„Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“ sollen an in die Nöldekestraße und an die Cuxhavener Straße. Fraktionen melden massive Bedenken an

Harburg. Der Senat hat im Vorjahr versprochen, minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge in Zukunft besser verteilen zu wollen. Nun sollen auch im Bezirk Harburg zwei neue Unterkünfte für diese Gruppe entstehen. Die eine im Objekt Nöldekestraße 17, die andere an der Cuxhavener Straße 186 – 188 in Süderelbe. Beide Standorte sind umstritten, gleich mehrere Fraktionen in der Harburger Bezirksversammlung hatten bereits Ende Oktober 2014 massive Bedenken angemeldet.

Die Unterbringung von minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen stellt Hamburg vor Riesenprobleme. Das hat nicht allein mit ihrer schieren Anzahl zu tun. Offiziellen Angaben zufolge mussten 2014 insgesamt 879 von ihnen aufgenommen werden. Das hat auch mit der Tatsache zu tun, dass die Polizei ein alarmierendes Ansteigen von Straftaten registriert hat, die von jugendlichen Flüchtlingen begangen werden. Allein im Zeitraum zwischen 7. Dezember und 3. Januar waren es 42. Das hat bei vielen Bürgern zu wachsenden Ängsten und offener Abneigung geführt.

Die Unterkünfte an der Nöldekestraße (36 Plätze) und an der Cuxhavener Straße (48 Plätze) werden neben denen an der Eiffestraße (80 Plätze) und am Kurfürstendeich (48 Plätze) zu den größten Erstaufnahme-Einrichtungen in Hamburg gehören. Während die beiden letztgenannten aber nur temporär geplant sind, sollen die Harburger offenbar längerfristig bestehen.

Auch deshalb drängt die Harburger SPD darauf, die Unterkünfte „in überschaubarer Größe herzustellen“. Vor diesem Hintergrund erachte man „die geplante Höhe der Belegung“ in der Nöldekestraße 17 „als problematisch“. Doch nicht nur daran stößt sich die SPD-Fraktion. Problematisch sei die Unterkunft auch „im historischen Kontext“, da das Gebäude in der Zeit des Nationalsozialismus der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) als Hauptquartier gedient habe.

Zu berücksichtigen sei darüber hinaus, dass sich die Einrichtung in unmittelbarer Nachbarschaft von zwei islamischen Gotteshäusern befinde, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden: der El-Iman-Moschee am Krummholzberg und der Al-Taqwah-Moschee in der Anzengruberstraße. „Die Vorstellung, dass sich die Flüchtlinge an ihrem Zufluchtsort mit potenziellen Sympathisanten fundamentalistischer ,Gotteskrieger‘ konfrontiert werden könnten, erfüllt uns mit Sorge“, heißt es in der SPD-Stellungnahme wörtlich.

Die gleichen Argumente führt auch die CDU ins Feld. Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer gibt überdies zu Bedenken, dass eine 24-Stunden-Betreuung „mit lediglich zwölf pädagogischen Fachkräften, zwei Sprach- und Kulturmittlern und nur einer Nachtaufsicht“ kaum ausreichend sein dürfte. Heikel findet Fischer auch, die „unmittelbare Nähe zur Bundesautobahn“ und zu den anderen Flüchtlingsquartieren im Umfeld des Harburger Bahnhofs.

Auch im Hinblick auf die geplante Unterkunft an der Cuxhavener Straße 186 - 188 in Form von drei zweigeschossigen Modulhäusern sind die Einwände der Harburger Kommunalpolitik erheblich. So haben die Grünen mit dem Hinweis auf die Kita „Cuxi Kids“ in unmittelbarer Nachbarschaft angeregt, in dem neuen Quartier doch besser jene Familien mit Kindern unterzubringen, die eigentlich in der neuen Folgeeinrichtung Am Aschenland eine Bleibe finden sollen. Sie könnten von der guten Vernetzung der Kita im Sozialraum und deren enger Zusammenarbeit mit Dolmetschern, Sprachförderkräften und Therapeuten doch viel eher profitieren, als jugendliche Flüchtlinge.

Die CDU findet unterdessen „nicht nachvollziehbar“, dass die Sozialbehörde den Standort für die öffentlich-rechtliche Unterbringung von Erwachsenen als ungeeignet abgelehnt hat, für Jugendliche entsprechende Argumente jedoch nicht gelten sollen. Überdies sind sich Christ- und Sozialdemokraten auch bei diesem Standort darin einig, dass sowohl die Anzahl der unterzubringenden Jugendlichen, wie auch die Lage zwischen der vielbefahrenen B 73 und der Bahntrasse problematisch sind.

Der Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB), der als Teil der Sozialbehörde für die minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge zuständig ist, hat übrigens schon Anfang Dezember vergangenen Jahres in einer Stellungnahme deutlich gemacht, dass er keine der vorgebrachten Bedenken teilt. So handele es sich bei der Erstversorgung von jugendlichen Flüchtlingen „nicht um eine Wohnnutzung im baurechtlichen Sinn, da der Aufenthalt der Personen auf einige Monate befristet ist“. Gleichwohl werde dem Lärmschutz bei der baulichen Realisierung Rechnung getragen.

Aus Sicht des LEB stellt die ehemalige Nutzung des Objekts Nöldekestraße durch die Gestapo „kein Problem“ für die Flüchtlingsunterbringung dar. Wörtlich heißt es: „Sie unterstreicht viel mehr, dass Deutschland seinen humanitären Ansprüchen und den aus der Geschichte erwachsenen Verpflichtungen gerecht wird.“

Den Betreuungsschlüssel für das pädagogische Fachpersonal (1:3) zuzüglich weiterer Assistenzkräfte hält die Fachbehörde für ausreichend und die Kapazität von 36 sowie 48 Plätzen für „handhabbar“. Beide Objekte hätten eine bauliche Binnenstruktur, die eine Betreuung in Gruppen bis zwölf Personen, am Standort Cuxhavener Straße sogar in Kleingruppen mit bis zu acht Personen, ermögliche.

Was die Frage der Freiflächen anbetreffe, würden sich nahe der Einrichtung Nöldekestraße „u.a. der Harburger Stadtpark und ein Schwimmbad“ befinden. Der Standort Cuxhavener Straße verfüge sogar über „eine Freifläche mit Baumbestand“. Außerdem seien die hier untergebrachten jungen Menschen ja „in der Regel mobil und steuern wie andere Jugendliche auch die für sie interessanten Orte in der Stadt an“.

Verworfen wurde auch der von den Grünen angeregte Quartiertausch. „Die Erfahrung zeigt, dass die Betreuung von Kindern im Kita-Alter von den Flüchtlingsfamilien nur in geringem Umfang nachgefragt wird. Die unmittelbare Nähe zu einer Kita ist daher kein besonders positiver Standortfaktor.“