, so Aurelius-Vorstandsmitglied Bettina Husemann. Doch die BASFI hätte die Offerte sofort abgelehnt.

„Die Fachbehörde hat sich gegen die Nutzung dieses Gebäudes entschieden, da die Unterbringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen nicht zur Verdrängung anderer Gruppen am Wohnungsmarkt führen soll und das Gebäude ohnehin nicht zeitnah zur Verfügung stand“, begründet BASFI-Sprecher Schweitzer den Verzicht.

Husemann mag dieser Argumentation nicht folgen: „Das eine muss das andere nicht ausschließen. Warum denn nicht Flüchtlinge und Studenten? Diese Konstellation würde der latenten Ghetto-Bildung vorbeugen und auch ganz andere Perspektiven für eine schnelle Integration eröffnen. Zumal es im Binnenhafen doch ohnehin multikulturell und international zugeht.“

Auch mit Blick auf die Kosten wären die von den Binnenhafen-Investoren ins Spiel gebrachten Optionen attraktiv gewesen. Laut Auskunft der BASFI kostet das Wohnschiff die Stadt jeden Monat 122.670 Euro, bestehend aus der Charterrate von 117.500 Euro und den Kosten für die Herstellung des Liegeplatzes. Nicht eingerechnet sind bislang die laufenden Betriebskosten, weil sie noch nicht bezifferbar seien. Da aber auch noch spezielles Personal und besondere Versicherungen nötig seien, „ist die Unterbringung der Flüchtlinge auf diesem Schiff teurer als an Land“, so Marcel Schweitzer.

Derweil hält Aurelius sein Angebot weiter aufrecht. Bettina Husemann: „Spätestens im September ist unser Neubau bezugsfertig. Die Bereitschaft, die Flüchtlinge aufzunehmen, besteht fort. Aber nur, wenn die Transit dann einen anderen Liegeplatz bekommt.“