Helfer am Zug: Im Harburger Bahnhof verkürzen haupt- und ehrenamtliche Missionare Reisenden die Wartezeit

Harburg. Die frisch gestrichene Wand strahlt leuchtend blau. In jenem auffälligen Azur, das Reisenden auf deutschen Bahnhöfen schon von weitem signalisiert: Hier ist ein Helfer der Bahnhofsmission vor Ort. Jetzt soll die fröhliche Farbe auch im Inneren der Harburger Einrichtung für gutes Gefühl sorgen. „Eine gründliche Renovierung war dringend notwendig. Schließlich möchten wir den Reisenden die Wartezeit erleichtern und einen angenehmen Ort zum Ausruhen anbieten“, erklärt Axel Mangat. Der Leiter der Hamburger Bahnhofsmission, die am Hauptbahnhof, in Altona und Harburg vertreten ist, wird heute zur Einweihung in den Süden kommen, um die umgestalteten Räumlichkeiten in Augenschein zu nehmen und offiziell einzuweihen.

Was die ehrenamtlichen Mitarbeiter geschaffen haben, kann sich sehen lassen. Sie haben gepinselt, geschraubt und Möbel gerückt. Jörg Paap, dessen Berufsausbildung im „handwerklich-sozialen Bereich“ angesiedelt ist, hat sich der Wände angenommen. Rolf Weber, ein Schreiner im Ruhestand, der sich ebenfalls ehrenamtlich für die Bahnhofsmission engagiert, hat eine Sitzbank, ein Bücherbord und ein Regal gebaut. Andere haben mit Schachspenden geholfen. Es gibt nun ein Schaukelpferd, ein Kindertischchen mit Malutensilien und einen Wickeltisch.

Hier, im Backsteingebäude direkt an den Bahnsteigen 3 und 4, lässt sich der Aufenthalt auf dem Bahnhof sehr viel gemütlicher verbringen als in dem kahlen gläsernen Kasten im Gang über den Gleisen. Bei einer Tasse Tee oder Kaffee kann man es sich auf den neuen roten Polstern bequem machen und lesen. Es gibt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene jede Menge zum Schmökern. Die Bücher dürfen sogar mitgenommen werden, wenn der Zug einläuft, bevor die Lektüre beendet ist. Ausgenommen von diesem Angebot ist nur ein ledergebundener Foliant mit blutrotem geschliffenem Glasstein unter dem verheißungsvollen Titel „Der Zauberstab“. Im Inneren sind tatsächlich ein hölzerner gedrechselter Stab nebst Glasröhrchen mit Zutaten für magische Tränke finden. „Um das mitzunehmen, wäre schon eine größere Spende an die Bahnhofsmission fällig“, sagt Jörg Paap, dem das Buch einst gehörte.

Der 54-Jährige ist seit Mai an vier Tagen der Woche vor Ort: Montags bis donnerstags von 10 bis 16.30 Uhr. Zumeist schiebt er allein Dienst, manchmal wird er aber auch von hauptamtlichen Helfern oder jungen Leuten unterstützt, die bei der Bahnhofsmission ihr Freiwilliges soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst ableisten. „Wenn wir weitere Helfer hätten, könnten wir vielleicht jeden Tag der Woche öffnen“, wirbt der Winterhuder. Er hat sich Harburg als Einsatzort ausgesucht, weil es hier wesentlich ruhiger zugeht als am sozialen Brennpunkt Hauptbahnhof. Nur vier bis fünf Personen kommen durchschnittlich zum Verweilen herein – bisher.

Die Dienste der Missionare werden vor allem außerhalb der Räume in Anspruch genommen – zum Tragen von schwerem Gepäck oder Kinderwagen, beim Umsteigen oder bei der Planung der Weiterreise, wenn Züge Verspätung haben oder gar ganz ausfallen. Eine neue Aufgabe hat sich für die Harburger Ehrenamtlichen durch die Zentrale Erstaufnahme im benachbarten ehemaligen Postgebäude gestellt. Die Bahnhofsmission beteiligt sich am Unterstützerkreis, hilft den Menschen in aktuellen Notlagen und bei der Weiterreise ins Bundesgebiet.