Nicole Reinhardt liebt die Musik und den Tanz. Als Straßensängerin tritt sie in der Harburger Fußgängerzone auf

Harburg. Wer in jüngster Zeit durch die Lüneburger Straße geht, hat sie vielleicht schon bemerkt, die junge Frau, die mit Verstärker und Mikrofon ausgerüstet so gar nicht ins übliche Bild der Harburger Fußgängerzone passen will. „Herzchen“ – bürgerlich Nicole Reinhardt, stammt aus Frankfurt. Nicht gerade ein Ort, um musikalisch Fuß zu fassen. Vor wenigen Wochen ist sie ins beschauliche Klecken gezogen, um einerseits ihrer Leidenschaft zur Musik im Großraum Hamburg nachzugehen und andererseits ihrer zweijährigen Tochter das Aufwachsen in einer ländlichen Gegend zu ermöglichen.

Die 26-jährige reiste viel in der Welt herum, lebte unter anderem längere Zeit in Ägypten und Spanien und sieht sich daher selbst als „Weltenbummlerin“. Da sie auch eine Begeisterung für das Tanzen entwickelt hat, absolvierte sie im Jahr 2011 die Ausbildung zum Hip Hop Instructor an der Akademie für die Fitness-, Wellness- und Gesundheitsbranche (IFAA). Vor zwei Jahren begann sie ein Fernstudium in Sport- und Fitnessfachwirtschaft und steht kurz vor ihrem Abschluss. Zurzeit arbeitet sie nebenbei als Tanzlehrerin an der Tanzschule Gresz in Buchholz und spielt Fußball beim beim Buchholzer FC.

Über ihren Großvater, der unter anderem Saxofon spielt, kam sie schließlich zur Musik und entwickelte schon im Kindesalter Spaß am Singen. In der Schulzeit machte Nicole erste Erfahrungen mit Gesangsauftritten, sang unter anderem auf dem Abi-Ball oder auf Hochzeiten im Verwandtenkreis. Es gab vereinzelt Leute, die ihr immer wieder vom Musikbusiness abrieten. Ob ihr Gesang tatsächlich bei den Menschen ankommen würde, war für sie schwierig einzuschützen, also wagte sie vor etwa einem Jahr den ersten Schritt und begann in der Umgebung von Frankfurt mit Straßenmusik. Sie trat unter anderem in Gießen, Fulda und Aschaffenburg auf die Straße und präsentierte ein bunt gemischtes Programm an Cover-Songs. Sichtlich überrascht war sie von der fast durchweg positiven Resonanz, die sie gleich nach dem ersten Auftritt erhielt: „Ich merkte, das kommt ja gut an!“

Bei ihren Straßenauftritten erlebte Nicole bislang sowohl Positives als auch Negatives, wobei die positiven Erlebnisse deutlich überwiegen. „Einen überwältigenden Moment erlebte ich, als ich mit meiner Musik ein an Autismus leidendes Kind beruhigen konnte und seine Eltern damit zu Tränen rührte.“ Es sei auch schon vorgekommen, dass sich ein 40-köpfiger Gospelchor oder ein Gitarrenmusiker während einer ihrer Auftritte zu ihr stellten, um gemeinsam mit ihr Musik zu machen. „Das, was man liebt, unverhofft teilen zu können, macht einfach glücklich“, sagt Nicole über ihre bisherigen Eindrücke.

Ende Oktober 2014 erstellte sie unter ihrem Künstlernamen „Herzchen“ eine eigene Facebook-Seite, die zunächst mit Startschwierigkeiten zu kämpfen hatte – bis sie im November ihr erstes kleines Konzert in einer Frankfurter Bar gab, wo auf Anhieb 150 bis 200 Zuschauer zu Gast waren. Mit den zahlreichen positiven Reaktionen stieg die Zahl der „Gefällt mir“-Klicks rapide an und liegt mittlerweile bei fast 800. Aus praktischen Gründen entstanden sollte sie in erster Linie den Kontakt zu ihr ermöglichen. Seit die Anzahl ihrer Fans stetig wächst, nehmen auch die Buchungszahlen für Feiern zu. Am häufigsten treffen Anfragen für Hochzeiten ein. „Es geht mir nicht um das Marketing, sondern allein um die Musik“, betont sie und gibt auf ihrer Facebook-Seite ab und zu Videos einzelner Auftritte zum Besten.

Dabei covert sie nicht nur Songs von Miley Cyrus und anderen Stars, sondern schreibt auch ihre eigenen Liederauf Deutsch und deckt ein breites Themenspektrum ab. Unter anderem handeln ihre Lieder davon, „dankbarer zu sein für alles“. Es sei schade, dass heutzutage alles als selbstverständlich angesehen werde. Nicoles Ansicht nach sollten Menschen generell großzügiger werden und mehr verzeihen können.

Angebote von Plattenfirmen oder die Teilnahme an Casting-Shows schlug sie bislang aus. „Das ist dort alles nicht so, wie es scheint“, erklärt sie und macht damit deutlich, dass sie ihr eigener Chef sein will und ergänzt: „Ich möchte meine musikalische Laufbahn nicht von einer Plattenfirma oder einem Casting abhängig machen.“