Jungwähler trafen Jungpolitiker in der Sporthalle des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums. Die Diskussion war ernsthaft und lebendig

Wilstorf. „Geht wählen und wählt jung“, forderte Bürgerschaftskandidat Steven von Bargen (29, SPD) die Oberstufenschüler des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums auf, „denn wenn nur die Alten wählen gehen, wird auch nur Politik für die Alten gemacht.“

Gut 200 Schülerinnen und Schüler des Wilstorfer Gymnasiums waren in der Sporthalle versammelt und hörten sich an, was die Jungpolitiker der fünf Bürgerschaftsparteien ihnen zu sagen hatten. Bei der Bürgerschaftswahl am 15. Februar dürfen estmalig auch 16-jährige schon wählen. Das war bereits bei der Wahl zur Bezirksversammlung im letzten Jahr der Fall. Allerdings lag die Wahlbeteiligung unter den 16- bis 18-Jährigen bei etwa 25 Prozent. „Das ist natürlich katastrophal“, sagte CDU-Kandidat Sören Niehaus (28). Durch die Bank waren die Kandidaten deshalb bemüht, die Schüler vom Wählen zu überzeugen.

Die Idee zur Podiumsdiskussion hatten die Schüler des Oberstufenprofils „Mensch, Medien und Gesellschaft“ Im Politik-Gesellschaft-Wirtschaft-(PGW)-Unterricht bei Fachlehrerin Nicole Seiler entwickelten sie die Veranstaltung und die Schüler Maik Schaper, Muhammedkani Taskin und Lasse Böttcher bereiteten sie vor. Taskin und Böttcher moderierten. Angesichts gewiefter und mitteilungsfreudiger Politprofis behielten sie die Veranstaltung gut im Griff. „Wir hatten einen Monat zur Vorbereitung", sagt Schaper. „Aber das hat auch gereicht. Wir hatten sehr schnell alle Zusagen.“

Außer von Bargen und Niehaus waren Carl Cevin-Cay Coste (18, FDP), Maximilian Bierbaum (24, Grüne) und Florian Muhl (31, Linke) auf dem Podium. Coste ist der jüngste Bürgerschaftskandidat der Hamburger Geschichte. und anders, als die älteste Kandidatin, die seine Partei bei der letzten Bürgerschaftswahl aufstellte, durchaus eloquent und in der Lage spontan auf Fragen zu reagieren. Bemerkenswert: Während seine Mitdiskutanten der Reihe nach über die Elbvertiefung sprachen, fertigte er schon mal eine Zeichnung an, um zu verdeutlichen, dass durchaus nicht die ganze Elbe vertieft werden soll, sondern lediglich die Fahrrinne. Als er an der Reihe war, konnte er seine Argumente so sehr viel anschaulicher machen, als die politische Konkurrenz.

Bei den meisten Themenbereichen waren sich die Jungpolitiker entweder alle einig, oder aber die Rollen erwartungsgemäß verteilt: Busbeschleunigung: SPD dafür, alle anderen für eine Stadtbahn. SPD, CDU und FDP sind für die Fahrrinnenanpassung, Grüne und Linke gegen die Elbvertiefung. An die verkürzte Gymnasialzeit möchte keine Partei ran, höchstens die Linken ein bisschen: Muhl schlug Oberstufenverbände zwischen Gymnasien und Stadtteilschulen vor, in denen die Schüler ihr Lerntempo selbst bestimmen.

Wirklichen Streit gab es nur einmal: Zwar waren sich alle fünf Kandidaten einig, dass Hamburg eine Verantwortung für die vielen Flüchtlinge hat, die derzeit kommen, aber als Florian Muhl für die Linken anmerkte, dass seiner Meinung nach Deutschland auch dafür verantwortlich ist, dass Menschen aus dem Nahen Osten fliehen müssen, weil Deutschland sich an Kriegen beteiligt, wollte Sören Niehaus ihm das nicht durchgehen lassen: „Die Bundeswehr ist zum Schutz von Einheimischen im Auslandseinsatz“, sagte er sichtlich erbost. „Zu behaupten, sie würde Leute zur Flucht zwingen, ist absurd.“

„Die Bundeswehr ist Teil der NATO und die NATO verfolgt durchaus eine aggressive Politik im Nahen Osten“, konterte Muhl. Der Applaus für beide war gleichmäßig verteilt.

Heiterkeit kam beim Thema digitaler Unterricht auf: Als Steven von Bargen anregte, den Unterricht mit Tablets und Smartphones weiter auszubauen, erwiderte Sören Niehaus „Ich weiß nicht ob es im Unterricht etwas bringt, auf dem Smartphone zu tippen. Das machen doch ohnehin schon alle.“

Nachden Fragen der Moderatoren war das Publikum dran. Hamburger Fragen tauchten wenig auf. Die Schüler trieben eher globale Themen um. Allerdings wussten die Jungkandidaten auch zu diesen Themen fundierte Statements abzugeben und auch wenn sie von einem Diskutanten ohne weitere Begründung pauschal als Heuchler bezeichnet wurden, behielten sie die Ruhe und warben dafür, sich politisch zu engagieren – lieber aktiv, aber zumindest passiv am nächsten Sonntag an der Wahlurne.

„Wichtig ist, dass ihr wählt“, sagte von Bargen zum Abschluss. „Zwar gerne mich, aber sonst auch einen anderen Kandidaten. Ihr findet uns alle weit unten auf den Landeslisten.“