Das JUZ Meckziko in Meckelfeld besteht seit 30 Jahren – da lief nicht immer alles glatt. Heute gilt das Motto „Kooperation statt Konfrontation“

Meckelfeld. Es ist früher Nachmittag im JUZ Meckziko. Im Speiseraum des Jugendzentrums sind gerade die Teller vom Mittagessen abgeräumt, jetzt sitzen ein paar Kinder über ihren Heften und Büchern und machen Hausaufgaben. Nebenan in dem großen Aufenthaltsraum lümmeln sich Jugendliche auf den ausgegurkten Sofas, chatten mit ihren Smartphones, quatschen oder spielen eine Runde Kicker. Es herrscht eine friedliche Stimmung, die Kinder wirken gelöst und entspannt. Markus Heinrich, der das JUZ leitet, schaut vorbei, spricht den einen oder anderen an und fragt nach. Man kennt sich, viele der Kinder und Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren kommen jeden Tag vorbei. 30 Jahre gibt es das Meckziko am Appenstedter Weg, es hat ruhige, aber auch sehr stürmische Zeiten.

In dem rot geklinkerten Bau treffen sich Jugendliche seit 1984. Auch davor gab es Jugendarbeit in Meckelfeld. In den 70er-Jahren entstanden überall in Deutschland selbstverwaltete Jugendzentren. Junge, idealistische Leute gründeten ganz im Geiste der 68-er Generation diese Treffpunkte. Erwachsene waren unerwünscht, alles wurde ausdiskutiert, Entscheidungen demokratisch gefällt. Abiturienten, Lehrlinge, Studenten waren die ersten, die sich damals in Meckelfeld engagierten. Sie bezogen Position, zum Beispiel zur damaligen Atomkraftdebatte und sahen sich als gesellschaftskritische Linke. Ein Betreuungskonzept im ersten JUZ gab es nur ansatzweise. So konnte man das Fotolabor nutzen, Töpfern und natürlich eine Runde Fußball spielen. „Die Älteren kamen zum Biertrinken und Kartenspielen - es war ein Ort, wo man einfach abhängen konnte“, sagt Erzieher Hans Wahne, der bis 1982 Jugendarbeit vor Ort machte. Die Samstags-Abends-Disco war schwer beliebt, es gab Infoabende zur Jugendarbeitslosigkeit, Podiumsdiskussionen wurden abgehalten, man konnte den Jugendgruppenleiterausweis machen und in den Ferien gab es Spaßprogramm für alle.

Ende der 70er-Jahre trafen sich die Jugendlichen zunächst in einer alten Kate an der Pulvermühle am Meckelfelder Dorfrand. Obwohl die Gemeinde dem Projekt skeptisch gegenüber stand, durften die engagierten Jugendlichen die baufällige Kate renovieren. Doch dann brannte das Gebäude aus ungeklärter Ursache ab und man fand ein neues Obdach in einer alten Bahnhofsgaststätte. 1979 sollte sie zu einem JUZ ausgebaut werden, doch auch hier schlug der Feuerteufel zu, bevor man eröffnen konnte. Dann kam man mehr schlecht als recht im „Haus Fiedler“, einer alten Kate am Bahndamm unter. 1983 entschied sich die Gemeinde dann zu einem Neubau aus solidem Stein, ganz im Stil der 80er-Jahre: „Frei nach dem Motto: Beton brennt nicht“, erinnert sich Erzieher Hans Wahne, der heute die Abteilung für Jugend in der Gemeinde Seevetal leitet. 1984 eröffnete das neue JUZ am Appenstedter Weg. Bei dem Thema Selbstverwaltung bröckelten die Ideale zu dieser Zeit bereits: „Selbstverwaltung bedeutet auch Selbstdisziplin, damit war es nicht weit her“, berichtet Wahne.

Kamen zuerst Kinder aus allen Ecken von Meckelfeld kippte Ende der 80er-Jahre die Konstellation im JUZ. Skinheads und rechtsradikale Jugendliche entdeckten das Haus für sich. Man reagierte, indem man eine Ausstellung zum Thema Nationalsozialismus organisierte: „Das war nur unter Polizeischutz möglich“, so Wahne. An einen Abend erinnert sich der Pädagoge noch besonders gut: „Es gab die Drohung, dass diese Jugendlichen das Haus stürmen wollten. Die Polizei riegelte alle Straßen in Meckelfeld ab, seitdem waren die Skinheads nie wieder da.“

Als in den 90er-Jahren Asylbewerber aus dem Kosovo kamen, spürte man das auch im JUZ. Plötzlich waren die Besucher zwischen 18 und 28 Jahre alt, immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Besuchern untereinander und den Pädagogen. Markus Heinrich, der heutige Jugendzentrumsleiter war 1997 hier Praktikant: „Die hatten ein ganz anderes Wertebild. Frauen hatten nichts zu sagen, immer ging es bei den Streitigkeiten um die Ehre“. Für Heinrich eine Herausforderung, die er gar nicht so gern annahm. Als sich die Situation immer mehr hochschraubte, entschloss man sich zum Radikalschnitt. Das JUZ machte zu. Ein Paar Wochen später öffneten sich die Türen wieder, doch nur noch für Kinder zwischen 10 und 16 Jahren: „Ab dann gab es Regeln“, sagt Wahne.

Heute werden die jungen Besucher wirklich betreut, hier bekommen sie Aufmerksamkeit und Interesse, das ist zu Hause nicht immer der Fall. Man sitzt gemeinsam am Tisch und erzählt, es ist fast so, wie in einer großen Familie. Höflichkeit, Wertschätzung, Respekt gegenüber anderen - das sind heute Werte, auf die man im JUZ achtet. Auch auf der übergeordneten Ebene haben alle Seiten inzwischen verstanden, dass es Sinn macht, miteinander zu kooperieren.

Das JUZ ist nicht nur mit den Schulen gut vernetzt, sondern auch mit dem Jugendamt, dem Kinderschutzbund und der Polizei. Hinzu kommen Kooperationen mit dem Präventionsrat, dem Mädchenarbeitskreis, dem Gewerbeverband, Sportvereinen und Kirchen. Kooperation statt Konfrontation ist heute das Motto des JUZ Meckziko, denn es gilt: „Alleine sind wir gut, gemeinsam sind wir besser!“