Initiative will Ortsrat in Pattensen gründen. Damit sollen die Einwohner ihre Interessen besser vertreten können

Pattensen. Ein Ortsrat für Pattensen. Einer mit Bürgermeister, Fraktionen und regelmäßigen Sitzungen für die rund 2000 Einwohner des beschaulichen Ortsteils der Kreisstadt Winsen. Dafür kämpfen seit sechs Monaten 30 Einwohner des Dorfes. „Wir können dann über bestimmte Vorhaben entscheiden, müssen rechtzeitig über Projekte informiert und dazu gehört werden und haben festgestellt, dass viele Bürger dies gutheißen würden“, sagt der Sprecher der Initiative, Philip Meier, der tagsüber als IT-Projektleiter in Hamburg arbeitet. Doch trotz des Zuspruchs und inzwischen 100 gesammelten Unterschriften für die neue politische Vertretung: Aus der Kernstadt weht den Getreuen aus dem Dorf ein scharfer Wind entgegen.

Gespürt haben das die Männer und Frauen aus der Initiative bereits mehrfach. Auf dem Wochenmarkt forderte sie eine offenbar etwas übermotivierte Vertreterin des Marktmeisters dazu auf, ihren Infostand wieder abzubauen. Erst als ein Rechtsanwalt eingeschaltet wurde, kam für den 5. März ein neuer Termin zustande. Doch noch am selben Tag beschloss der dem Rat vorgelagerte Verwaltungsausschuss mit Mehrheit einen Antrag von CDU, FDP und Winsener Liste, nachdem das Modell des Ortsvorstehers für die 13 Ortsteile bestehen bleiben soll. „Die schießen mit großem Kaliber auf ein kleines, gerade aufkeimendes Gewächs“, sagt Dietmar Holz, ein in Pattensen ansässiger Versicherungsmakler.

Doch selbst die Stadtverwaltung sieht die Aktion skeptisch. Nach einer Umfrage bei Gemeinden mit Ortsbürgermeistern, Ortsvorstehern und auch mit beiden Modellen ergaben sich beim Ortsratsmodell mehr Verwaltungsaufwand, längere Entscheidungsprozesse und höhere Kosten. „Sie liegen je nach den vereinbarten Aktivitäten doppelt bis sogar zehn Mal so hoch wie bei den Ortsvorstehern“, sagt der Sprecher der Stadt, Theodor Peters. Für ihn stellt sich zudem die Frage, ob es dem Verständnis von Bürgerbeteiligung dient, wenn „noch mehr Parlamente eingeführt werden“. Am kommenden Montag geht nun die Diskussion um neue Ortsräte im Stadtrat in die nächste Runde. Eine Stunde vor dem Beginn um 19 Uhr in der Stadthalle will die Initiative zur Gründung des Ortsrats in Pattensen für ihre Ziele demonstrieren. „Wir erwarten rund 50 Teilnehmer“, sagt Initiativen- Sprecher Meier.

Das Argument der zusätzlich Kosten wollen die Pattenser für ihre Modell ohnehin nicht gelten lassen. „Zum einen ist ein eigenes Budget für den Rat nicht unsere erste Forderung. Uns geht es darum, politisch mit zu wirken“, sagt Hans Gerd Wittrock, ein ehemaliger Manager und Diplom-Kaufmann, der sich mit 62 Jahren ins Privatleben zurückgezogen hat. An diesem späten Nachmittag legt Wittrock im Gasthof Maack-Kramer eine Berechnung für den Ortsrat in Sprötze vor, dessen Größe dem für Pattensen geplanten weitgehend entspricht.

Danach fallen je nach Zahl der Termine und der Fraktionssitzungen jährlich zwischen gut 4000 und gut 5500 Euro an. „Das ist deutlich weniger als beim Ortsvorstehermodell“, sagt er. Denn in Winsen werde pro Kopf 5,11 Euro als Aufwandsentschädigung gewährt. Allerdings erhält die Ortsvorsteherin Regina Schaefer nur 4,09 Euro, weil ihr auch das Büro gestellt wird. Macht bei 2000 Einwohnern alles in allem gut 8000 Euro. Der Ortsrat wäre damit sogar günstiger und die Kosten wären von der Zahl der Aktivitäten abhängig und würden nicht pauschal gezahlt, argumentiert Wittrock. Das Modell käme, davon ist die Initiative überzeugt, für weitere Ortsteile von Winsen in Frage. „Wir sehen unsere Initiative als Pilotprojekt, dem anderen folgen könnten“, so Sprecher Meier.

Vor der Ratssitzung stehen nun die Grünen, Linken, die SPD und die Freien Winsener hinter dem Vorstoß der Pattenser. Sie wollen rechtzeitig eine Befragung organisieren, dass der neue Rat noch mit den Kommunalwahlen im Herbst 2016 auf den Weg gebracht werden kann. Dagegen wollen CDU, FDP und Winsener Liste beim Ortsvorsteher-Modell bleiben und damit eine „sechsstellige Summe“ sparen. Genauso argumentiert die Junge Union in Winsen, die sich allerdings auf Grund von zum Teil gleichen Mitgliedern auf die Initiative Pro Lebensqualität bezieht. Nino Ruschmeyer (FDP) hat nun vor der Ratssitzung noch einmal nachgelegt und empfiehlt, die Befragung mit der Kommunalwahl 2016 zu koppeln. Dann wäre eine Wahl zum Ortsrat aber erst 2021 möglich.

Auf die lange Bank aber wollen die Initiatoren in Pattensen, zu denen mit der langjährigen Hamburger Sektenbeauftragten Ursula Caberta auch ein Mitglied mit SPD-Parteibuch gehört, ihr Ansinnen nicht schieben lassen. „Wenn die CDU den Antrag ablehnt, können wir nach sechs Monaten nachfassen“, weiß Holz. Selbst die Kosten für die Umfrage bei den Bürgern sollte dabei nicht bange machen.

„Das muss nicht generalstabsmäßig und teuer organisiert werden“, versichert Sprecher Meier. „Wir können an zentralen Stellen im Dorf Listen auslegen, auf denen rasch ein Kreuz gemacht werden kann. Das lässt sich sicher günstig machen.“