Die CDU im Landkreis Harburg hat kräftigen Zuwachs, auch die Grünen haben keinen Grund zur Klage

Winsen. Von Politikverdrossenheit keine Spur: Stolze 79 Mitglieder hat die CDU im Landkreis Harburg binnen eines Jahres gewonnen. Erstmals so viele, dass der Kreisverband für die Neuen einen Empfang gegeben hat, den auch die Spitzenpolitiker der Region, wie der Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer oder der Landtagsabgeordnete André Bock sowie Kreispolitiker besuchten.

„Wir hatten zuletzt neun bis zehn Eintritte pro Monat, sonst waren es meist nur ein bis zwei“, sagt die CDU-Kreisgeschäftsführerin Elke von Ziegner. Etliche Neumitglieder seien auch erst diesen Januar in die Partei eingetreten, wohl auch im Hinblick auf die Kommunalwahl 2016. „Die meisten kommen durch persönliche Ansprache, hier bringt sich auch die Junge Union verstärkt ein.“

Welche Beweggründe die Menschen haben, sich politisch zu engagieren, wissen am besten die Ortsvorstände. Sybille Kahnenbley ist Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Seevetal. Sie bestätigt das wachsende Interesse der Bürger, sich politisch, und zwar in einer Partei, zu engagieren: „Wer sich zum Beispiel in einer Bürgerinitiative einbringt, stellt bald fest, dass Entscheidungen letztendlich im Rat fallen. Mitgestalten vor Ort ist daher einfacher, wenn man sich einer Partei anschließt.“ Auch mancher Zuschauer, der regelmäßig Ratssitzungen verfolge, schließe sich irgendwann einer Partei an, weil ihm die Einwohnerfragestunde nicht genüge. „Der Rest läuft ja zwischen den Ratsmitgliedern ab, das motiviert sicher den einen oder anderen zum Mitmachen.“

Dass sich jemand für eine bestimmte Partei entscheidet, hängt von deren Engagement vor Ort ab, aber auch von der Bundespolitik. „Das sehen wir daran, dass wir auch viele Neumitglieder über das allgemeine Beitrittsformular im Internet bekommen“, sagt Sybille Kahnenbley. Die Anfragen werden an die zuständigen Kreisverbände weitergeleitet. Der Kreisvorstand führt dann ein Aufnahmegespräch mit dem Interessenten. „Das sind oft Leute, die vorher nicht in Erscheinung getreten sind.“ Ein wichtiger Zugangsweg ist immer wieder die persönliche Ansprache. „Ich schaue zum Beispiel danach, mit wem ich gern zusammenarbeiten würde“, sagt die Seevetaler Vorsitzende.

Einen anderen, neuen Weg ist kürzlich der Buchholzer CDU-Ortsverband gegangen: Er hatte zu einer Bürgerklausur aufgerufen und damit ausdrücklich Nichtmitglieder eingeladen, am Wahlprogramm für 2016 mitzuarbeiten. „Dass 60 Personen sich an einem Sonnabend von 10 bis 15 Uhr Zeit nehmen, beweist das Interesse“, sagt der Vorsitzende Christian Horend. „Am Montag danach hatte ich zwei Beitrittserklärungen in der Post.“ Weitere Klausurteilnehmer wollten sich in den Arbeitsgruppen des Ortsverbands weiterhin engagieren.

Beide Ortsverbandsvorsitzenden betonen, wie wichtig es ist, die Neuen nachhaltig und umfassend zu begleiten. „Erklären, wie die Aufgabenverteilung ist, wie eine Sitzung abläuft, wer für was zuständig ist, wie also das demokratische System funktioniert“, sagt Sybille Kahnenbley. Die Mitwirkung im Ortsrat sei dafür ein guter Einstieg. Auch Christian Horend glaubt, dass man noch ein paar Barrieren abbauen kann, etwa indem man Unklarheiten darüber beseitigt, was und wie viel Zeit von jedem abverlangt wird: „Man muss eben auf die Leute zugehen.“

Der nun eingeführte Neumitgliederempfang ist so ein Instrument: Die Neuzugänge lernen Parteimitglieder aller Ebenen kennen, auch so ranghohe wie den Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer, der zugleich der hiesige Kreisvorsitzende ist. Geplant ist daher, künftig den Neuen regelmäßig so einen Rahmen zu bieten. „In Seevetal machen wir das schon lange so. Als ich in den Kreisvorstand kam, war ich überrascht, dass es auf Kreisebene so eine Veranstaltung nicht gab. Außer zum Kennenlernen dient sie auch dazu, zu erfragen, wie und wo die neuen Mitglieder sich engagieren möchten, zum Beispiel in einer Fraktion oder in einem Arbeitskreis“, sagt Sybille Kahnenbley.

Die Christdemokraten sind übrigens nicht die einzigen, die guten Zulauf haben. Auch die Geschäftsführerin der Kreis-Grünen, Marion Gehrke, bestätigt den Trend. „Etwa fünf Prozent Zuwachs haben wir pro Jahr“, sagt sie. Auch hier sind es oft bundespolitische Themen, die dazu führen, dass sich Menschen vor Ort engagieren. „Ob Fracking, Mastställe oder Verkehr – die Bürger denken, wenn sie etwas bewegen können, dann auf lokaler Ebene“, so Gehrke. Sie rät den Neulingen allerdings, nicht gleich für einen Sitz in einem Rat zu kandidieren, sondern erst einmal innerhalb der Partei Erfahrungen zu sammeln.