Ab April kann man in der Kunststätte Bossard in Lüllau die original erhaltenen Privaträume des Künstlerpaares besichtigen

Lüllau. Wer durch die grüne Holzpforte die Kunststätte Bossard betritt, ist in einer anderen Welt. Hier ist ein Ort der Ruhe und Abgeschiedenheit. Vor knapp 100 Jahren entdeckte der Maler und Bildhauer Johann Michael Bossard bei einer Wanderung durch die Nordheide das Grundstück und ließ sich hier nieder. Auf dem drei Hektar großen Waldgrundstück schuf der Künstler gemeinsam mit seiner Frau Jutta ein Gesamtkunstwerk. Vom Obstgarten über einen Skulpturengang bis hin zum Kunsttempel und dem Atelier- und Wohnhaus gestaltete das Künstlerpaar die gesamte Anlage. Jeder Türgriff, jede Fensterscheibe, jede Blumenvase und jedes Möbelstück wurde von ihnen in das künstlerische Gesamtkonzept integriert. 1912 bis 1914 entstand zunächst das Wohn-und Atelierhaus. Bossard lehrte zu dieser Zeit an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. In der Woche lebte er in der Hansestadt in einem kleinen Zimmer, am Wochenende fuhr er dann in die Heide und arbeitete an seinem Lebenswerk. Schon den ersten Bau auf dem Grundstück, das Wohn- und Atelierhaus gestaltete er ganz in seinem künstlerischen Duktus. Der Atelierraum in dem Haus, der Eddasaal, allein ist schon ein Ort, an dem man lange verweilen kann. Vom Fußboden bis zur Deckenbemalung bricht sich seine Kunst so bildgewaltig seine Bahn, dass man ehrfürchtig wird. Um die Kunst Bossard wirklich zu begreifen und zu verstehen, empfiehlt es sich, an einer der regelmäßig stattfindenden Führungen teil zu nehmen, die die Kunststätte ab dem ersten März wieder anbietet. Dabei geht es bei dem Rundgang nicht nur in den Eddasaal. sondern auch in den Kunsttempel, das neue Atelier und die Gartenanlage.

Ab dem ersten April kommt nun eine ganz spezielle Führung hinzu, die sich mit dem privaten Lebensumfeld des Künstlerpaars beschäftigt. Erstmals haben Interessierte dann bis Ende Oktober jeden Sonntag die Gelegenheit, die original erhaltenen Räume des Atelierhauses zu besichtigen, in denen die Bossards gelebt haben. Im Erdgeschoss beginnt die Führung in der Wohndiele. Hier hielt man sich bevorzugt auf, im Winter prasselte ein Feuer im Kamin, während die restlichen Räume fast unbeheizt blieben. Hier sieht es fast so aus, als ob Jutta Bossard, die bis zu ihrem Tode hier lebte, gleich durch die Tür kommen könnte. Bunte Kissen auf den Stühlen sorgen für Gemütlichkeit,, so wie im ganze Haus dominieren vor allem die Farben Blau und Rot. Skulpturen aus Bronze zieren den Kaminsims, der Blick durch die Fenster fällt auf das üppige Grün des Gartens. Weiter geht es durch das Treppenhaus in die erste Etage. Oben angekommen muss man einfach erst einmal vor dem großen Waldbild verweilen, das eine in expressionistischem Stil gehaltene Ansicht auf Hamburg zeigt. Das Planetarium, die Kräne im Hafen, eine utopische Stadtarchitektur, all das hat Bossard hier verewigt. Betritt man das Musikzimmer, empfängt einen die Kunst Bossards mit voller Wucht. Jeder Zentimeter des Raumes wurde bemalt. Bossard bediente sich dabei der typisch Farbgebung des Expressionisten, die beispielsweise an die Bilder Emil Noldes erinnern. Sogar den kleinen Flügel, ziert die Handschrift des Künstlers. Dann geht es weiter vorbei an den beiden Gästezimmern des Hauses. In jedem steht ein Alkoven, während in dem einen Zimmer die Farbe Gelb dominiert, ist das zweite mit Märchenmotiven wie König Drosselbart und Schneewittchen in Blautönen gestaltet. Krönender Abschluss der Führung ist der Eros-Saal. Er ist der Raum, der Johann Michael Bossard in seinen letzten Lebensjahren als Atelier diente. Seine Staffelei mit seinem letzten Bild, das er nicht mehr vollenden konnte, steht dort und wirkt so, als ob der Künstler nur eine Pause gemacht hätte und gleich wieder den Pinsel in die Hand nehmen wollte.

Die Führung durch die Privaträume ist ausgerichtet für maximal sechs Teilnehmer und kostet fünf Euro pro Person. Wer sich dafür interessiert, kann sich anmelden unter Telefon 04183/51 12. Alles zum Jahresprogramm, Führungen und Workshops findet man auf der Seite www.bossard.de.