Kunstcafé am Eingang des Gloria-Tunnels geriet in finanzielle Schieflage. Fachleute wollen kaufmännische Hilfe leisten

Harburg . Das Konzept klang schlüssig: Ein Künstler mit Gastronomieerfahrung bewirtschaftet ein Café mit Galerie und wertet damit eine Ecke der Stadt auf, die vorher eher schmuddelig war. Die Erlöse aus dem Café sichern das Einkommen des Künstlerwirts und die Kulturveranstaltungen werden aus diversen Töpfen der Stadt finanziert.

Das mit der Aufwertung hat geklappt: Seit das Art-Café „Mytoro“ am Nordwesteingang des Gloria-Tunnels eröffnete, wurde die Verwahrlosungstendenz des Durchganges nicht nur gestoppt, sondern auch zurückgedreht. Schon durch den Cafébetrieb ist hier bis in die Abendstunden soziale Kontrolle vorhanden. Außerdem machte Wirt und Mentor „Toro“ Ejupi in seinem „Nebenjob“ als Kurator der Galerie hervorragende Arbeit und ein hochwertiges Programm, sodass der Tunnel vom abschreckenden Beispiel für bornierte Stadtplanung zum Anziehungspunkt für Kunstkenner aus ganz Norddeutschand wurde.

Der Teil des Plans, in dem der Gastronomiebetrieb den Künstler und Kurator gleich miternährt, ist allerdings nicht aufgegangen. Das Café läuft, aber es läuft nicht gut genug. Zwar ist die Pacht, die Toro dem Bezirk zahlt, umsatzabhängig, andere Fixkosten jedoch nicht: Allein um die Beheizung des Lokals über elektrische Radiatoren bezahlen zu können, müsste der Kulturwirt täglich 20 doppelte Espresso verkaufen, und es kommen noch weitere Kosten hinzu. Gleichzeitig konkurrieren in der Harburger Innenstadt sehr viele Lokale um die wenigen Kunden, die sich die Zeit nehmen können, in Ruhe zu konsumieren.

Toro hatte schon daran gedacht, hinzuwerfen. Das rief Harburger auf den Plan, die seine Arbeit im Tunnel lieb gewonnen und schätzen gelernt hatten – Privatpersonen sowie Geschäftsleute, wie Handelshof-Chef Jörn Soerensen oder Peter Steljes und Oliver Baur von der Firma Optonaval, die das innovative Lichtkonzept im Tunnel installierte.

„Wir haben Toro über unsere Lichtinstallation kennen gelernt und arbeiten seitdem gern mit ihm zusammen“, sagt Oliver Baur, Sprecher des „Kunstverein Gloria-Tunnel e. V.“.

Den Verein gründeten Baur und seine Mitstreiter, um Toro unter die Arme greifen zu können „Das wollen wir auf mehrere Weisen tun“, sagt Baur. „Zum einen wollen wir Toro ganz praktische kaufmännische Hilfe geben, denn da sind eher wir die Experten, als er. Außerdem wollen wir Konzepte entwickeln, wie die Räumlichkeiten besser genutzt werden können, zum Beispiel durch Schulprojekte oder Privatfeiern.“ Letztlich wolle der Verein auch Spenden einwerben, um die Arbeit des Kunstcafés zu sichern.

„Das künstlerische Konzept wollen wir allerdings ganz Toro überlassen“, sagt Baur, „denn das hat er in den letzten jahren sehr gut gemacht und hochkarätige Ausstellungen nach Harburg geholt.“ Bei allem Engagement des Vereins sei allerdings immer noch Geld des Bezirksamtes nötig, um das Café zu erhalten.

Letzte Woche waren Vertreter des Vereins in den Kultur- und Sportausschuss der Bezirksversammlung eingeladen worden, um ihr Konzept vorzustellen.

Die Sitzung wurde zum Debakel, denn zunächst redete man aneinander vorbei. Der Verein hatte sich erhofft, nach der Vorstellung des Konzeptes konstruktive Vorschläge der Feierabendpolitiker zu erhalten, wie Bezirk, Verein und Toro zusammenwirken können. Die Politiker hatten – warum auch immer – gedacht, Verein und Bezirksverwaltung würden zu dieser Sitzung ein detailliertes Projekt- und Finanzkonzept präsentieren, dass man nun nur noch debattieren müsste, um darüber zu entscheiden.

Die Politiker sahen sich von Verein und Verwaltung enttäuscht, der Verein von den Politikern. Hinzu kam, dass die Oppositionsparteien das Konzept des Vereines besonders hart hinterfragten. So schlug die Linke vor, dass man im Tunnel doch statt der internationalen Kunst mehr regionale Künstler ausstellen könnte.

„Wir hatten zu Anfang gar nicht den Eindruck, dass es den Politikern um den Erhalt des Kunstcafés und des Kulturtunnels geht“, sagt Baur. „Das hat sich zum Glück später relativiert.“

Durch die Auflösung des Missverständnisses hatte sich das Problem allerdings noch nicht gelöst. Ausschuss, Verwaltung und Verein vertagten sich. Das Café betreibt Toro erst einmal weiter. Die nächste Ausstellung ist auch schon vorgeplant. Künstler aus New York sollen in Harburg Werke zeigen. Dafür muss aber erst einmal die Jahresfinanzierung stehen. Das Konzept wird Ende März neu diskutiert. Vielleicht klingt es dann schlüssig.