Drei Harburgerinnen gehören beim Wettbewerb „Jugend debattiert“ zu den 32 Besten in Hamburg. Heute ist das Finale

Harburg. Hamburg sucht die besten Debattierer unter den Schülern der Stadt. Gleich drei Schülerinnen der Lessing-Stadtteilschule in Harburg haben Chancen auf den Titel: Leona Hagel, 16, Katharina Meyer, 17, und Luana Werner, 16, gehören bereits zu den 32 Besten des Landeswettbewerbs „Jugend debattiert“. Am heutigen Mittwoch treten die Harburgerinnen beim Landesfinale im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses an.

Dass die Lessing-Stadtteilschule in der hohen Kunst des Überzeugens so beeindruckt, ist kein Zufall. An der nach dem bedeutenden deutschen Dichter benannten Schule steht die Sprache im Fokus. Profile in der Oberstufe setzen Schwerpunkte in Pädagogik und Philosophie. Gleich 16 Lehrer haben sich im Debattieren fortgebildet. An anderen Schulen haben meist nur zwei Lehrer die Ausbildung absolviert.

Der bundesweite Schülerwettbewerb „Jugend debattiert“ ist nach eigenen Angaben das größte privat-öffentlich finanzierte Projekt zur sprachlichen Bildung in Deutschland. Er steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung Mercator und die Heinz Nixdorf Stiftung führen ihn durch.

Eine Woche hatten die Finalteilnehmer Zeit, sich auf drei in der Gesellschaft kontrovers diskutierte Themen vorzubereiten. Im Wettbewerb entscheidet das Los, wer für und wer gegen etwas argumentiert. Leona und Luana treten in der Finaldebatte der Klassen 8 bis 10 an. Dabei wird es um ein Verbot für Wildtiere im Zirkus, eine Pflicht für Schulklassen, die frühere innerdeutsche Grenze zu besuchen, oder die Frage gehen, ob Fußball-Bundesligisten die Kosten für Polizeieinsätze rund um die Stadien finanzieren sollen.

Katharina wird sich in der Finaldebatte der Klassen 11 bis 13 mit den Argumenten für und gegen die Vorratsdatenspeicherung, die Einführung der Grundschrift für Grundschüler oder die Olympischen Spiele in Hamburg auseinandersetzen.

Hamburger Spitzenpolitiker wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel oder der neue CDU-Fraktionsvorsitzende André Trepoll sitzen in der Jury. Sie werden das genau so wie die Fernsehjournalisten Herbert Schalthoff (Hamburg1) und der Politikchef des Hamburg Journals, Jürgen Heuer, die Debatten bewerten. Sie vergeben Punkte in den Kriterien Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit (das Eingehen auf andere) und Überzeugungskraft.

Was aber macht einen überzeugenden Redner aus? „Die Überzeugungskraft der Argumente, dazu die Körperhaltung, die Gestik, die Sprechgeschwindigkeit und der Aufbau der Rede machen den Gesamteindruck aus“, erklärt Leona. Eine aufrechte Haltung gilt als unerlässlich für einen guten Debattierer. Die Mädchen haben geübt, bei der Kontroverse mit beiden Füßen auf dem Boden zu stehen.

Wer dauernd seinen Redefluss mit einem „ähm“ unterbricht, wirkt unsicher und wenig überzeugend. Sicherer Redefluss lässt sich trainieren: „Unser Trainer haute bei jedem Stotterlaut auf die Klingel. In der zweiten Runde waren die Ähms wie weggeblasen“, sagt Katharina. Sie hat sich auch abgewöhnt, unbewusst an den Haaren zu zupfen.

Leona wendet einen Trick aus dem Theaterspiel an, um nicht in zu schnelles Sprechen zu verfallen. Kaum bemerkbar tippt sie während er Debatte mit dem Finger auf das Pult und orientiert ihre Sprechgeschwindigkeit an dem künstlich erzeugten Puls.

Zur Kunst des Überzeugens zählt auch der Zeitpunkt, sein bestes Argument auszuspielen. Nur ein Anfänger verschwendet es gleich in der Eröffnung. Katharina platziert ihr stärkstes Argument in der freien Aussprache. „Nicht zu spät, denn in der unmoderierten Debatte könnte ich die Chance verpassen, es vorzubringen“, erklärt die 17 Jahre alte Schülerin aus Neugraben.

Die Debatte im Wettbewerb ist streng reglementiert. Vier Debattierer treffen aufeinander. Jeder hat zunächst jeweils zwei Minuten Zeit, seine Position vorzustellen. Zwölf Minuten dauert anschließend die unmoderierte Debatte. In der Schlussrunde hat jeder jeweils eine Minute Redezeit, um seinen Standpunkt noch einmal klarzumachen.

Wer andere zu überzeugen vermag, ist in jeder Lebenslage im Vorteil. Beim mündlichen Abitur. Oder bei der Präsentation seines Projekts vor Geldgebern. Die Debatte bereichere die Streitkultur: „Wir haben gelernt, einen anderen nicht klein zu machen“, sagt die 16 Jahre alte Luana aus Heimfeld.

Zum ersten Mal nehmen in diesem Jahr Stadtteilschulen an dem Wettbewerb teil, der bisher Gymnasien vorbehalten war. Wie wichtig wäre ein Erfolg der Lessing-Stadtteilschule? „Für die Schülerinnen wäre er exorbitant hoch“, sagt Schulleiter Rudolf Kauer. „Wenn wir gewinnen, freue ich mich mit ihnen.“