Im Kunsthaus Jesteburg brechen Hank Schmidt in der Beek und Fabian Schubert Sehgewohnheiten auf

Jesteburg. Kunst macht gute Laune: Wer sich in den nächsten Wochen ins Kunsthaus nach Jesteburg aufmacht, um sich die aktuelle Ausstellung anzusehen, ist im Anschluss garantiert froh gestimmt. Der Verursacher ist der gebürtige Münchener Hank Schmidt in der Beek, der noch bis zum 27. März gemeinsam mit dem Fotografen Fabian Schubert „Neue Gebirgs-, Steinbruch und Rindviechbilder“ zeigt. Zunächst sieht der Besucher 22 Dyptichen, so genannte Doppelbilder, auf denen Schmidt in der Beek mit Acrylfarben Karo- oder Linienmuster auf die Leinwand gesetzt hat. Jedem dieser Bilder ist eine Fotografie seines Künstlerkollegen Fabian Schubert zugeordnet. Darauf zu sehen sind immer der Malerfreund vor seiner Reisestaffelei und Landschaft. Mal steht Schmidt in der Beek auf einer saftigen Wiese mit Heuballen, mal hat er sich auf einem Kirchplatz vor einer barocken Kirche mit Zwiebelturm positioniert.

Dann wieder steht er malend in einem verwunschenen Garten oder er blickt hoch oben im Gebirge in die steinige Landschaft. Doch der Maler bringt nicht etwa die Landschaft auf die Leinwand, sondern immer nur das Muster seiner eigenen Kleidung. Man sieht Karos, dicke Balken und dünne Streifen. Die Bilder sind unterhaltsam und lassen den Betrachter schmunzeln. Das ist natürlich ein Stück weit gewollt, trifft aber im Kern nicht die ganze Idee, die die beiden Kreativen umgesetzt haben.

Man sollte sich also die Ausstellung von einem der Kunsthaus-Mitarbeiter vor Ort kurz erklären lassen. Schon die Geschichte, wie es zu dieser Serie kam, ist erzählenswert. Vor fünf Jahren packte Hank Schmidt in der Beek seinen Bergsteigerrucksack, Wanderstiefel und die Reise-Staffelei ein und machte sich gemeinsam mit rund 30 anderen Kreativen auf zu einer Künstlerfreizeit in die Zillertaler Alpen. Dort beeindruckte den 36-Jährigen die Landschaft mit ihren eisstarrenden Urgesteinsgipfeln.

Hier kam ihm die Idee, in einer malenswerten Landschaft, die den Blick in die Ferne zieht, das zu malen, was direkt vor einem ist. Im Schmidt in der Beeks Fall war es – das rotkarierte Wanderhemd, das er trug. Und während er mit Pinsel und Farbe in der Natur malte, machte sein Künstlerfreund Fabian Schmidt Bilder mit der Kamera.

Aus dieser Idee haben Fotograf und Maler das Konzept für eine ganze Serie von Arbeiten entwickelt. Dazu bereisten sie gemeinsam mehr als 30 Orte im In- und Ausland, an denen berühmte und wegweisende Werke der Kunstgeschichte entstanden sind. In Bayern zog es sie an die Stellen, an denen die Maler der Künstlervereinigung „Der blaue Reiter“ ihre berühmten Werke geschaffen hatten. Auf genau der Wiese im Murnauer Moos, die schon Franz Marc malte, brachte Schmidt in der Beek die Streifen seines T-Shirts auf die Leinwand, während Schubert die Situation mit der Kamera einfing, neugierig beäugt von einer Kuh.

In Giverny bei Paris stellte der Maler seine Staffelei im Garten Claude Monets auf und malte weiße Pfeile auf eine schwarze Leinwand, eben ganz so, wie sein Pullover des Tages aussah: „Der ist für mich besonders und sollte an einem besonderen Ort gemalt werden.“ Cezanne malte die Felsenküste bei Marseille, van Gogh das Café le soir in Arles und Caspar David Friedrich stand hoch oben über dem Elbsandsteingebirge. All diese Orte sind auf den 22 Dyptichen zu sehen und doch nicht sofort als solche erkennbar. Sie sind die Inspiration für die neue Kunst, die Schmidt in der Beek vor Ort schafft und an dessen Entstehung der Betrachter Anteil nehmen kann. Und genau dieser unorthodoxe Umgang mit Kunst überrascht und gibt diesen berühmten Orten eine neue Leichtigkeit: „Ich geh’ in die Geschichte rein und frage mich, wie man heute damit umgehen kann“, sagt der Maler. Seine Antworten darauf sind sehenswert.

Die Ausstellung ist bis zum 27. März im Kunsthaus Jesteburg zu sehen, Öffnungszeiten donnerstags und freitags 15 bis 18.30, sonnabends und sonntags 14.30 bis 18.30 Uhr