Fast jedes Geschäft an der Ostseite der Lüneburger Straße war schon betroffen. Ladenbesitzer fühlen sich von der Polizei im Stich gelassen

Harburg. Die Einbrecher kamen am Wochenende, zwischen Freitag Abend und Sonnabend Morgen. „Als ich am Sonnabend den Laden aufschließen wollte, entdeckte ich die Schäden an der Tür“, sagt Fatih Sezer. Der Inhaber des Taschen- und Koffer-Geschäfts an der Lüneburger Straße hatte Glück: Die Ganoven schafften nur zwei der drei Schlösser. Entweder verließ sie dann das Durchhaltevermögen oder sie wurden gestört.

Andere Geschäftsinhaber an der Lüneburger Straße hatten dieses Glück nicht: Entlang der gesamten Fußgängerzone häufen sich die Einbrüche seit Dezember – hauptsächlich auf der Ostseite, die dem Harburger Ring zugewandt ist: Das kleine Kaufhaus neben Gezers Laden wurde ebenso Opfer, wie das Schnellcafé, der Drogeriemarkt und die beiden Filialen der großen Telefongesellschaften auf dieser Straßenseite. „Allein aus dem einen Telefongeschäft haben die über 100 Handys mitgenommen“, sagt Gezer.

Die Einbrüche beschränken sich nicht nur auf die Lüneburger Straße: Auch die Postfiliale in der Amalienstraße , die von der Fußgängerzone zum Ring führt, erhielt übers Wochenende nächtlichen Besuch. „Wir sind noch dabei, zu untersuchen, ob Pakete oder Briefe gestohlen wurden“, sagt Post-Pressesprecher Martin Grundler. „Sollte das der Fall sein, werden wir natürlich über Schadensersatz reden müssen.“ Zur Schadensfeststellung war die Postfiliale eineinhalb Tage geschlossen. Fest steht eines: Die Täter waren nicht gekommen, um noch eine eilige Sendung abzugeben. Das Zigarettenregal des angeschlossenen Kiosks war komplett leer geräumt.

Anderswo hebelten die Diebe Tresore aus der Wand, stahlen Ware oder Bargeld. Das kleine Kaufhaus nahm extra die Zigaretten aus dem Sortiment. Trotzdem wurde hier sogar ein zweites Mal eingebrochen. Oft blieb es allerdings auch bei einem Einbruchsversuch, wie bei Fatih Sezer. „Über die Hälfte der uns gemeldeten Taten waren Versuche“, sagt Polizeisprecherin Ulrike Sweden. „Das zuständige Kommissariat sieht die Häufung der Fälle. Von einer Serie können wir allerdings nicht sprechen.“

Der feine Unterschied zwischen Häufung und Serie sei nämlich, dass bei einer Serie stets dieselben Täter am Werk sind. Dies sei in Harburg allerdings nicht zu erkennen, sagt Sweden. Zwar verschafften sich die Einbrecher stets Zugang zu den Geschäften, indem sie Türen oder Fenster aufhebelten, aber die einzelnen Taten und Versuche tragen unterschiedliche Handschriften.

„Wir gehen von reisenden Tätern aus“, sagt Ulrike Sweden. „Solche Tätergruppen sind oft für kurze Zeit in einem Gebiet sehr aktiv, dann wechseln sie das Revier.“

Dass die Diebe sich bei Fatih Sezer an der Vordertür zu schaffen machten, ist ungewöhnlich. Die meisten Einbrüche in der Lüneburger Straße fanden über die Gebäuderückseite statt. „Ich habe keine Hintertür“, sagt der Einzelhändler, „lediglich ein vergittertes Fenster.“

Wahrscheinlich hat ihm das das Glück beschert, dass die Einbrecher erfolglos abzogen: Sie mussten in exponierter Lage in der nächtlichen Fußgängerzone arbeiten. Die Rückseite des City-Blocks, in dem Sezers Geschäft liegt, ist sichtgeschützt: „Bei den meisten anderen kamen die Diebe über das Parkdeck und stiegen dann im ersten Stock ein“, weiß Sezer.

Im ersten Stock haben einige der Geschäfte im City-Block noch mehr Verkaufsfläche. Andere haben hier Büros, Sozialräume und Lager. Die Wohnungen im City-Block, von wo aus man die Ladenrückseiten im Blick hätte, stehen derzeit größtenteils leer. Sie sollen saniert werden. Auch auf der anderen Seite des Lüneburger Tors sind die Gebäuderückseiten wegen eines Häuserleerstands ein bequemer Einbrecher-Arbeitsplatz: Hier verdeckt das Sobottka-Haus die Sicht auf den Hof.

Was Fatih Sezer ärgert, ist das Verhalten der Polizei: „Als ich gesagt habe, dass wegen der vielen Einbrüche mal etwas geschehen sollte, haben die nur abgewunken“, sagt er. „Andere Leute hätten auch Anspruch auf polizeilichen Schutz. Es gebe ja auch mal Messerstechereien. Dabei verlange ich ja nicht einmal, dass hier ständig ein Peterwagen stehen soll. Aber wenn hier seit Dezember ständig eingebrochen wird, kann man doch mal bitten, dass verstärkt Streife gefahren wird.“