Maurice Fischer und Aryan Moghaddam wollen mit Chips aus dem gesunden Gemüse den Snackmarkt revolutionieren

Sinstorf. Sie sind knackig und würzig, wie Kartoffelchips. Zudem werden die Wirsingsnacks in einem stylischen Beutel geliefert. Mehr haben die Chips aus Wirsingkohl mit den fettigen Kalorienbomben aus dem Supermarkt nicht gemeinsam. Im Gegenteil: Sie sind der perfekte Snack für zwischendurch. Vegan, reich an Eiweiß, den Vitaminen B und C und kalorienarm. Rund anderthalb Jahre haben Maurice Fischer (28) und Aryan Moghaddam (27) an der Idee, aus Gemüse leckere Chips zu machen, getüftelt. 2013 der Durchbruch: Die ersten Chips aus Wirsingkohl wurden verpackt und verkauft.

Bereits im ersten Jahr verkaufen die Jungs rund 20.000 Beutel in drei verschiedenen Geschmacksrichtungen. „Wir sind Sportler und achten sehr auf unsere Ernährung“, sagt Aryan Moghaddam. „Da wir aber auch gerne snacken, haben wir nach etwas gesundem gesucht, etwas was nicht gleich ansetzt, aber nichts gefunden“, ergänzt Mitgeschäftsführer Maurice Fischer. Schließlich haben die beiden jungen Männer aus Winterhude begonnen, zu experimentieren. „Wir haben so ziemlich jedes Gemüse ausprobiert. Blumenkohl zum Beispiel. Das war dann aber einfach zu bröselig und der Wirsingkohl war für unsere Idee einfach perfekt“, erklären die beiden Freunde, die sich schon seit der Schulzeit kennen.

Der Erfolg der sympathischen jungen Männer ist hausgemacht. Obwohl sie nicht aus der Lebensmittelbranche kommen und lediglich Hobbyköche sind, wagen sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Von Verwandten leihen sie sich Geld, verkaufen ihr Auto und die geliebte teure Uhr. Von dem Geld kaufen sie einen Dörrschrank und einen Produktionstisch, um den Wirsingkohl zu säubern und zu zerschneiden. Bis heute sind viele Produktionsschritte Handarbeit. Der Wirsingkohl wird zunächst auf Qualität und Geschmack geprüft. „Wir wollen sicherstellen, dass die Wirsingköpfe frisch sind und nur die geschmackvollsten Exemplare später weiter verarbeitet werden. Vor allem zum Start unserer Produktion hatten wir häufig Probleme mit dem Kohl, den wir in Spanien oder Frankreich einkaufen mussten. Doch das haben wir durch die Zusammenarbeit mit einem einzigen bäuerlichen Betrieb mittlerweile in den Griff bekommen“, sagt Maurice Fischer.

Nach der Sichtkontrolle wird der Kohl in chipsgroße Stücke zerlegt und dann mit verschiedenen Gewürzen bedeckt. Dabei kommt den Produzenten die Struktur des Kohls entgegen, denn an den kräftigen Fasern des Wirsings bleibt die Gewürzmischung besonders gut haften. Danach werden die Wirsingblätter etwa einen Tag lang bei 50 Grad gedörrt. Dem Kohl wird so das Wasser entzogen und das Endprodukt wird schön kross. „Wir verzichten bewusst darauf, die Chips zu backen oder zu frittieren“, so Moghaddam. „Das ginge zwar deutlich schneller, beim dörren bleiben aber die guten Eigenschaften des Wirsingkohls erhalten und dadurch, dass wir kein Fett zusetzen, bleibt der Snack kalorienarm.“ Jede Woche bekommt die Firma zweimal Nachschub an frischem Wirsing, dann verarbeiten die sieben fest beschäftigten Mitarbeiter jeweils rund drei Tonnen frischen Kohl, also etwa 1500 Kohlköpfe. Sie werden wöchentlich durch einen Bauern von der Insel Fehmarn angeliefert. In den Wintermonaten produziert das junge Start-up-Unternehmen zudem Chips aus Grünkohl. Die Gemüsesnacks gibt es in den Geschmacksrichtungen Cheesy Paprika, Sour Cream and Onion, Italian Herb und Sweet Mustard. Und auch hier zeigte sich erneut der Erfindungsreichtum der beiden Jungunternehmer. „Da Honig nicht vegan ist, verfeinern wir die Chips mit Agaven-Dicksaft , das gibt eine Süße wie Honig und hat in etwa die gleiche Konsistenz.“

Das Unternehmen expandiert. Bereits 2014 wurden 100.000 Beutel der Wirsingchips verkauft und kürzlich mit „Sweet Mustard“ eine vierte Geschmacksrichtung in Programm aufgenommen. Außerdem konnten mit Edeka und Rewe zwei Bigplayer der Lebensmittelbranche von dem Produkt überzeugt werden. Zudem gewann das junge Harburger Unternehmen auf der diesjährigen Süßwarenmesse Anfang Februar in Köln den Innovationspreis „Sweetie 2015“ in der Kategorie Salzige Snacks. „Noch in diesem Jahr ist die Erweiterung der Produktion in eine zweite Halle im Gewerbegebiet Sinstorfer Kirchweg geplant“, berichten beide Geschäftsführer stolz.

In Harburg sind die Wirsingchips bisher nur im Reformhaus Engelhardt im Phoenix-Center erhältlich, sowie im Onlineshop der Website www.heimat-gut.de . Eine Tüte (35 g) kostet ab 2,99 Euro.