Kulturverein RRR will ab Mai auch Programm für Flüchtlinge der benachbarten Zentralen Erstaufnahme anbieten

Man muss schon genau hinschauen, um bei den gelben Briefkästen in der Kehre der Harburger Poststraße den Eingang zu finden. Dahinter geht es auf einer Art Dschungelpfad zu einem der neuesten aber zugleich auch ungewöhnlichsten Kultur-Veranstaltungsplätze des Bezirks Harburg. Auf diesem Gelände war schon mal der Bau einer Eissportanlage geplant. Auch hatten sich bis vor einem Jahr die Entwickler eines etwa 40 Millionen Euro teuren Sports-Dome Projekts für die verkehrsgünstig an Großmoordamm und Stadtautobahn gelegene Fläche interessiert. Nun aber stehen an einem kleinen Zaun und einer Tür aus Holzlatten in bunter Farbe die drei Buchstaben „RRR“ aufgemalt. Das ist die Abkürzung des vor fünf Jahren in Altona gegründeten gemeinnützigen Kulturvereins mit dem in der Schreibweise etwas gewöhnungsbedürftigen Namen Rrraddauuuuuh! e.V. Der Verein plant Theateraufführungen, Jam-Sessions, will dabei auch die Flüchtlinge einbeziehen, die seit Mai vergangenen Jahres gleich nebenan in der neuen Zentralen Erstaufnahme, im Postgebäude, untergebracht sind. Und der Verein sucht weitere Kulturschaffende, die das Gelände nutzen möchten und sich beim Aufbau mit engagieren.

Mehr als zwei Jahre Vorbereitungszeit hat es die Mitglieder des etwas vereinfacht geschriebenen „Radau e.V.“ gekostet, die etwa 1700 Quadratmeter große Freifläche zwischen Großmoordamm und Harburger Poststraße für Veranstaltungen dauerhaft pachten zu können. Die RRR-Vorstandsmitglieder Felix Beuck, Pia Hintelmann und Dario Barcalay erinnern an komplizierte Verhandlungen, weil die Fläche aus zwei Flurstücken besteht. Das eine Flurstück gehört einem privaten Eigentümer, das zweite Flurstück befindet sich in städtischem Besitz und wird von der Sprinkenhof AG verwaltet. „Für die Nutzung mussten wir ein Konzept vorlegen und einen Bauantrag stellen“, sagt Felix Beuck. Und er hebt hervor: „Die Harburger Bezirksverwaltung hat sich bei allen Gesprächen äußerst kooperativ verhalten.“ So war ursprünglich geplant, einen Zugang vom Großmoordamm zum Gelände zu schaffen. Das wurde nicht genehmigt. Es musste deshalb auch das zweite Flurstück mit dem Zugang von der Harburger Poststraße gepachtet werden. Harburgs Baudezernent Jörg Heinrich Penner: „Es hat uns einige Zeit an Überlegung gekostet. Wir sehen das Gelände als eine geeignete Partyfläche an.“

Nach Klärung aller Dinge hatte der Bezirk dem Verein schließlich die Genehmigung für die Nutzung des Geländes erteilt, bereits längere Zeit bevor die Hamburger Innenbehörde die Einrichtung der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) für Flüchtlinge im Postgebäude an der Harburger Poststraße angemeldet hatte. Und als im Mai vergangenen Jahres die ZEA ihren Betrieb aufnahm und Flüchtlinge ankamen, waren die gut 20 Vereinsmitglieder gerade soweit, sich an die Arbeit zu machen und das mit Bäumen und Büschen dicht bewachsene Gelände für Veranstaltungen herzurichten. Das Baumaterial besteht überwiegend aus Brettern und Planen. Fertiggestellt sind bereits eine kleine Bühne, ein Bartresen, zahlreiche Sitzgelegenheiten und eine Feuerstelle. Einige Flüchtlinge hatten zugeschaut und auch geholfen. Im August vergangenen Jahres war ein erster Probelauf mit einem Sommerfest. Dieses Jahr soll das Programm im Mai mit wöchentlichen Theaterworkshops, Aufführungen, Nachmittagen für Bewohner der Flüchtlingsunterkunft und Jam-Sessions beginnen. „Es gibt so wunderbare Straßenmusikanten in Hamburg. Auch ihnen wollen wir hier eine Bühne bieten“, sagt Pia Hintelmann. Aber das Gelände soll auch allen weiteren Kunstschaffenden offen stehen. Sie können sich beim Verein anmelden. Kontaktaufnahme über die Internetseite, die per Suchmaschine über Eingabe „RRR Hamburg“ am einfachsten zu finden ist.

Der RRR-Verein zählt etwa 20 Mitglieder im Alter zwischen 21 und 46 Jahren, beruflich gemischt von Student bis Handwerker. Dario Barcalay: „Um das bisherige sporadische Konzert- und Tanzveranstaltungsprogramm zu erweitern und die Fläche weiter auszubauen, wünschen wir Teilnahme und Unterstützung weiterer Kulturschaffender. Denkbar wären hier unter anderem Ausstellungen, Lesungen, Kinoabende und Konzerte. Wir nehmen generell keine festen Eintrittspreise. Getränke, Kleinigkeiten und Überraschungen gibt es gegen Spende. So erwarten wir von weiteren Nutzern auch keine Miete sondern eine Spende, um die laufenden Kosten zu decken.“ Um ein regelmäßiges Kulturangebot anzubieten zu können, ist für den Sommer 2015 bei der Bezirksversammlung eine Förderung beantragt. Gedacht wird bereits an den Bau einer größeren Bühne. Baumaterial wird dafür benötigt – freiwillige Helfer ebenso. Die jetzige Bühne reicht nur für Solisten.