Neue Studie sieht gravierende städtebauliche Auswirkungen bei einer Famila-Ansiedlung. Schließungen sollen drohen

Neu Wulmstorf. Abgestellte Autos mit zerbrochenen Fensterscheiben, bis oben hin vollgestopft mit Müllsäcken. Aufgetürmte alte Reifen. Die Scheiben der ehemaligen Möbelhäuser sind mit Holzplatten zugenagelt. Seit Jahren rotten die Gebäude an der Matthias-Claudius-Straße vor sich hin. Inzwischen entwickelt sich das Areal mehr und mehr zu einem Schrottplatz. Zuletzt sollen sogar Zirkustiere in den Häusern untergebracht worden sein.

Mit dem Bestreben der Famila-Kette, an dieser Stelle einen Verbrauchermarkt zu eröffnen, schien das Ende des Schandflecks nah. Insbesondere, da ein kürzlich veröffentlichtes Gutachten der Firma Dr. Lademann und Partner aus Hamburg keine Gefahr der Verödung des Ortszentrums sieht. Die Gemeinde Neu Wulmstorf hatte die Firma beauftragt, um so die Auswirkungen auf den Einzelhandel im Zentrum einschätzen zu können.

Doch jetzt gibt es ein weiteres Gutachten, das die CDU in Auftrag gegeben hat. Es kommt zu einem ganz anderes Ergebnis. Das wurde am Mittwochabend deutlich, als das Büro Junker und Kruse aus Dortmund seine städtebauliche Wirkungsanalyse in einer öffentlichen Fraktionssitzung der CDU vorstellte. In ihrer Untersuchung konzentrierte sich das Unternehmen vor allem auf die Auswirkungen im Lebensmitteleinzelhandel. Der Diplom-Geograph Stefan Kruse zeichnete ein düsteres Szenario. Ein Famila-Markt werde 23 Prozent von bestehenden Lebensmittelmärkten wegnehmen, sagte er. Für Elstorf schätzt er die Umsatzumverteilung auf 18 Prozent. Deshalb spricht Kruse davon, dass sowohl die bestehenden Lebensmittelhändler im Ortskern als auch der Edeka-Markt in Elstorf von einer Schließung bedroht seien. „Ein Lebensmittelmarkt an der Matthias-Claudius-Straße würde zu gravierenden städtebaulichen Auswirkungen führen“, lautete seine Schlussfolgerung. Für Gerhard Peters, Koordinator der Initiative Ortszentrum Neu Wulmstorf, war die Studie eine Bestätigung seines Protests. „Nach unserer Einschätzung ist der Famila-Markt ganz klar abzulehnen“, sagte er.

Zwar sieht die Firma Dr. Lademann und Partner aus Hamburg durchaus auch das Risiko, dass Märkte im Zentrum von Neu Wulmstorf geschwächt werden, nur nicht in dem Maße wie das Büro Junker und Kruse aus Dortmund. Die Experten aus Hamburg sagen, der Einzelhandel in Elstorf müsse nicht das Aus fürchten. Insgesamt sehen sie mehr Chancen als Risiken: Dass die Brachfläche verschwindet, sich die Angebotsbreite verbessert, weniger Kaufkraft in das Umland abfließt. Eine Verkaufsfläche von maximal 3300 Quadratmetern an der Matthias-Claudius-Straße sei „verträglich ansiedelbar“, so das Fazit.

Zwei Gutachten. Zwei Ergebnisse. Kruse überrascht das nicht weiter. „Das ist nicht unüblich“, sagte er. Bemerkenswert ist, dass beide Studien auf gleichen Umsatzerwartungen basieren. Allerdings geht die Firma Lademann und Partner davon aus, dass Famila mehr als die Hälfte des Umsatzes mit dem Verkauf an Kunden außerhalb von Neu Wulmstorf und an Zuzügler bestreitet. Das Büro Junker und Kruse hingegen schätzt, dass die Nachfrage im Wesentlichen aus Neu Wulmstorf kommt und es deshalb auch zu gravierenderen Umsatzverteilungen kommt.

Jetzt ist die Frage, wie Politik und Verwaltung mit diesen unterschiedlichen Ergebnissen umgehen. „Wir sehen eine Ansiedlung von Famila skeptisch. Und das Gutachten hat nicht dazu beigetragen, die Skepsis zu zerstreuen“, sagte der CDU-Fraktionschef Malte Kanebley. „Der Rat wird die Studie würdigen müssen.“

Gestern Abend, 19.30 Uhr, war das Verträglichkeitsgutachten der Firma Dr. Lademann und Partner, das die Gemeinde in Auftrag gegeben hatte, Thema im Bau- und Planungsausschuss. Die Sitzung begann erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe.