Weitere Aussagen im Prozess gegen korrupten Richter vor dem Lüneburger Landgericht – diesmal waren die Zeugen auf das Angebot eingegangen

Lüneburg. Bestanden hatte sie ihr zweites juristisches Staatsexamen bereits – wenn auch nicht gut. „Ausreichend“ stand unter ihren Prüfungen. Immerhin. Denn ihre Eltern waren damals krank, sie musste im Betrieb aushelfen, konnte wenig lernen. Ehrgeizig hat sie die Prüfungen wiederholt, wollte beim zweiten Mal besser abschneiden. Sie hat es geschafft. Aber jetzt läuft ein Prüfverfahren zur Aberkennung ihres Examens. Denn die junge Frau hatte Tipps eines Referatsleiters aus dem Prüfungsamt bekommen.

„Wir waren erst Indisch essen, er hatte mich vom Hauptbahnhof in Hamburg abgeholt“, erzählte die 30-Jährige am Dienstag vor dem Landgericht Lüneburg als Zeugin im Prozess gegen einen ehemaligen Richter, der Referendaren Prüfungsinhalte von Klausuren und mündlichen Prüfungen gesteckt hat – in der Regel gegen Geld oder Sex. „Dann gingen wir in ein Café. Und da fing das Drama an.“

Vage habe der damals 45-Jährige der jungen Frau angeboten, ihr beim Erreichen eines guten Examens zu helfen. Er habe sie schon vor Jahren in einem Repetitorium „toll“ gefunden, sich aber nicht getraut, sie anzusprechen. Er habe Lust auf sie, wünsche sich Zärtlichkeit. Das alles war Anfang 2012, im April sollte der zweite Prüfungsdurchlauf stattfinden.

„Ich war total vor den Kopf gestoßen, bin aufgestanden und habe gesagt, ich bin doch keine Prostituierte“, so die Juristin weiter, die zurzeit nicht arbeitet, mittlerweile verheiratet ist und ein kleines Kind hat. Es folgten eine Versöhnung und viele, viele Nachrichten auf dem Handy.

Ein paar Wochen später besuchte er sie zu Hause, hatte ihr von einer Afrika-Reise Geschenke mitgebracht. Es gab Tee und „Ferrero Küsschen“, und wieder ein paar Wochen später verabredeten sich die beiden in einem Bremer Café. „Er erzählte mir etwas von einem Problem mit einer Autoreparatur, erst, als ob einem Bekannten das passiert sei. Und was ich davon hielte. Wir tauschten uns darüber aus, wie Bekannte es tun. Dann sagte er: Und jetzt stell dir mal vor, es wäre nicht ein Bekannter, sondern ein Klausursachverhalt.“

Sie fragte dann per SMS nach, und insgesamt soll sie für sechs von acht Klausuren Tipps per Handy bekommen haben. „Er hat es einfach gemacht.“ Schrieb ihr, diese Hilfestellung würde er ihr „schenken“. In seinem Geständnis hatte der Angeklagte gesagt, sein sexuelles Interesse an ihr sei stark gewesen. „Ich wollte sie beeindrucken.“

Nach den Prüfungen brach der Kontakt ab, noch einmal telefonierten die beiden im Herbst 2012, als die frisch gebackene Juristin ihren ersten Job angetreten hatte. Dann hörte sie seinen Namen erst am 17. Juli 2014 wieder: Als fünf Polizeibeamte an ihrer Tür klingelten.

Eine weitere Zeugin, Anwältin in Hamburg, verweigerte vor Gericht die Aussage. Bei ihr, hatte der Richter in seinem Geständnis Anfang Januar ausgesagt, tue ihm seine Tat besonders Leid: Auch sie hatte ihr Examen bereits bestanden.