Am Kiekeberg werden nur 20 Prozent der rund 55.000 Objekte gezeigt, die im Besitz des Museums sind. Die meisten Sachen wurden geschenkt

Ehestorf. Die Sammlung des Freilichtmuseums am Kiekeberg ist seit seiner Gründung auf stattliche 55.000 Objekte angewachsen. Nur 20 Prozent davon bekommen die Besucher in den Ausstellungen zu Gesicht. Der Rest war bislang in 40 Räumen, Dachkammern und Scheunen an elf verschiedenen Standorten im Landkreis Harburg eingelagert. Zurzeit arbeitet das Team um Direktor Rolf Wiese mit Hochdruck daran, die zahlreichen Zeugnisse der Zeitgeschichte an einem zentralen Ort in der Nähe des Museums unterzubringen. Die Einrichtung des neuen Magazins nahmen Geschäftsführung und Vorstand der Stiftung nun zum Anlass für einen ausführlichen Jahresrückblick und eine Vorschau auf anstehende Projekte.

Die Besucherzahlen stiegen im Vergleich zum Vorjahr von 207.900 um 6000 auf 213.900 an. Mit 192.000 Gästen kamen die meisten davon an den Kiekeberg; der Rest besuchte mit dem Museumsbauernhof in Wennerstorf, dem Feuerwehrmuseum Marxen, dem Mühlenmuseum Moisburg und der Ziegelei Rusch die Außenstellen der öffentlichen Institution. „Wir hoffen, dass dieser Trend weiter Bestand hat“, sagte Stiftungsratsvorsitzende Heike Meyer.

Damit das Museum auch in Zukunft mit der Zeit geht, wird das Konzept kontinuierlich überarbeitet und neu gestaltet. „Wir müssen bei allem, was wir tun, immer im Hinterkopf behalten, wo wir in den nächsten Jahren hinwollen“, sagte Museumsdirektor Rolf Wiese. Das sei auch bei der systematischen Pflege und Erweiterung der bestehenden Sammlung zwingend notwendig. „Wenn wir wissen, dass wir noch 25 Gebäude bauen wollen, dann bedeutet das auch, dass wir dafür beispielsweise historische 25 Türen brauchen“, so Wiese. Viele der historischen Gegenstände im Bestand sind dem Museum von den Bürgern kostenlos für die Sammlung zur Verfügung gestellt. „Von den 55.000 Objekten haben wir in den vergangenen 25 Jahren vielleicht 1500 gekauft. Den Rest haben wir geschenkt bekommen“, sagt Wiese. Die meisten stammen aus Haushaltsauflösungen, Nachlässen und Gebäudeabbrüchen – wie zuletzt in Moisburg. Als der Museumschef erfuhr, dass der alte „Amtskrug“ dem Erdboden gleich gemacht werden sollte, machte er sich kurzerhand auf den Weg und holte noch schnell einige Objekte aus dem Haus, von denen manche fast 400 Jahre alt sind. „Wir haben vom Spitzboden 26 Kisten Archivalien geborgen. Unter anderem die vermutlich älteste existierende Fotografie im gesamten Landkreis Harburg“, erklärt Wiese.

Die Bandbreite an Objekten, die zurzeit im Zentralmagazin in Ehestorf einsortiert werden, ist groß: Zur Sammlung gehören beispielsweise alte Küchenherde, Kutschen, Holzkähne, eine hölzerne Eismaschine und ein Gerät zum Zubereiten von Schlagsahne. Außerdem eine „Kartoffelhexe“, unzählige Traktoren, die Ausstattung einer Zahnarzt- sowie gynäkologischen Praxis und ein Autoscooter aus den 50er-Jahren. Damit auch zukünftige Museumsmitarbeiter die benötigten Gegenstände im Handumdrehen wiederfinden, werden sie nicht nur einfach irgendwo abgelegt, sondern dank eines modernen Logistik-Systems in das Magazin und die 122.000 Euro teuren und vom Förderverein finanzierten Schwerlast-Regale einsortiert und katalogisiert. „Bei uns hat alles seinen festen Platz“, betont Wiese.

Zum „festen Inventar“, wie Wiese scherzhaft betonte, gehört auch der Förderverein, dem mittlerweile mehr als 10.500 Mitglieder angehören. In den vergangenen 25 Jahren hat er unter dem Vorsitz von Heiner Schönecke das Museum kontinuierlich unterstützt.

Ein Lohn für die aufwändige Arbeit, die Jahr für Jahr vom Museums-Team geleistet wird, um den Besuchern immer wieder Neues zu bieten, ist die wiederholte Verleihung des Museumsgütesiegels 2015 bis 2021, das Rolf Wiese erst kürzlich aus den Händen der niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Gabriele Heinen-Kljajic, entgegennahm.

Um auch künftig die Lebensstile und den Alltag der Menschen im Landkreis Harburg einfangen und in Ausstellungen repräsentieren zu können, ist das Museum auf die Unterstützung der Bürger angewiesen. Wiese erklärt: „Im Laufe der Zeit werden wir die Verhältnisse immer öfter nicht mehr über Gegenstände, sondern beispielsweise über Bilder aus Prospekten einfangen müssen. Das ist die Quelle der Zukunft. Wir sind deshalb immer dankbar, wenn uns jemand seine privaten Videoaufnahmen über alltägliche Situationen zur Verfügung stellt. Die werden dann bei uns für die Nachwelt archiviert.“